Forrester-Trends 2014

Handlungsanweisungen für die Digitalisierung

19.04.2014
Von 
Pascal Matzke ist Vice President & Research Director bei Forrester Research.
Die IT-Leiter sind gefordert, die digitale Revolution zu steuern. Techniktrends wie Big Data und Mobility bilden den Rahmen für notwendige Eingriffe in Strategie, Systemlandschaft und Organisationstrukturen.
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Ein Jahr des Übergangs geht zur Neige, 2014 kann aber ein sehr gutes Jahr für den CIO werden. Endgültig vorbei sein sollte die Phase, in der es in Folge des Finanz- und Wirtschaftskrise allenthalben ausschließlich um Kosteneffizienz ging. Für den CIO bedeutet das, dass es abermals mehr Spielraum zur Gestaltung gibt. Der IT-Chef gewinnt als Innovationsbeiträger für sein Unternehmen weiter an Gewicht. Die Chance verbesserter Investitionsmöglichkeiten wird entsprechend einhergehen mit erhöhten Anforderungen. Alles in allem wird das kommende Jahr nicht unbedingt durch bisher unbekannte Technologien bestimmt sein. Charakteristisch wird stattdessen, dass der Veränderungsdruck auf der IT und dem CIO so groß sein wird nie.

Unter den wichtigsten IT-Trends für 2014 sind vor diesem Hintergrund zunächst vier strategische Imperative erkennbar, denen die IT ausgesetzt sein wird: das Management der digitalen Revolution, das Entwickeln und Einweben einer neuen Systemlandschaft, die Rationalisierung der alten Systemlandschaft und die Herausbildung neuer Skills, Kulturen und Organisationsstrukturen für die IT. Daneben werden sechs Technologien die kommenden Monate prägen: Mobilität, Business Intelligence (BI) und Big Data, Software-as-a-Service (SaaS), Infrastrukturen aus der Cloud, hybride Integration und Storage. Die IT-Sicherheit findet sich in dieser Liste nicht wieder, weil sie jedes Jahr ein wichtiges Thema ist, ein Dauerbrenner sozusagen.

1. Imperativ: Die digitale Revolution managen

"Digital Revolution" bedeutet, dass seit etwa zwei Jahren das "Zeitalter des Kunden" angebrochen ist - für Forrester Research eine vierte Ära nach den Zeitaltern der Fertigung, der Logistik und der Internationalisierung. Das absolut Neue daran ist, dass der Fokus von IT künftig auf den Endbenutzern liegen muss. Wohlgemerkt sollte der Begriff "Kunde" nicht zu eng in Richtung B2C ausgelegt werden. Im Mittelpunkt der Veränderung befinden sich genauso die Mitarbeiter und die Partner. Die digitale Revolution ist also auch B2B-relevant. In 2014 und 2015 wird der Druck auf den CIO enorm steigen, diese Veränderungen zu meistern. Dass eine Menge Arbeit bevorsteht, dokumentieren zwei Umfragezahlen: 65 Prozent der Mitarbeiter berichten, dass sie zu Hause über eine bessere IT-Technologie verfügen als am Arbeitsplatz; 85 Prozent der Entscheider erkennen in der Verbesserung der Kundenbeziehungen einen wesentlichen Prozess. CIOs sollten sich vergegenwärtigen, dass Mitarbeiter, Geschäftspartner und Kunden im Zeitalter von Mobile IT ihre gewünschten und benötigten IT-Lösungen überall und zu jeder Zeit verfügbar haben wollen. Diese Endbenutzer, um die sich die IT jahrelang kaum gekümmert hat, müssen ins Zentrum der IT-Strategie rücken. Es sollte für jeden IT-Chef alarmierend sein, wenn Marketing- und Personalabteilungen ihre Tools selber - zum Beispiel in der Cloud - einkaufen und ihn einfach außen vor lassen. Spätestens im kommenden Jahr ist es an der Zeit zu verstehen, wie eine vernetzte Infrastruktur für die wichtigen Endbenutzer aussehen muss. CIOs sollten sich 2014 so positionieren, dass sie als Innovationsbeiträger im Unternehmen wahrgenommen werden.

2. Imperativ: Eine neue Systemlandschaft entwickeln und einweben

Wir bei Forrester unterscheiden die alten "Systems of Record" und die neuen "Systems of Engagement". Anders als in der traditionellen IT steht die Interaktion der Technologie mit den Menschen im Mittelpunkt. Sie muss die Menschen berühren. Gemeint sind damit zum Beispiel Lösungen, die mir gleich beim Einchecken in der Hotellobby eine Restaurantempfehlung mitliefern. Die Systeme entstehen unter anderem durch das Einweben von Predictive Analytics, Big Data und Services aus der Cloud. Getrieben und gesteuert wird diese Entwicklung klar vom Business, nicht von der IT. Aber der CIO sollte bei diesen Themen unbedingt mitreden. Schon alleine deshalb, um die Budgethoheit zu behalten. Momentan fließt nach unseren Erhebungen lediglich ein Fünftel bis ein Viertel der IT-Investitionen in die neuen Systeme. Es ist damit zu rechnen, dass der Anteil bis 2016 auf mehr als die Hälfte steigt.

3. Imperativ: Die alte Systemlandschaft rationalisieren

Die Deutsche Bank ist gerade dabei, 230 Kernbanksysteme auf eine einzige SAP-Plattform zu migrieren. Das zeigt, dass die Rationalisierung bestehender Systemlandschaften - alles auf eine Plattform - nach wie vor relevant ist. Zugegeben: Das Thema ist alles andere als neu. Für 2014 ist aber mit derart hohem Veränderungsdruck auf die IT rechnen, dass diese Aufgabe angepackt werden muss - falls sie nicht schon erledigt ist. Nur wer seine existierenden "Systems of Record" rationalisiert hat, kann dann auch in neue "Systems of Engagement" investieren.

4. Imperativ: Neue Skills, Kulturen und Organisationsstrukturen entwickeln

Die IT braucht mehr Mut, interdisziplinär zu denken. Bisher ist sie zu sehr im Silodenken gefangen. Angesichts der digitalen Revolution wird es 2014 endgültig Zeit, die Scheuklappen abzulegen. Um den veränderten Aufgaben gerecht werden können, ist ein neuer Skill-Mix nötig. Zum Beispiel, indem man Mitarbeitern ohne Informatikhintergrund eine Chance gibt. Auch temporäre Austauschprogramme zwischen IT und Business haben sich schon bewährt. Darüber hinaus steht eine neue Generation potenzieller Mitarbeiter mit hoher IT-Affinität und innovativen Ideen bereit. Davon kann die manchmal betriebsblinde IT nur profitieren.