Deutsche Cloud-Software für den Handel

Fujitsu will GK Software übernehmen

02.03.2023
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Fujitsu verstärkt seine Serviceambitionen. Mit dem avisierten Kauf von GK Software für 432 Millionen Euro würden die Japaner ihrem Portfolio eine Cloud-Plattform für Einzelhändler sichern.
GK Software, Spezialist für IT-Lösungen für den Handel, steht vor der Übernahme durch Fujitsu.
GK Software, Spezialist für IT-Lösungen für den Handel, steht vor der Übernahme durch Fujitsu.
Foto: Magi Bagi - shutterstock.com

Fujitsu will die GK Software SE übernehmen und hat ein Angebot in Höhe von rund 432 Millionen Euro auf den Tisch gelegt. Die Offerte von 190 Euro je Aktie bedeutet eine Prämie von über 30 Prozent auf den Schlusskurs vor Bekanntgabe der Übernahmeabsichten durch Fujitsu. Die Gründer und Großaktionäre von GK, Rainer Gläß (zugleich CEO) sowie Stephan Kronmüller, haben ihre Anteile bereits zugesagt und empfehlen den anderen Aktionären, das Angebot ebenfalls anzunehmen. Damit haben sich die Japaner bereits mehr als 40 Prozent des Grundkapitals von GK gesichert. Vollzug des Übernahmeangebots kann dann gemeldet werden, wenn die Mindestannahmeschwelle von 55 Prozent des Grundkapitals erreicht wird, hieß es in einer Mitteilung.

Vorstand und Aufsichtsrat von GK Software begrüßen und unterstützen die geplante Transaktion. Fujitsu will den Kaufpreis aus seinen Barmitteln begleichen. Alle Beteiligten gehen davon aus, dass der Deal bis Ende Juli 2023 über die Bühne geht. Nach Abschluss will man offenbar prüfen, ob GK Software von der Börse genommen werden soll.

Ein sächsischer Player im internationalen Software-Markt: GK Software

Die 1990 gegründete GK Software hat ihren Hauptsitz in Schöneck, im sächsischen Vogtland. Dort soll er vorerst auch bleiben. Fujitsu hat sich verpflichtet, GK nicht dazu zu veranlassen, den Satzungssitz oder die Hauptverwaltung des Standorts Schöneck zu verlegen. Das Unternehmen entwickelt Software und Cloud-Lösungen für den Filialbetrieb großer Einzelhandelsunternehmen. Weltweit beschäftigt GK Software über 1100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an 16 Standorten. In der Kundenliste des Softwareherstellers finden sich namhafte Handelsunternehmen wie zum Beispiel Aldi, Edeka, Hornbach, Lidl, Migros, Netto Marken-Discount und Walmart International.

2021 verbuchten die Sachsen einen Umsatz von 130,8 Millionen Euro, gut elf Prozent mehr als im vorangegangenen Jahr. Unter dem Strich stand ein Gewinn von fast 13,3 Millionen Euro, mehr als doppelt so viel wie im Geschäftsjahr 2020. Dreh- und Angelpunkt des Kerngeschäfts ist die Cloud-Lösung "CLOUD4RETAIL", die Kunden in einer Public, Private oder Hybrid Cloud betreiben können. Adressiert werden mittlere und große Einzelhändler, die über die Plattform alle Prozesse ihres Filialbetriebs abwickeln können sollen.

Der wichtigste Partner, der Umsätze für die GK Software generiert, ist die SAP, die einen bedeutenden Teil der CLOUD4RETAIL Plattform unter der eigenen Brand vertreibt. Wie es mit dieser Partnerschaft nach der Übernahme durch Fujitsu weitergeht, ist noch nicht bekannt. SAP-Chef Christian Klein konzentriert sich derzeit darauf, das Portfolio des Softwarekonzerns aufzuräumen und sich stärker auf das Kerngeschäft rund um die ERP-Plattform S/4HANA zu fokussieren.

Zukauf soll Service-Geschäft ankurbeln

Fujitsu will mit dem Zukauf seinen Wandel in Richtung Cloud und Software as a Service (SaaS) beschleunigen. Der IT-Konzern hatte im Herbst 2021 unter dem Label "Uvance" eine neue Strategie für das kommende Jahrzehnt angekündigt. Kunden sollen sich künftig aus verschiedenen Technologiebausteinen wie zum Beispiel Computing, Netzinfrastruktur, Datenanalyse und Security, aber auch Business-Applikationen und Cloud-Bestandteilen passende Lösungen zusammenstellen können. Mit solchen Lösungspaketen will Fujitsu auch bestimmte Branchen adressieren, wie beispielsweise den Einzelhandel.

Zentrale Neuerung dabei ist der Servicegedanke. Fujitsu-Kunden sollen die Lösungen als Computing as a Service (CaaS) beziehen können. Dieses CaaS-Konzept ist eine der zentralen Säulen von Fujitsus Uvance-Strategie. Damit soll es Anwenderunternehmen unter anderem erleichtert werden, auf High-Performance-Computing- (HPC-)Plattformen und Quantenrechner zugreifen zu können. Auch die Lösungen von GK Software sollen künftig auf diese CaaS-Plattformen laufen können, hieß es in einer Mitteilung.

"Diese geplante Übernahme ist ein wichtiger Schritt zur Beschleunigung von Uvance", kommentierte Yoshinami Takahashi, Executive Vice President (EVP) und stellvertretender Leiter der Global Solution Business Group bei Fujitsu, die Pläne. Der Manager sprach davon, das Geschäftsportfolio von Fujitsu weiter beleben und verändern zu wollen, um es wettbewerbsfähiger zu machen.

Fujitsus Konkurrenten mit Vorsprung im Servicerennen

Auch Fujitsus Konkurrenten aus dem klassischen Computing-Sektor haben sich seit geraumer Zeit dem Servicegedanken verschrieben. Hewlett Packard Enterprise (HPE) hatte 2019 angekündigt, sich komplett in eine Service-Company umwandeln zu wollen. Zentrale Plattform, über die das HPE-Portfolio in einem Pay-per-use-Modell angeboten wird, ist Greenlake. 2020 zog Dell Technologies mit Project Apex nach und verkündete, sein gesamtes IT-Angebot von Servern und Storage über Management-Software bis hin zu Security-Lösungen im As-a-Service-Modell anbieten zu wollen.