E-Rechnung

Hat die PDF-Rechnung ausgedient?

23.01.2018
Von  und


Ruth Markert ist SAP-Beraterin und Spezialistin für YAMBS.Invoice Produkte bei Software4Professionals. Sie hat 30 Jahre Erfahrung in den Bereichen Kreditoren-, Finanz- und Anlagenbuchhaltung in verschiedenen Unternehmen und war als Projektverantwortliche im Finanz- und Rechnungswesen unter anderem für die SAP-Einführung, eBanking, Workflows und andere Softwarelösungen im SAP-Umfeld zuständig. Durch die Kombination von Expertenwissen in der Finanzbuchhaltung sowie der SAP-Beratung unterstützt Software4Professionals Konzerne und mittelständische Unternehmen dabei, ihre Geschäftsprozesse im Finanz- und Rechnungswesen schneller, effizienter und transparenter zu gestalten.


Hendrik Neumann ist Berater bei der Bonpago GmbH und unterstützt seit 2014 Unternehmen und öffentliche Verwaltungen bei der digitalen Transformation. Sein Schwerpunkt liegt in der Optimierung von Prozessen im Finanzbereich, insbesondere im Rahmen der Einführung elektronischer Rechnungen. Er ist zudem Experte für die Auswahl und Einführung von Softwaresystemen zur digitalen Abbildung von Geschäftsprozessen.

ZUGFeRD 1.0: Nicht konform zur Spezifikation XRechnung

Die für die öffentliche Verwaltung entwickelte Spezifikation XRechnung enthält ausschließlich strukturierte Daten. Hybride Rechnungsformate wie ZUGFeRD 1.0 sind nicht konform zur Spezifikation XRechnung. In der vom IT-Planungsrat veröffentlichten aktuellen Version XRechnung 1.0, Fassung vom 10.05.2017 heißt es unter Punkt 5.1:

"Eine Rechnung ist konform zum Standard XRechnung, wenn sie in Form eines wohlgeformten XML Dokuments ausgestellt, übermittelt und empfangen wird und sie ausschließlich die Informationselemente des semantischen Datenmodells des Standards entsprechend ihrer Spezifikation verwendet."

Was dies bedeutet, wird weiter erläutert. Unter anderem heißt es "[…] die Rechnung kann eingebettete Objekte (rechnungsbegründende Unterlagen) enthalten, aber selbst kein eingebettetes Objekt sein." Und weiter: "Dies bedeutet insbesondere, dass in hybriden Formaten ausgestellte Rechnungen nicht konform zum Standard XRechnung sind.

Ein hybrides Format im Sinne der hier vorliegenden Darstellung enthält sowohl den strukturierten Rechnungsdatensatz im XML-Format als auch ein menschenlesbares Abbild der Rechnung (z. B. PDF). Dieses dient dabei als Träger für den strukturierten Datensatz, kann aber auch darüber hinausgehende Informationen enthalten."

Allein die Tatsache, dass ZUGFeRD 1.0 zusätzlich zum strukturieren Datensatz ein Sichtformat enthält, disqualifiziert den Standard somit zukünftig bereits für die Verwendung für den Rechnungsaustausch mit der öffentlichen Verwaltung.

ZUGFeRD 2.0 in zwei Varianten

Um die Nutzung von ZUGFeRD flächendeckend zu ermöglichen, wird derzeit an Version 2.0 gearbeitet, das auf europäischer Ebene künftig den Namen Factur-X trägt. Diese wird, wie auch Version 1.0, in mehreren Profilen verfügbar sein. Eine Variante soll dabei als reines XML konform zur CEN-Norm gestaltet werden und dürfte zukünftig von der öffentlichen Verwaltung akzeptiert werden.

Zukunft von PDF und PDF/A

Zur Beantwortung der Frage, welche Rolle die klassischen PDF-Dokumente zukünftig spielen werden, ist es sinnvoll, den Markt in ein B2G-Segment (Business-to-Government) und ein B2B-Segment (Business-to-Business) zu unterteilen. Für den Rechnungsaustausch mit öffentlichen Stellen werden PDF-Dokumente nur noch für einen Teilbereich und in jenen Bundesländern eine Rolle spielen, in welchen die Lieferanten der öffentlichen Stellen nicht zur Nutzung eines Formats verpflichtet werden, welches konform zur Norm EN 16931 ist.

Welche Länder dies sein werden, ist von den Gesetzgebern der einzelnen Länder abhängig und lässt sich nicht verlässlich prognostizieren. Sicher ist, dass die Bedeutung und der Anteil von klassischen PDF-Dokumenten im Rechnungsaustausch mit öffentlichen Stellen stark abnehmen wird.

Im B2B-Segment, in welchem aktuell keine gesetzlichen Vorgaben hinsichtlich des zu verwendenden Formats bestehen, können die klassischen PDF-Dokumente auch zukünftig verwendet werden. Voraussichtlich werden PDF-Dokumente in diesem Bereich auf lange Zeit das vorherrschende Format bleiben.

Es ist allerdings zu erwarten, dass einige Lieferanten der öffentlichen Verwaltung versuchen werden, den Standard XRechnung auch bei Ihren Kunden der Privatwirtschaft zu etablieren. Der Anteil der XRechnung wird sich dadurch zu Lasten der PDF-Rechnung und anderer Formate auch im Privatsektor erhöhen. Ob ein Standard letztlich obsiegt, und wenn, welcher, bleibt abzuwarten.

Fazit

Lieferanten der öffentlichen Hand müssen ihren Rechnungsversand entsprechend der Vorschriften und im vorgegebenen Zeitrahmen umstellen. Es ist davon auszugehen, dass die Etablierung der XRechnung als neuer E-Rechnungsstandard in der öffentlichen Verwaltung sich ebenso auf privatwirtschaftliche Unternehmen auswirken wird.

Ein Lieferant der öffentlichen Verwaltung, welcher dazu gezwungen ist, einen Teil seiner Rechnungen im Format XRechnung zu versenden, wird dieses Format voraussichtlich im Laufe der Zeit auf seinen gesamten Kundenstamm ausweiten wollen und somit seine Kunden vom neuen Standard zu überzeugen versuchen.

Die Voraussetzung für diese Entwicklung wird nicht zuletzt von den beteiligten Softwareanbietern geschaffen. Sobald diese auf breiter Front eine Unterstützung für das neue Format XRechnung sowohl im Rechnungseingang als auch im -ausgang implementiert haben, wird sich der neue Standard voraussichtlich auch in der Privatwirtschaft etablieren.

Die Geschwindigkeit, mit der sich dieser Veränderungsprozess vollzieht, ist hingegen nur sehr schwer abzuschätzen. Es ist davon auszugehen, dass wir auch in den nächsten Jahren eine Koexistenz verschiedener Standards in der Privatwirtschaft sehen werden.

Eine Investition in eine Übergangslösung zur Extraktion von Rechnungsdaten aus PDF/A-Dokumenten wird sich also auch heute in den meisten Fällen noch lohnen. Denn je früher mit der E-Rechnung verbundene Potenziale gehoben werden, desto besser. Das Warten auf die flächendeckende Durchsetzung eines einheitlichen Standards ist aktuell nicht zu empfehlen.