Generation Z

Stirbt das traditionelle Recruiting aus?

08.01.2018
Von 


Simon Lohmann ist Freier Autor bei macwelt.de.

Fujitsus Erfolgsrezept: Ein Mix aus klassischem und modernem Recruiting

Auf sich aufmerksam machen: Lena Gramlich, Recruiting Specialist bei Fujitsu TDS, erreicht viele Interessenten über Tage der offenen Tür, Messen oder Stände.
Auf sich aufmerksam machen: Lena Gramlich, Recruiting Specialist bei Fujitsu TDS, erreicht viele Interessenten über Tage der offenen Tür, Messen oder Stände.

Bei fast 200 Bewerbungsgesprächen mit Auszubildenen im Jahr muss Fujitsu etwas richtigmachen. Lena Gramlich, HR-Specialist bei Fujitsu TDS, verriet in der Diskussionsrunde: "Das persönliche Gespräch spielt für die meisten unserer Bewerber eine sehr wichtige Rolle." Aus diesem Grund versuche das Unternehmen, das Interesse junger Menschen auf Messen, Ständen und Tagen der offenen Tür zu wecken.

"Wir haben Schulen und Universitäten angeschrieben, mit denen wir eng zusammenarbeiten und somit auf die Angebote von Fujitsu aufmerksam machen", so Gramlich.

An der klassischen Bewerbung führt allerdings kein Weg vorbei. In einem zweistufigen Vorauswahlprozess müssten die Interessenten zunächst ihre Unterlagen zunächst einreichen, besonders wichtig sei dabei der Notendurchschnitt. Vor der Einladung zu einem persönlichen Gespräch durchlaufen die Bewerber im Rahmen eines Assessment Centers einen Online-Test.

Fujitsu TDS lädt perspektivreiche Kandidaten zudem in ein "Assessment-Center" - wohl wissend, dass dieser Begriff negativ besetzt ist. Es sei wichtig, dass Image dieses Recruiting-Verfahrens zu verbessern, meint Gramlich:

"Wir müssen die Furcht davor nehmen. Ich bekomme zum Beispiel häufig die Rückmeldung von Bewerbern, dass sie sich letztendlich für Fujitsu entschieden haben, weil sie einen ersten Einblick in das Unternehmen erhalten konnten."

In den Vorstellungsgeprächen setze das Unternehmen darauf, dass der Bewerber sieht, "wie es sich bei Fujitsu lebt". An so einem Einstellungstag stehen den jungen Jobinteressenten bis zu zehn Mitarbeiter des Unternehmens zur Verfügung, darunter auch aktuelle Azubis, die einen Einblick in ihren beruflichen Alltag geben. Die entscheidende Frage unter den jungen Bewerbern laute: "Warum genau soll ich mich ausgerechnet für diese eine Firma entscheiden?" Die Antwort darauf sei bei Fujitsu: ein überzeugendes und gut durchdachtes Ausbildungskonzept.

"Es ist utopisch zu glauben, dass wir als Arbeitgeber immer die Bewerbungen der besten Kandidaten erhalten. Wir müssen uns stark anstrengen, diese Zielgruppe auf uns aufmerksam zu machen", so Gramlichs Fazit.

Kontaktaufnahme innerhalb von 24 Stunden

Carsten Sievers von Metafinanz setzt beim Recruiting unter anderem auf kurze Reaktionszeiten: Interessenten sollen nicht länger als einen Tag warten.
Carsten Sievers von Metafinanz setzt beim Recruiting unter anderem auf kurze Reaktionszeiten: Interessenten sollen nicht länger als einen Tag warten.

"Diese Zeit haben wir doch gar nicht", kommentiert Carsten Sievers vom Münchner IT-Dienstleister Metafinanz die Methodik von Fujitsu. "Bei uns läuft das anders. Wir telefonieren sehr viel. Und aus Compliance-Gründen müssen sich die Bewerber über unser Portral anmelden. Danach ist das aber eine Sache von einem Tag."

Bei metafinanz setzt man auf schnellstmögliche Kontaktaufnahme: Innerhalb von 24 Stunden sollen die Bewerber eine erste Rückmeldung erhalten. Beim Recruiting schauen demnach die Mitarbeiter auf sachlicher Ebene sehr genau hin und testen die fachliche Kompetenz der Kandidaten.

Während eines ein- bis zweistündigen persönlichen Gesprächs achten die Kollegen aus verschiedenen Abteilungen vor allem auch auf das Menschliche. Laut Sievers werden beim Recrui­ting vor allem dann falsche Entscheidungen getroffen, "wenn der Entscheider weit weg ist". Aus diesem Grund trifft der Bewerber auf eine gemischte Gruppe von Mitarbeitern unterschiedlichen Alters.

"Ich habe den Eindruck, dass für die Bewerber der Altersunterschied keine wichtige Rolle spielt. Die Gen Z hat offensichtlich weniger Berührungsängste als ältere Generationen."

Das Vorurteil, dass die Generation Z eine klare Abgrenzung von Arbeit und Privatleben will, konnte der Staff Development Manager bisher in ersten Zügen beobachten: "Trotzdem bleiben die Mitarbeiter im Vergleich zu früher mehr in Kontakt - dank WhatsApp und Co. Auch nach der Arbeit. Hier wird berufliches eingeflochten, aber im Wesentlichen geht es darum, sich auch persönlich auszutauschen."

Negative Erfahrungen hat Sievers hingegen mit Video-Gesprächen gemacht: "In der Vergangenheit haben wir bei metafinanz versucht, das Recruiting auf Video-Konferenzen zu beschränken. Wir dachten, wir treffen damit den Zeitgeist. Das war eine herbe Enttäuschung." Einen großen Vorteil sieht Carsten Sievers dahingegen in Bewerbungsgesprächen, die als Karriere-Beratung angeboten werden.

Die Frage ist nur, wie lange sich die Arbeitnehmer in Zukunft noch beim Arbeitgeber bewerben werden...