Droht eine Übernahmeschlacht?

Gemalto will sich nicht von Atos übernehmen lassen

15.12.2017
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Nachdem Atos sein Angebot, Gemalto für 4,3 Milliarden Euro übernehmen zu wollen, öffentlich gemacht hatte, wehrt sich der niederländische Chipkarten-Spezialist. Eine Übernahme sei nicht im Interesse des Unternehmens und der Anteilseigner, hieß es. Versucht Atos nun eine feindliche Übernahme?

Die Verantwortlichen des Chipkarten-Herstellers Gemalto haben das Übernahmeangebot des französischen IT-Dienstleisters Atos zurückgewiesen. Gemalto sei hervorragend aufgestellt, um eigenständig und langfristig zu wachsen, teilte das Unternehmen am in Amsterdam mit. Man werde seinen Anteilseignern nun einen Entwicklungsplan für die nächste Zukunft vorlegen, erklärte der Vorstandsvorsitzende Philippe Vallée.

Atos will sich verstärken und den niederländischen Chipkartenspezialisten Gemalto übernehmen.
Atos will sich verstärken und den niederländischen Chipkartenspezialisten Gemalto übernehmen.
Foto: Atos

Der französische IT-Serviceanbieter Atos hatte zuvor bekannt gegeben, den niederländischen Spezialisten für Chipkarten Gemalto über­nehmen zu wollen. Die Franzosen boten 46 Euro pro Aktie, das entsprach einer Prämie von 42 Pro­zent für die Anteilseigner. Insgesamt hätte der Deal damit ein Volumen von 4,3 Milliarden Euro. "Wir glauben, eine Kombination von Atos und Gemalto würde zu einer verstärkten globalen Position in den Bereichen Cyber-Sicherheit, digitale Technologien und Dienstleistungen sowie zu einer Stärkung als europäischer Zahlungsdienstleister führen", sagte Thierry Breton, Chairman und CEO von Atos.

Thierry Breton, Chairman und CEO von Atos, glaubt, dass ein Zusammenschluss von Atos und Gemalto die Position beider Unternehmen im globalen Markt verstärken würde.
Thierry Breton, Chairman und CEO von Atos, glaubt, dass ein Zusammenschluss von Atos und Gemalto die Position beider Unternehmen im globalen Markt verstärken würde.
Foto: Atos

Der französische Dienstleister beschäftigt rund 100.000 Mitarbeiter in 72 Län­dern und kam im zurückliegenden Geschäftsjahr auf einen Umsatz von rund 13 Milliarden Euro. Das Management verweist auf seine Erfahrung in der Integration größerer Zukäufe und führt als Beispiele die Übernahmen von Siemens Information Systems (SIS) mit 33.000 Beschäftigten, Bull (9300) und Xerox ITO (9600) an. Mit Gemalto kämen weitere 14.000 Mitarbeiter in 46 Ländern hinzu.

Atos spricht von einem 'freundlichen' Angebot

Atos hatte sein Angebot bereits Ende November abgegeben. Dabei wurden die Verantwortlichen des Dienstleisters nicht müde zu betonen, die Übernahmeabsichten seien freundlich. In Anbetracht eines erhöhten Risikos, das sich auf die Gemalto-Aktie aus­wirken könnte, und um den Markt zu informieren, habe der Verwaltungsrat von Atos beschlossen, seinen Vorschlag zu veröffentlichen, hieß es vor wenigen Tagen in einer offiziellen Verlautbarung. Gleichzeitig bekräftigte Atos seine Bereitschaft, Gespräche mit dem Verwaltungsrat von Gemalto aufzunehmen, um die Transaktion unter Dach und Fach zu bekommen.

Für Gemalto ist eine Übernahme nicht die beste Option

Gemalto erklärte daraufhin, von Atos einen Kaufvorschlag für alle Aktien erhalten zu haben, der bis zum 15. Dezember gültig sei. Man werde die Offerte prüfen und rechtzeitig antworten. Der Aufsichtsrat habe das Angebot zusammen mit Finanzberatern nun eingehend geprüft, hieß es von Seiten des Security- und Chipkarten-Spezialisten. Das Gremium sei dabei zu dem Schluss gelangt, dass eine Übernahme nicht die beste Lösung für das Unternehmen und seine Anteilseigner wäre. Nun bleibt abzuwarten, ob die Franzosen eine feindliche Übernahme versuchen.