Seit dem Wochenende werden entlang der finnisch-russischen Grenze und über dem Ostseeraum Störungen des GPS-Signals gemeldet, das auch zur Flugzeugnavigation verwendet wird. So meldete etwa die Website aeroTelegraph "An Russlands Grenze fiel im Cockpit plötzlich das GPS-Signal aus". Ebenso wurden über der Ostsee rund um die russische Enklave Kaliningrad in den letzten Tagen GPS-Störungen beobachtet.
Flugausfall wegen GPS-Störung
Insgesamt sollen in den letzten Tagen mehr als zehn Mal Cockpitbesatzungen der Finnair Störungen des GPS-Signals gemeldet haben - und zwar immer entlang der Grenze zu Russland. Und bei der Fluggesellschaft Transaviabaltika fielen an drei Tagen 18 Flüge aus, weil am Zielflughafen kein verlässliches GPS-Signal zur Verfügung gestanden hätte. Die Fluglinie bedient die Strecke zwischen Helsinki und dem kleinen Flughafen Savonlinna im Osten des Landes. Eine grafische Animation der Störungen hat John Wiseman auf Twitter veröffentlicht.
Warnung per NOTAM
Als Folge der Störungen forderte Traficom, die Finnish Transport and Communications Agency, dann die Fintraffic Air Navigation Services dazu auf, eine offizielle NOTAM (früher als Notice to Airmen bekannt - genderkorrekt jetzt von der FAA als Notice to Air Missions bezeichnet) zu veröffentlichen. NOTAMs werden verwendet, um Piloten über Probleme, Vorkommnisse zu informieren, die sie zur Gewährleistung der Flugsicherheit berücksichtigen müssen. Gleichzeitig versuchte Jari Pöntinen, Direktor der Traficom, die Öffentlichkeit zu beruhigen: "Fliegen ist immer noch sicher. Die Fluggesellschaften haben Verfahren für den Fall, dass das GPS-Signal ausfällt. Die Flugzeuge können andere Systeme nutzen, um sicher zu navigieren und zu landen. Die Flugsicherung unterstützt die Piloten mit Hilfe anderer Landesysteme." Gleichzeitig musste Traficom einräumen, dass man die Ursache für die Störungen nicht kenne. Man werde die Situation weiter beobachten und weitere Informationen zu dieser Angelegenheit sammeln.
Zwei Ursachen für GPS-Störung möglich
Zur Erklärung der GPS-Störungen gibt es nach Ansicht von Experten zwei mögliche Ursachen: zum einen könnte die Region durch elektromagnetische Sonnenstürme getroffen worden sein, zum anderen könnte jemand GPS absichtlich mit einem Signal-Jammer stören. Angesichts des Ukraine-Krieges läge Russland als Verdächtiger für die Störungen nahe. Ein Verdacht, den man in Finnland offiziell nicht bestätigen mag. So zitiert Reuters die finnische Ministerpräsidentin Sanna Marin mit den Worten: "Wenn die Störungen durch äußere Einflüsse verursacht würden, würden wir dies sicherlich öffentlich sagen."
Russland unter Verdacht
Konkreter wurde dagegen Laura Ruotsalainen, Assistenzprofessorin an der Universität Helsinki und Informatik- und Navigationsspezialistin, gegenüber dem Helsingin Sanomat. Für sie besteht der dringende Verdacht, dass hinter den Störungen ein staatlicher Akteur steht, "man könnte meinen, es handelt sich um eine Art Cyber-Kriegsführung". Sie vermutet, dass Russland hinter der Störaktion steckt. Für diese These spreche auch der zeitliche Zusammenhang zum Treffen von US-Präsident Joe Biden mit dem finnischen Präsidenten Sauli Niinistö. Beide besprachen dabei eine engere Zusammenarbeit Finnlands mit der NATO vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges. Ziel der GPS-Störung könnte es deshalb gewesen sein, Verwirrung und Verunsicherung als Warnung vor einem engeren Schulterschluss mit der NATO zu stiften.
Für Russland als Verdächtigen spricht auch ein anderer Umstand: Während dem NATO-Manöver Trident Juncture 2018 in Finnland wurden ebenfalls GPS-Störungen beobachtet. Damals konnte angeblich die Quelle der Störungen bis nach Russland zurückverfolgt werden.