Sie dürfen in keinem deutschen Besprechungsraum fehlen: Kleiderständer und Flipchart beziehungsweise Whiteboard sowie sie - die Konferenzspinne. Ihr Siegeszug begann vor 25 Jahren mit der Einführung des Konferenztelefons SoundStation von Polycom. Bis zum Siegeszug der Konferenzspinne, war eine Telefonkonferenz mit mehreren Leuten in einem Raum Anfang der 90er Jahre schlicht eine Qual. Die Gesprächsteilnehmer waren entweder schlecht zu verstehen oder wurden teilweise gar nicht gehört. Erst die neuen Konferenztelefone hoben Telefonkonferenzen auf ein akustisch verstehbares Niveau.
Hinzu kam, dass zu dieser Zeit entsprechende Lösungen noch teuer waren, denn die Zeiten, in denen HD-Videokameras oder HD-Audiomikrofone in Smartphones, Tablets oder Notebooks zur Serienausstattung gehören, lagen noch in ferner Zukunft. Selbst Lösungen für den Einzelplatz kosteten zu dieser Zeit noch um die 400 Dollar. Es gab zwar auch eine Gruppenlösung für Konferenzräume, doch NEC als einziger Hersteller verlangte dafür den stolzen Preis von rund 2.500 Dollar. Ein Marktsegment, in dem also noch Platz für weitere Player war. Warum nicht auch für das junge Unternehmen Polycom, das 1990 von Brian Hinman und Jeffrey Rodman in einem Wohnzimmer in San Francisco gegründet wurde. Hinman war in den achtziger Jahren auch eines der Gründungsmitglieder von PictureTel, einem der ersten Unternehmen das praktikable Videokonferenzlösungen für Enterprise-Kunden anbot. PictureTel wurde 2001 durch Polycom geschluckt.
Doch Anfang der 90er Jahre dachte Polycom noch nicht an Firmenübernahmen. Das Startup suchte noch selbst nach einem erfolgversprechenden Produkt und machte 1992 mit 50 Mitarbeitern und 20 Kunden gerade einmal 1,4 Millionen Dollar Umsatz. Würde ein eigenes professionelles Konferenztelefon, das etwa aus der Einzelplatzlösung SoundStation hervorging, für unter 1.000 Dollar den kommerziellen Durchbruch für die junge Firma bringen?
Die zündende Idee kostete Jeff Rodman, einer der Polycom-Gründer, gerade einmal 95 Cents. Zu diesem Preis erstand er bei RadioShack ein Buch zum Nerdthema "Acoustic Suspension". Die wesentliche Erkenntnis dieser Lektüre war, dass für eine gute Klangqualität nicht unbedingt große Lautsprecher erforderlich sind. Der zweite Gedanke war dann, so Rodman im Rückblick, "warum vereinen wir nicht zwei verschiedene Akustiksysteme auf kleinstem Raum?" Aus dieser Frage wurde die Idee des Konferenzsystems SoundStation geboren - im täglichen Sprachgebrauch besser bekannt als "die Konferenzspinne". Drei Jahre später wurde bereits das 50.000ste Gerät verkauft.
In der Folge wurde die Konferenzspinne eines der Features, das weltweit in keinem Besprechungsraum fehlen darf. Und für Polycom selbst war die Konferenzspinne auch kein Schaden: Das kleine Startup mit einer Million Umsatz entwickelte sich in nicht einmal 20 Jahren zum Milliarden-schweren Konzern. So knackte man 2008 die Grenze von mehr als einer Milliarde Umsatz. Heute hat das im September 2017 vorgestellte Trio 8500 nicht mehr viel - außer der Form - gemeinsam mit der ursprünglichen Konferenzspinne.
Weitere Highlights in der 25jährigen Weiterentwicklung der Konferenzspinne war etwa die Einführung einer automatischen Echo- und Rauschunterdrückung gegen Ende der 90er Jahre. Kurz vor der Jahrtausendwende stieg der Konzern dann 1998 mit der ViewStation wieder in das Videokonferenz-Business ein. Einen weiteren Meilenstein markierte 2003 die SoundStation VTX 1000, das erste Konferenzsystems mit HD-Audio. 2011 knackte das Unternehmen dann mit seinem Konferenztelefon die 4-Millionen-Marke und die Company schrieb einen Jahresumsatz von 1,5 Milliarden Dollar. Auch wenn die Konferenzspinne ein Bestseller war, orientierte sich Polycom im neuen Jahrtausend um: Mit neuen Collaboration-Services wie RealPresence wollte man künftig wachsen und neue Kunden adressieren. Als flankierende Maßnahme ging man zudem Partnerschaften mit Global Playern wie Microsoft oder IBM ein.