Social Business – eine Kulturfrage

Geringe Bereitschaft zum Wandel

18.03.2015
Von 

Joachim Haydecker ist Senior Analyst des IT-Research- und Beratungsunternehmens Crisp Research. Seit mehr als 20 Jahren arbeitet Joachim Haydecker als IT-Analyst, IT-Consultant, Trainer und Coach. Seine Schwerpunktthemen sind Social Business, Social Networks, Enterprise 2.0,  Talent Management, Social Learning  und Wissensmanagement. Als aktiver Blogger und Netzwerker nutzt Joachim Haydecker die gängigen Social Networks für seine berufliche und private Kommunikation. Als Sprecher und Moderator ist er regelmäßig auf Barcamps und Konferenzen aktiv. Als Spezialist für Social Business ist er bei der DNUG im erweiterten Vorstand aktiv.

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Das ganze Unternehmen gefordert

Die Einführung von Social Collaboration kann nicht durch eine einzelne Abteilung bewerkstelligt werden. Trotzdem packt kaum ein Unternehmen das Thema ganzheitlich an. Meist sind es einzelne Personen oder Bereiche, die sich dafür engagieren. Mal ist es das Marketing, das intern genauso hip und modern kommunizieren möchte, wie sich das Unternehmen nach außen in der Werbung darstellt. Oder es ist die IT, die Software installiert und mal schaut, was damit passiert.

Auch in Personalabteilungen gibt es immer wieder Mitarbeiter, die auf Employer Branding Wert legen und ihr Unternehmen in puncto Technik- und Kommunikationseinsatz als modern oder gar avantgardistisch darstellen wollen.

Problematisch ist oft auch, dass es Unternehmen am gemeinsamen Ziel mangelt. Collaboration - wozu? Richtungslosigkeit bedeutet, dass es wenig Motivation zur Veränderung gibt. Zudem erfahren Projekte in solchen Fällen meist keine Unterstützung durch das Management oder durch die leitenden Mitarbeiter.

Den Entscheidern im Unternehmen muss klar sein, dass Social-Collaboration-Plattformen die Kultur und die Organisation verändern. Unternehmen müssen diese Veränderung gestalten. Tun sie es nicht, wird die Einführung scheitern. Natürlich kostet das Zeit, Geld und Ressourcen. Aber nicht in die Mitarbeiter und den digitalen Wandel zu investieren, kommt auf Dauer noch viel teurer.

Lange Zeit wurde versucht, einschlägige Collaboration-Lösungen als freie Kommunikationsplattformen einzuführen, nach dem Motto: Ab jetzt kann jeder bloggen. Das ist natürlich viel zu kurz gegriffen. Der freie Austausch von Gedanken, Anregungen und Ideen ist zwar ein wichtiges Element dieser Systeme, aber nicht ihr alleiniger Sinn und Zweck. Die Plattformen müssen sich an den Aufgaben und den Kommunikationsprozessen orientieren. Nur wenn diese identifiziert, weiterentwickelt und schließlich unterstützt werden, ist den Mitarbeitern bei der Erfüllung ihrer Aufgaben geholfen.

Unterstützung tut not

Die Praxis hat gezeigt, dass die flächendeckende Nutzung von Collaboration-Tools nur gelingt, wenn die Mitarbeiter jemanden zur Unterstützung an ihrer Seite haben. Community-Manager sind vergleichbar mit Projektmanagern: Es kann ohne gehen, aber zur richtigen Zeit die richtige Unterstützung hilft den Beteiligten, ihre Aufgaben schneller, preiswerter und besser zu erledigen.

Gemeinsam müssen die Fachbereiche und die IT den digitalen Arbeitsplatz entwickeln. Die schiere Menge an Informationen macht es notwendig, dass der Anwender durch die intelligente Verknüpfung der verschiedenen Systeme sowie die Filterung und Aufbereitung der Informationen unterstützt wird.

Viele Fragen

Bisher müssen sich Anwender immer erst überlegen, mit welchen digitalen Hilfsmitteln sie ihre Aufgaben lösen können: Soll die Nachricht per Mail übermittelt werden, oder ist ein Blogeintrag sinnvoller? Wo muss eine Datei abgelegt sein, um bearbeitet werden zu können? Hat der Kollege darauf Zugriff? Warum tauchen Informationen an falscher Stelle auf? Muss ich für Aufgaben am Arbeitsplatz sein, oder geht es auch von unterwegs?

Mittlerweile zählt die Datenbank von Crisp Research über 110 Social-Collaboration-Plattformen für Unternehmen. Im Rahmen eines umfangreichen "Product Reviews" haben wir verschiedene Systeme nach Kriterien wie Produktumfang, Integrationsmöglichkeiten und User Experience untersucht. Das typische Merkmal für alle Plattformen ist, dass sie über einen Activity Stream alle Benutzer in einen gemeinsamen Kommunikationsraum bringen und somit allen die gleichen Informationen zur Verfügung stehen. Dieser gemeinsame Informationsfluss, der automatisch oder durch den Nutzer gefüllt wird, ist der wichtigste Unterschied zur E-Mail mit ihrer persönlichen Inbox. Ein weiteres Basiselement ist eine integrierte Benutzerverwaltung mit den eigenen Profilen, die es ermöglicht, persönliche Netzwerke zu bilden. Außerdem gehört bei fast allen Produkten die Bildung von Gruppen oder Communities dazu.

Weitere Elemente vieler Plattformen sind Blogs, Wikis, Dateimanagement und Foren. Einige Plattformen integrieren auch technische Lösungen wie beispielsweise Videokonferenzsysteme oder Online-Office-Suiten. Viele Systeme zeichnen sich darüber hinaus durch vielfältige Programmierschnittstellen oder die Anbindung an andere, im Internet verfügbare Systeme aus. Zusätzlich bieten einige Hersteller die Einbindung von E-Mail, Analytics-Funktionen oder eine Portalintegration an.

Bei der Entscheidung für eine Plattform spielt auch die Möglichkeit zur Einbindung in die eigene Systemumgebung oder die Sicherheit der Daten eine wichtige Rolle (Cloud/On Premise).

Vielfältiges Angebot

Bei der großen Zahl von Lösungen gibt es für jedes Unternehmen ein passendes Angebot. Auf der CeBIT werden Anwender in Halle 4, Stand A72, fündig, wo die "Social Business Arena" einen guten Marktüberblick vermittelt. Grundsätzlich haben die großen Anbieter Microsoft, IBM und Jive als Generalisten die Nase vorn. Andere Anbieter konzentrieren sich auf die Unterstützung von CRM-Prozessen, Enterprise-Content-Management (ECM), Dokumentenmanagement, Intranet oder Projektmanagement.