PriceRunner fordert Schadensersatz

Google soll 2,1 Milliarden Euro zahlen

09.02.2022
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Der Preisvergleichsanbieter PriceRunner zerrt Google vor den Kadi und wirft dem Wettbewerber vor, eigene Dienste bevorzugt zu haben – zum Schaden der Konsumenten und des Marktes.
PriceRunner fordert Gerechtigkeit - und 2,1 Milliarden Euro Schadensersatz von Google.
PriceRunner fordert Gerechtigkeit - und 2,1 Milliarden Euro Schadensersatz von Google.
Foto: ozanuysal - shutterstock.com

Der schwedische Online-Preisvergleichsanbieter PriceRunner hat Google auf Schadensersatz in Höhe von 2,1 Milliarden Euro verklagt. Der Vorwurf: Google habe systematisch über Jahre hinweg die eigenen Preisvergleichsangebote bevorzugt und weiter oben in den entsprechenden Suchergebnislisten angezeigt. Konsumenten seien günstigere Angebote vorenthalten worden und sie hätten höhere Preise zahlen müssen. Zudem habe Google Wettbewerber benachteiligt. Für das durch diese wettbewerbswidrigen Praktiken entgangene Geschäft fordern die Schweden nun Kompensation.

Die Klage wurde vor dem Patent- und Wettbewerbsgerichtshof in Stockholm eingereicht. Die PriceRunner-Verantwortlichen berufen sich bei ihrer Klage gegen Google auch auf Untersuchungen der EU-Kommission und des europäischen Gerichtshofes, denen zufolge Google Suchergebnisse manipuliert und eigene Angebote bevorzugt behandelt haben soll. Das verstößt gegen geltendes Kartellrecht. Eine Strafe in Höhe von 2,4 Milliarden Euro gegen den Google-Mutterkonzern Alphabet wurde erst im November vergangenen Jahres im Wesentlichen bestätigt.

Kann man Google noch vertrauen?

PriceRunner fordert zunächst 2,1 Milliarden Euro. Das ist aber noch nicht das Ende der Fahnenstange. Da die Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht weiter andauerten, erhöhe sich der Betrag jeden Tag. "Wir wollen einen Ausgleich für den Schaden, den Google uns über viele Jahre hinweg zugefügt hat", sagte Mikael Lindahl, CEO von PriceRunner. Er sieht diese Klage auch als Kampf im Interesse der Verbraucher, die unter Googles andauernden Verstößen gegen das Wettbewerbsrecht zu leiden hätten.

"Wir wollen einen Ausgleich für den Schaden, den uns Google über Jahre hinweg zugefügt hat", fordert Mikael Lindahl, CEO von PriceRunner.
"Wir wollen einen Ausgleich für den Schaden, den uns Google über Jahre hinweg zugefügt hat", fordert Mikael Lindahl, CEO von PriceRunner.
Foto: PriceRunner

Außerdem gehe es um das Überleben vieler europäischer Unternehmen und um Arbeitsplätze in der Technologiebranche, stellt Lindahl fest. "Wenn amerikanische Tech-Giganten aufgrund ihrer fast monopolartigen Marktstellung tun und lassen können, was sie wollen, und die Märkte manipulieren, können wir mit ziemlicher Sicherheit davon ausgehen, dass viele Tech-Unternehmen in Europa weit über den Markt der Preisvergleichsanbieter hinaus betroffen sein werden."

Verbraucher haben Milliarden zu viel bezahlt

Google habe sich mit einem Anteil von über 90 Prozent im Suchmaschinenmarkt eine Monopol-ähnliche Position gesichert, argumentieren die PriceRunner-Verantwortlichen. Sie verweisen darüber hinaus auf eine Untersuchung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Grant Thornton. Demzufolge lägen die Preise für die Angebote in Googles eigenem Shopping-Vergleichsdienst 12 bis 14 Prozent höher als bei anderen Diensten. Für die beliebtesten Bereiche, Kleidung und Schuhe, seien es sogar 16 bis 37 Prozent mehr. Schätzungen zufolge würden Konsumenten in Europa wegen der wettbewerbsverzerrenden Praktiken von Google jedes Jahr viele Milliarden Euro zu viel bezahlen.

Rückendeckung hoffen die Schweden von der EU-Kommission zu erhalten. Deren Entscheidung bedeute, dass jedes Unternehmen, das unter Googles Missbrauch gelitten hat, das Recht habe, Schadensersatz zu verlangen. Die Klage zielt auf entgangene Gewinne in Großbritannien seit 2008 sowie in Schweden und Dänemark seit 2013 ab.

Extra-Finanzierung für den Rechtsstreit

PriceRunner stellt sich auf einen jahrelangen und intensiven Rechtsstreit ein. Mit Unterstützung führender Rechts- und Finanzberater habe man sich gründlich vorbereitet, heißt es in einer offiziellen Mitteilung. In Anbetracht des Zeitrahmens, der erheblichen Kosten und des Umfangs der Klage habe PriceRunner zudem eine externe Finanzierung sichergestellt, die alle Prozesskosten abdecken soll.

Online-Riesen wie Amazon, Facebook und Google weht seit geraumer Zeit ein deutlich schärferer Wind entgegen. Vor allem die Wettbewerbs- und Kartellbehörden auf der ganzen Welt nehmen die Praktiken der Konzerne genauer unter die Lupe. Die EU-Kommission hat den Digital Markets Act (DMA) auf den Weg gebracht, um neue Regeln zu definieren, die die Online-Unternehmen in die Schranken weisen sollen. Ab 2023 könnten diese Regeln in Kraft treten, so die Hoffnung der EU-Politiker. Auch die neue Bundesregierung hat bereits angekündigt, marktbeherrschenden Firmen stärker auf die Finger klopfen zu wollen.

Strengeres Regime gegen Online-Konzerne

Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamts, geht sogar noch einen Schritt weiter und plädiert für ein grundsätzlich strengeres Regime gegen die Digitalkonzerne. Dafür will Mundt neue Regeln in Wettbewerbsverfahren einführen. Gegenüber dem "Handelsblatt" forderte er, die Beweislast umzukehren. Derzeit müssten Kartellbehörden nachweisen, dass die Praktiken eines Unternehmens dem Wettbewerb schadeten. Das soll sich umdrehen. Dann müssten Amazon, Facebook, Google und Co. belegen, dass die Art und Weise, wie sie Geschäfte machen, dem Wettbewerb nicht schadeten.

Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamts, will die Beweislast umkehren. Die Internet-Riesen sollen belegen, dass ihre Praktiken dem Wettbewerb nicht schaden.
Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamts, will die Beweislast umkehren. Die Internet-Riesen sollen belegen, dass ihre Praktiken dem Wettbewerb nicht schaden.
Foto: Bundeskartellamt

Für den Digital Markets Act fordert Mundt hartes Vorgehen. Derzeit gehe man davon aus, dass sich die Verbote von selbst im Markt etablierten. "Ich bin da noch etwas skeptisch", sagte der Kartellwächter der Zeitung. "Was machen wir, wenn Google, Apple und Facebook trotz erheblicher Zweifel an ihren Praktiken behaupten, stets im Einklang mit dem DMA zu handeln?" Um die neuen Regeln durchzusetzen und in letzter Konsequenz auch Verfahren führen zu können, brauche man gerichtsfeste Belege.