Ukraine-Krieg

GPS über Finnland und Ostsee gestört

11.03.2022
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 
Über der Ostsee und entlang der finnisch-russischen Grenze gibt es auffällige und lange Störungen des GPS-Signals. Ursache könnten Sonnenstürme oder aber ein staatlicher Jammer sein.
Finnair-Besatzungen meldeten in den letzten Tagen verstärkt Störungen des GPS-Signals.
Finnair-Besatzungen meldeten in den letzten Tagen verstärkt Störungen des GPS-Signals.
Foto: Jaromir Chalabala - shutterstock.com

Seit dem Wochenende werden entlang der finnisch-russischen Grenze und über dem Ostseeraum Störungen des GPS-Signals gemeldet, das auch zur Flugzeugnavigation verwendet wird. So meldete etwa die Website aeroTelegraph "An Russlands Grenze fiel im Cockpit plötzlich das GPS-Signal aus". Ebenso wurden über der Ostsee rund um die russische Enklave Kaliningrad in den letzten Tagen GPS-Störungen beobachtet.

Flugausfall wegen GPS-Störung

Auf Twitter hat John Wiseman eine Grafik der GPS-Störungen veröffentlicht.
Auf Twitter hat John Wiseman eine Grafik der GPS-Störungen veröffentlicht.
Foto: Twitter/John Wiseman

Insgesamt sollen in den letzten Tagen mehr als zehn Mal Cockpitbesatzungen der Finnair Störungen des GPS-Signals gemeldet haben - und zwar immer entlang der Grenze zu Russland. Und bei der Fluggesellschaft Transaviabaltika fielen an drei Tagen 18 Flüge aus, weil am Zielflughafen kein verlässliches GPS-Signal zur Verfügung gestanden hätte. Die Fluglinie bedient die Strecke zwischen Helsinki und dem kleinen Flughafen Savonlinna im Osten des Landes. Eine grafische Animation der Störungen hat John Wiseman auf Twitter veröffentlicht.

Warnung per NOTAM

Per NOTAM wurden Cockpit-Besatzungen über die GPS-Störungen informiert.
Per NOTAM wurden Cockpit-Besatzungen über die GPS-Störungen informiert.
Foto: Screenshot ICAO.int

Als Folge der Störungen forderte Traficom, die Finnish Transport and Communications Agency, dann die Fintraffic Air Navigation Services dazu auf, eine offizielle NOTAM (früher als Notice to Airmen bekannt - genderkorrekt jetzt von der FAA als Notice to Air Missions bezeichnet) zu veröffentlichen. NOTAMs werden verwendet, um Piloten über Probleme, Vorkommnisse zu informieren, die sie zur Gewährleistung der Flugsicherheit berücksichtigen müssen. Gleichzeitig versuchte Jari Pöntinen, Direktor der Traficom, die Öffentlichkeit zu beruhigen: "Fliegen ist immer noch sicher. Die Fluggesellschaften haben Verfahren für den Fall, dass das GPS-Signal ausfällt. Die Flugzeuge können andere Systeme nutzen, um sicher zu navigieren und zu landen. Die Flugsicherung unterstützt die Piloten mit Hilfe anderer Landesysteme." Gleichzeitig musste Traficom einräumen, dass man die Ursache für die Störungen nicht kenne. Man werde die Situation weiter beobachten und weitere Informationen zu dieser Angelegenheit sammeln.

Zwei Ursachen für GPS-Störung möglich

Aufgrund der GPS-Störungen sagte Transaviabaltika etliche Flüge ab, da am Zielflughafen kein verlässliches Signal zur Verfügung stand.
Aufgrund der GPS-Störungen sagte Transaviabaltika etliche Flüge ab, da am Zielflughafen kein verlässliches Signal zur Verfügung stand.
Foto: Lakeview Images - shutterstock.com

Zur Erklärung der GPS-Störungen gibt es nach Ansicht von Experten zwei mögliche Ursachen: zum einen könnte die Region durch elektromagnetische Sonnenstürme getroffen worden sein, zum anderen könnte jemand GPS absichtlich mit einem Signal-Jammer stören. Angesichts des Ukraine-Krieges läge Russland als Verdächtiger für die Störungen nahe. Ein Verdacht, den man in Finnland offiziell nicht bestätigen mag. So zitiert Reuters die finnische Ministerpräsidentin Sanna Marin mit den Worten: "Wenn die Störungen durch äußere Einflüsse verursacht würden, würden wir dies sicherlich öffentlich sagen."

Russland unter Verdacht

Konkreter wurde dagegen Laura Ruotsalainen, Assistenzprofessorin an der Universität Helsinki und Informatik- und Navigationsspezialistin, gegenüber dem Helsingin Sanomat. Für sie besteht der dringende Verdacht, dass hinter den Störungen ein staatlicher Akteur steht, "man könnte meinen, es handelt sich um eine Art Cyber-Kriegsführung". Sie vermutet, dass Russland hinter der Störaktion steckt. Für diese These spreche auch der zeitliche Zusammenhang zum Treffen von US-Präsident Joe Biden mit dem finnischen Präsidenten Sauli Niinistö. Beide besprachen dabei eine engere Zusammenarbeit Finnlands mit der NATO vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges. Ziel der GPS-Störung könnte es deshalb gewesen sein, Verwirrung und Verunsicherung als Warnung vor einem engeren Schulterschluss mit der NATO zu stiften.

Für Russland als Verdächtigen spricht auch ein anderer Umstand: Während dem NATO-Manöver Trident Juncture 2018 in Finnland wurden ebenfalls GPS-Störungen beobachtet. Damals konnte angeblich die Quelle der Störungen bis nach Russland zurückverfolgt werden.