"HANA ist das am schnellsten wachsende Produkt in der Geschichte der Business-Software", hatte SAP-Co-CEO Jim Hagemann Snabe Ende Januar stolz verkündet. Zahlen sollten diese Aussage anlässlich der Bilanz-Präsentation für das Geschäftsjahr 2012 untermauern. Auf 392 Millionen Euro bezifferten die SAP-Verantwortlichen den Umsatz mit der In-Memory-Appliance im vergangenen Jahr. Gegenüber den 160 Millionen Euro aus dem Vorjahr bedeutete dies ein Wachstum von 145 Prozent. So soll es 2013 weitergehen. SAPs Technikchef Vishal Sikka prognostizierte für das laufende Jahr einen HANA-Umsatz von 650 bis 700 Millionen Euro.
Kreative Umsatzbuchung
Doch Peter Goldmacher, Managing Director von Cowen and Company, misstraut den von SAP präsentierten Zahlen. In einer Research Note an seine Kunden, über die der US-Branchendienst "AllThingsD" berichtete, äußert der Analyst offen seine Zweifel an der Richtigkeit der Zahlen.
Glaube man den Aussagen des SAP-Managements, würde dies bedeuten, dass das angestammte Softwaregeschäft in den klassischen Softwaresparten wie ERP lediglich marginal um zwei Prozent zugelegt hätte. Seine Untersuchungen hätten ihn zu der Annahme geführt, dass SAP Umsätze aus anderen Bereichen im HANA-Geschäft verbuche, um an dieser Stelle ein höheres Wachstum ausweisen zu können, schreibt der Analyst.
Außerdem verfälsche SAPs Discount-Politik das Bild. In HANA seien verschiedene Softwareprodukte gebündelt. Während der Konzern auf die Applikationen großzügige Nachlässe gewähre, müssten Kunden für die Datenbanksoftware den vollen Preis bezahlen. Das alles zusammengenommen erwecke den Eindruck, das HANA-Geschäft würde überproportional zulegen.
SAP: Die HANA-Zahlen stimmen
Goldmacher liege mit seinen Annahmen völlig falsch, wies SAP-Sprecher Jim Dever die Zahlenspiele des Analysten zurück. Das HANA-Pricing sei stimmig, und es gebe keine verfälschende Discount-Politik. Umsatzzahlen und Wachstumsraten seien korrekt.
Rückendeckung bekommen die Softwerker aus dem Badischen von Adam Wood, Analyst von Morgan Stanley. Seiner Einschätzung zufolge ließe sich Goldmachers Analyse auf jeden beliebigen Anbieter übertragen und man würde zu den gleichen Schlussfolgerungen kommen. Im Grunde laute die Schlussfolgerung, dass Firmen einen gewissen Spielraum ausnutzten, wie sie über das Wachstum einzelner Produktgruppen berichteten. Die daraus resultierenden Rechenbeispiele, schnell wachsende Bereiche herauszurechnen sowie daraus Rückschlüsse auf andere Segmente zu ziehen, könne nützlich sein, wenn die Wachstumsraten insgesamt schwach ausfielen. Doch das sei bei SAP nicht der Fall.
Mit seinen Vermutungen zu SAPs Rabatt-Politik könne Goldmacher jedoch richtig liegen, sagt Wood. Seiner Einschätzung zufolge räume der Softwarehersteller seinen Kunden keinen Rabatt bei HANA ein. Nachlässe auf andere Produkte, sofern die Kunden auch HANA kauften, könnten jedoch im Bereich des Möglichen liegen. Daran sei indes nichts Ungewöhnliches oder Ungehöriges, stellt der Morgan-Stanley-Analyst fest. Insgesamt stellt Wood seinem Kollegen ein schlechtes Zeugnis aus. Dessen Ergebnisse seien alles in allem ein schwaches Analyse-Stück.
Anwender zögern mit HANA-Investitionen
Zweifel, ob SAPs HANA-Zahlen stimmen, waren in der Vergangenheit indes bereits mehrfach laut geworden. Beispielsweise hatten die Investitionsumfragen der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe (DSAG) zuletzt immer wieder gezeigt, dass bis dato nur wenige Unternehmen bereit sind, Geld für die In-Memory-Appliance in die Hand zu nehmen. Aus den Reihen der Anwendervertretung waren daher wiederholt skeptische Stimmen zu den Erfolgsmeldungen aus Walldorf zu hören.
Goldmacher war bereits Ende 2012 mit SAP aneinandergeraten. Er hatte darüber spekuliert, SAP gewähre großen Kunden Nachlässe auf Wartungsgebühren. Auch das hat der Konzern vehement bestritten. (ba)