Die langjährige IBM-Chefin Virginia (Ginni) Rometty zieht sich aufs Altenteil zurück. Die Managerin, die Ende Juli 63 Jahre alt wird, hatte seit Anfang 2012 als CEO, Chairman und Präsidentin die Zügel beim IT-Pionier in der Hand. Rometty war die erste Frau an der Spitze des Konzerns. Sie hatte Samuel Palmisano abgelöst, der IBM von 2002 bis 2011 geleitet hatte.
Der Wechsel Arvind Krishnas auf IBMs Chefsessel ist für den 6. April geplant. Dann soll der Neue, bis dato als Senior Vice President für das Cloud-Geschäft und die Cognitive-Lösungen verantwortlich, als CEO übernehmen. Außerdem bekommt der 57-jährige Manager einen Sitz im Aufsichtsrat von IBM. Dort wird Rometty noch bis Jahresende ihren Posten als geschäftsführende Vorsitzende behalten, um sich danach in den Ruhestand zu verabschieden.
"Arvind ist der richtige CEO für die nächste Ära bei IBM", sagte Rometty. "Er ist ein brillanter Technologe, der eine bedeutende Rolle bei der Entwicklung unserer Schlüsseltechnologien wie künstliche Intelligenz, Cloud, Quantencomputer und Blockchain gespielt hat." Arvind sei außerdem maßgeblich an der Planung und Umsetzung der Akquisition von Red Hat beteiligt gewesen. Im August des vergangenen Jahres war die mit rund 34 Milliarden Dollar teuerste Übernahme in der Firmengeschichte von IBM abgeschlossen worden. James Whitehurst, 52 Jahre, ehemals CEO von Red Hat, soll künftig eine wichtigere Rolle bei IBM spielen. Der Aufsichtsrat ernannte ihn zum President. "Mit Arvind und Jim bekommt IBM ein technisch und operativ versiertes Führungsteam", sagte Rometty.
IBMs Hoffnung liegt auf neuen Technologien
Der Abschied Romettys kommt überraschend. Die Managerin hat schwierige Jahre hinter sich. Einnahmen und Gewinne gingen zurück, dem IT-Tanker IBM fiel es schwer, die Richtung zu ändern und Zukunftsthemen wie Cloud Computing aufzugreifen. Hier teilten sich andere Unternehmen wie AWS, Microsoft und Google den Markt unter sich auf. Der Trend in Richtung Cloud zehrte zudem am klassischen Data-Center-Business von IBM mit Servern und Storage-Systemen.
Große Hoffnungen setzt das IBM-Management in neue Technologien wie künstliche Intelligenz und Blockchain. In Sachen KI war IBM mit Watson früh gestartet und hatte viele Vorschusslorbeeren geerntet. Allerdings gab es hier auch immer wieder Rückschläge, weil viele Anwender die Watson-Technik als zu komplex empfanden und darin keinen Mehrwert für ihr Business sahen. Vielversprechend sieht dagegen die Blockchain-Strategie aus. Hier hatte IBM frühzeitig Anwenderunternehmen mit an Bord geholt. Beispielsweise beteiligen sich mittlerweile zahlreiche Groß-Reedereien an TradeLens, einer Logistik-Blockchain für den weltweiten Schiffsverkehr.
Mit der Übernahme von Red Hat will sich der IT-Pionier einen neuen Spin geben. Der Open-Source-Spirit soll IBM agiler und flexibler machen. Viele Experten befürchteten, dass es nach der Übernahme zu einem Kulturkampf zwischen den beiden Lagern kommen könnte - der traditionellen IBM-Ecke und der jungen Red-Hat-Fraktion. Bis dato läuft die Integration jedoch weitgehend geräuschlos. Insofern scheint auch der jetzige Wechsel an der IBM-Spitze stimmig. Gerade die wichtigere Rolle des ehemaligen Red-Hat-CEO Whitehurst lässt sich durchaus als Signal verstehen, mit Hilfe des Zukaufs einen neuen Kurs einzuschlagen.
IBM verzeichnet kleines Umsatzplus
Etwas Rückenwind geben die jüngsten Quartalszahlen, die IBM erst vor wenigen Tagen veröffentlicht hat. Erstmals nach langer Zeit gelang dem Konzern wieder ein Umsatzwachstum - wenngleich das Plus im vierten Quartal 2019 minimal ausfiel. Der Umsatz lag bei knapp 21,8 Milliarden Dollar, nach 21,7 Milliarden Dollar im vergleichbaren Vorjahresquartal. Der Gewinn legte von knapp zwei auf rund 3,7 Milliarden Dollar zu. Im Gesamtjahr 2019 nahm IBM 77,1 Milliarden Dollar ein (2018: 79,6 Milliarden Dollar). Der Jahresprofit verbesserte sich von 8,7 auf 9,4 Milliarden Dollar.
Wichtig für IBM: Die neuen zukunftsträchtigen Bereiche Cloud und Cognitive legten zum Teil deutlich zu und nehmen inzwischen einen großen Anteil am Gesamtgeschäft ein. Die Cloud-Einnahmen beliefen sich 2019 auf 21, 2 Milliarden Dollar - ein Plus von elf Prozent im Vergleich zu 2018. Im vierten Quartal legte der Bereich Cloud & Cognitive Software gegenüber dem Vorjahresquartal um 8,7 Prozent auf 8,2 Milliarden Dollar zu, und macht damit bereits ein Drittel des Gesamtgeschäfts aus.
Auch im klassischen Geschäft scheint sich die Situation - zumindest temporär - zu entspannen. Mit Hardware verdiente IBM in den letzten drei Monaten des vergangenen Jahres drei Milliarden Dollar, 16 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Angetrieben wurde das Segment vor allem durch die Mainframes. Der Umsatz mit IBM Z wuchs laut eigenen Angaben um 62 Prozent.
Auch in Deutschland gab es zu Jahresbeginn Bewegung im Management. Geschäftsführer Matthias Hartmann wechselte als CEO zum Energiedienstleister Techem und machte Platz für den nachfolger Gregor Pillen. Der war zuletzt General Manager des europäischen Beratungsgeschäfts von IBM.