S/4HANA-Migration

Henkel wechselt mit neuem SAP-System in die Cloud

26.04.2023
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Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Der Konsumgüterkonzern Henkel intensiviert die Zusammenarbeit mit SAP. IT- und Digitalchef Michael Nilles will in den nächsten Jahren auf S/4HANA umsteigen und gleichzeitig in die Cloud umziehen.
Persilschein für Innovation - Konsumgüterriese Henkel will enger mit SAP zusammenarbeiten, um seine digitale Transformation voranzubringen.
Persilschein für Innovation - Konsumgüterriese Henkel will enger mit SAP zusammenarbeiten, um seine digitale Transformation voranzubringen.
Foto: Henkel

Mit großen Worten beschreiben alle Beteiligten die erweiterte Partnerschaft zwischen SAP und Henkel. Da ist die Rede von einem großen Sprung und dem Vorstoß in eine neue Dimension. Carsten Knobel, Vorstandsvorsitzender von Henkel, bezeichnet die digitale Transformation neben Innovation und Nachhaltigkeit als eines der wichtigsten Elemente auf der Wachstumsagenda des deutschen Traditionskonzerns. "Deshalb freue ich mich, dass wir unsere langjährige Partnerschaft mit SAP nun auf ein neues Level heben können."

Henkel hat viel vor mit SAP. In den kommenden zwei bis drei Jahren will das Unternehmen sein altes ECC-System ablösen und auf SAPs neue Produktgeneration S/4HANA umsteigen. Mit der Migration möchte Henkel auch seine gesamte SAP-Landschaft in die Cloud verlagern. Michael Nilles, Chief Digital and Information Officer (CDIO), spricht in diesem Zusammenhang von einem Cloud-only-Ansatz. Für ihn geht künftig kein Weg mehr an der Cloud vorbei. In fünf bis zehn Jahren werde es keine Nicht-Cloud-Lösungen mehr geben, prognostiziert Nilles.

Henkel hofft auf mehr Innovationskraft in der Cloud

Offene Ökosysteme und mehr Innovationskraft sind für den Henkel-Mann die entscheidenden Vorteile in der Cloud. Mit dem SAP-Umstieg, sowohl im Release wie auch im Betriebsmodell, erhofft sich Nilles mehr Kundenorientierung, eine verkürzte Time-to-Market sowie die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle. Heute brauche man ein Real-time Data-driven Business Model, um im Markt bestehen zu können.

Michael Nilles, CDIO von Henkel, steigt mit dem neuen S/4HANA auch gleich in die Cloud um.
Michael Nilles, CDIO von Henkel, steigt mit dem neuen S/4HANA auch gleich in die Cloud um.
Foto: Henkel

Henkels künftige Wertschöpfungskette will der Manager eng am neuen SAP-System in der Cloud ausrichten. Erste Gehversuche sind bereits gemacht. So nutzt Henkel heute schon SAPs Kundenmanagementsystem C/4HANA aus der Cloud.

SAP-Transformation: Interne Kleinkriege behindern S/4HANA-Einführung

Seine Hausaufgaben für die Migration des ERP hat Nilles eigenen Angaben zufolge gemacht. Standardisierung, Konsolidierung und Harmonisierung der Systeme seien erledigt. Gerade diese Aufgaben machten SAP-Projekte oft aufwendig und zögen die Vorhaben meist in die Länge, weiß der IT- und Digital-Chef zu berichten. Mit seinem zentralen SAP-Template sieht er der Migration auf S/4HANA gelassen entgegen.

"SAP ist die Lebensader"

Nichtsdestotrotz dürfe man den Aufwand für den technischen Umstieg nicht unterschätzen. "SAP gehört zu den kritischsten Systemen im Unternehmen", sagt der CDIO. "SAP ist die Lebensader." Ohne die Systeme würden keine Lieferungen das Lager verlassen, keine Aufträge oder Rechnungen geschrieben und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter keine Gehälter überwiesen bekommen.

Daher will auch das bestehende ECC-System Henkels gut für die Migration vorbereitet werden, kündigt Nilles an. Gerade der Umstieg in die Cloud und auf die neue In-Memory-Datenbank HANA bedeuteten signifikante Veränderungen. Der Manager spricht von einer technologischen Herausforderung, im Zuge der Systemmigration den gleichen Zustand wiederherzustellen, den Henkel vorher hatte. Schließlich sei im bestehenden SAP ECC das gesamte Geschäft des Konsumgüterkonzerns abgebildet.

50 Jahre SAP: Der Softwarekonzern steht am Scheideweg

Doch dabei soll es nicht bleiben. Nilles denkt bereits darüber hinaus. Zentraler Dreh- und Angelpunkt der weiteren digitalen Transformation bei Henkel ist SAPs Business Technology Platform (BTP). Der CDIO bezeichnet SAPs BTP als Game Changer. Hierin stecke ein über Jahrzehnte gefüttertes Prozess-Knowhow-Repository, das die Basis für Henkels Business Technology Cloud bilden soll.

BTP soll Integrationen beschleunigen

Auf der Plattform will Nilles bestehende SAP-Prozesse mit der eigenen Softwareentwicklung verknüpfen. Außerdem sollen Lösungen von Startups, mit denen Henkel zusammenarbeitet, über die BTP zügiger aufgegleist werden. Das funktioniere über die Plattform wesentlich schneller. Der CDIO spricht von Wochen, wenn nicht gar Tagen. Früher hätten solche Integrationsprojekte gerne einmal Monate oder sogar Jahre gedauert.

Erste Projekte rund um SAPs BTP sind bereits angelaufen. Beispielsweise hat Henkel sein Trade Promotion Management (TPM) auf Basis der BTP selbst neu entwickelt. Nilles bezeichnet die Aufgabe als große IT-Herausforderung, weil an dieser Stelle mit gigantischen Datenmengen hantiert werde. Mit Hilfe SAPs HANA-Datenbank sei es gelungen, die Realtime-Anforderungen der Anwendung zu lösen.

S/4HANA in der Cloud: SAP lockt – die Anwender zögern

Am Beispiel des TPM lassen sich Nilles zufolge die Vorteile des neuen SAP-Systems gut herausarbeiten. Bereits kleine Optimierungen an dieser Stelle zeigten eine große Hebelwirkung im Geschäft. Weitere sollen folgen. Anhand einer Prozesslandkarte will der Konzern die Bereiche identifizieren, in denen Verbesserungen schnell Wirkung zeigen. Diese sollen priorisiert angegangen und optimiert werden. Beschlossene Sache ist bereits, Henkels Product Lifecycle Management (PLM) auf Basis der SAP-Plattform neu zu entwickeln.

CDIO Nilles spricht von transformativer Partnerschaft

Vor diesem Hintergrund spricht Nilles nicht von einer strategischen, sondern einer transformativen Partnerschaft mit SAP. Man stehe in einem engen Austausch und erhalte so früh Zugang zu neuen Produktentwicklungen. Die Zusammenarbeit reiche von der höheren Management- bis hin zur Team-Ebene. Nilles ist sich sicher, mit SAP den richtigen Partner für die digitale Transformation von Henkel gefunden zu haben. Hinter der BTP stehe schließlich ein Anbieter, der die Plattform auch noch in zehn Jahren unterstützen werde. Das biete Investitionsschutz.

"Anstelle unserer bisherigen Kunden-Lieferanten-Beziehung werden wir unsere Kräfte für daten- und softwaregesteuerte Co-Innovationen bündeln, die speziell auf das Geschäft von Henkel zugeschnitten sind", kündigt Nilles an. Software und Technologie bildeten wichtige Innovationstreiber, so sein Fazit. "SAP baut auf mehr als 50 Jahre Geschäfts-, Prozess- und Technologieexpertise. Gemeinsam werden wir die Digitalisierung von Henkel vorantreiben, indem wir die Innovationskraft und das Technologie-Ökosystem von SAP nutzen."

Jürgen Müller, Vorstandsmitglied und CTO bei SAP, spricht von einem Mammutptojekt bei Henkel.
Jürgen Müller, Vorstandsmitglied und CTO bei SAP, spricht von einem Mammutptojekt bei Henkel.
Foto: SAP SE / Kay Herschelmann

Jürgen Müller, Vorstand und CTO bei SAP, verweist auf die langjährige Kooperation des Softwareanbieters mit Henkel. Seit 1992 ist der Konsumgüterkonzern SAP-Kunde. "Die Zusammenarbeit mit Henkel ist für uns also alles andere als Neuland", so Müller. Doch das anstehende Vorhaben nötigt ihm auch Respekt ab. Nun gehe es ans Eingemachte, nämlich darum, die bestehenden ERP-Anwendungen im Rahmen von RISE with SAP durch SAP S/4HANA abzulösen und aus den On-Premise-Rechenzentren des Konzerns in die Cloud zu verlagern. "Ein Mammutprojekt", räumt der SAP-Manager ein: "Immerhin will Henkel dabei zeitglich auf SAP S/4HANA und die zugrundeliegende In-Memory-Datenbanktechnologie SAP HANA wechseln sowie sämtliche Kernprozesse in die Cloud überführen."