Kommunikationsbeziehungen analysieren

Gute Teamarbeit ist planbar

25.01.2020
Von 
Hans-Peter Machwürth ist Geschäftsführer der Unternehmensberatung Machwürth Team International (MTI Consultancy) in Visselhövede.

Die Beziehungen im Team analysieren

Moderne Team-Entwicklungsmaßnahmen verzichten auf gemeinsame Spaßprojekte, mit denen ein künstliches Referenzerlebnis geschaffen werden soll. Stattdessen setzen sie auf die Analyse von Kommunikationsbeziehungen und nutzen dafür Diagnosetools wie "Connection Scan". Mit solchen Werkzeugen lässt sich der Charakter und die Intensität der Beziehungen zwischen Teammitgliedern ermitteln. Im Mittelpunkt stehen dabei Fragen wie: Wie groß ist die Bereitschaft im Team zu kommunizieren und zu kooperieren? Wer wird einbezogen, wer eher ausgegrenzt? Und: Wer kommuniziert mit wem wie oft?

Die gewonnenen Informationen werden grafisch so aufbereitet, dass eine Art Heatmap entsteht, mit der sich die Beziehungen der Teammitglieder optisch darstellen lässt. Auf einer solchen Landkarte gibt der Abstand zwischen den Personen Auskunft über deren Beziehung und die Frequenz, mit der sie miteinander kommunizieren. Zudem gibt die jeweilige Farbe die Anzahl der Verknüpfungen der betreffenden Person wieder, so dass die aktiven Hotspots und die eher inaktiven Kältezonen in dem Beziehungsnetzwerk sichtbar werden.

Basierend auf diesen Analyseergebnissen fragen sich die Teammitglieder anschließend:

  • Wo besteht Veränderungsbedarf?

  • Welche Kältezonen im Beziehungsnetzwerk sollten eher Hotspots sein, damit ein Team optimal funktioniert und die gemeinsamen Ziele erreicht?

  • Was sollte sich hierfür im Bereich Zusammenarbeit, Information und Kommunikation verändern?

  • Welche Personen sollten enger kooperieren und intensiver miteinander kommunizieren?

Anschließend leiten die Teammitglieder Regeln für das kollektive und individuelle Kommunikations- und Informationsverhalten ab. Sie verständigen sich auf Standards, die künftig für ihre Zusammenarbeit gelten sollen - stets mit dem übergeordneten Ziel, die Wirksamkeit der einzelnen Mitglieder im Team zu erhöhen und ihre Performance zu steigern.

Dieses Vorgehen lohnt sich vor allem für die Entwicklung crossfunktionaler sowie bereichs- und hierarchieübergreifender Teams, deren Zusammenarbeit, wie Studien zeigen, oft noch zu wünschen übriglässt. Auch für das Entwickeln standort- und unternehmensübergreifender Teams, die in der digitalen Welt sowie globalisierten Wirtschaft an Bedeutung gewinnen, kann ein solches Procedere nützlich sein. Bei diesen Teams handelt es sich in der Regel um mehr oder minder virtuelle Teams.

Die Verbesserung der Teamleistungen mit einem solchen Verfahren geben auch deshalb Sinn, weil Teams heute in der Regel räumlich getrennt arbeiten. Gerade in standort- oder firmenübergreifenden Teams sollte die Zusammenarbeit gezielt organisiert und die Teamentwicklung mit System forciert werden. Sonst wird es schwierig, die gewünschte Teamleistung zu erbringen.

Defizite beim "Forming" verursachen Folgeprobleme

Viele Unternehmen haben das inzwischen erkannt, Team-Entwicklungsmaßnahmen sind gefragt. Dabei geht es um das Sich-Begegnen, Sich-Kennenlernen und Sich-Erleben: Zwischen den Teammitgliedern soll eine persönliche Beziehung entstehen. Es gilt, Vertrauen aufzubauen.

Eines der Ziele solcher Team-Entwicklungsmaßnahmen ist es, beim Lösen gemeinsamer Aufgaben die anderen als Menschen kennen und verstehen zu lernen. Gerade bei Entwicklungsmaßnahmen für virtuelle Teams wird oft nachträglich nochmals bewusst die erste Phase des Teamentwicklungs-Prozesses nach Tuckman durchlaufen, das Forming. Es kommt beim Bilden von virtuellen Teams, die sich häufig eher ad hoc nach dem Zufallsprinzip formieren, oft zu kurz. Das hängt natürlich vor allem damit zusammen, dass die Mitglieder an verschiedenen Orten tätig sind.

Hieraus erwachsen dann häufig auch Defizite im Bereich Norming, die in der Alltagsarbeit zu Irritationen und Konflikten führen. Das gilt vor allem für virtuelle, länderübergreifende Teams, bei denen die Teammitglieder einen unterschiedlichen beruflichen und kulturellen Hintergrund haben. Bei ihnen besteht die Gefahr, dass sich stereotypische Sichtweisen durchsetzen, weil auf das Kennen- und Sich-Verstehen Lernen verzichtet wurde. Treten dann die üblichen Probleme im Arbeitsalltag auf, heißt es schnell: "Die Amerikaner sind halt oberflächlich", "die Südländer sind halt faul" oder "die Deutschen sind halt Grübler und Bedenkenträger".

Gerade in Teamentwicklungs-Maßnahmen für multinationale Teams spielt deshalb neben dem Forming auch das Norming - also das Sich-Verständigen auf gemeinsame Regeln für die Zusammenarbeit und Kommunikation - eine zentrale Rolle. Wird darauf verzichtet, lässt sich gerade in virtuellen Teams, bei denen die Teammitglieder einen unterschiedlichen kulturellen Hintergrund haben, das gemeinsame Performing nur bedingt steigern. Dies gilt insbesondere dann, wenn es um das gemeinsame Lösen komplexer Aufgaben geht, bei denen unterschiedliche Ansichten über ein optimales Vorgehen wahrscheinlich sind. Gerade diese haben jedoch in der Regel für den Unternehmenserfolg eine hohe Relevanz. Entsprechend wichtig ist es, dass die beteiligten Personen keine Truppe von Einzelkämpfern, sondern ein High-Performance-Team bilden.