Studie IT-Freelancing 2023

Freiberufler sind zurück in der Spur

14.06.2023
Von 
Alexander Freimark wechselte 2009 von der Redaktion der Computerwoche in die Freiberuflichkeit. Er schreibt für Medien und Unternehmen, sein Auftragsschwerpunkt liegt im Corporate Publishing. Dabei stehen technologische Innovationen im Fokus, aber auch der Wandel von Organisationen, Märkten und Menschen.
Es gibt eine schlechte Nachricht für IT-Freelancer: Die dynamische Entwicklung ihres Marktes und das Wachstum in der vergangenen Dekade schwächen sich ab.
Zurück in der Spur: IT-Freelancer haben die Corona-Delle mittlerweile wieder ausgeglichen.
Zurück in der Spur: IT-Freelancer haben die Corona-Delle mittlerweile wieder ausgeglichen.
Foto: Peter de Kievith - shutterstock.com

Zu diesem Ergebnis kommt die aktuelle IT-Freelancing-Studie, für die die COMPUTERWOCHE in Zusammenarbeit mit IT-Dienstleister Experis sowohl externen IT-Fachkräfte als auch die Einsatzunternehmen befragt hat. Eine derartige Entwicklung hatte sich schon in der Vorläuferstudie aus dem Jahr 2019 angedeutet. Aktuelles Indiz für den Trend ist der durchschnittliche Stundensatz, der es 2022 nicht über die Marke von 100 Euro geschafft hat. Wobei die Spanne zwischen Expertinnen und Experten für Support und Security wie immer enorm groß ist.

Es gibt aber auch gute Nachrichten für IT-Freelancerinnen und -freelancer: Das Beschäftigungsmodell hat sich in der deutschen Wirtschaft etabliert. So haben Freie und Selbstständige die Corona-Delle des Jahres 2020 kompensieren können, ihre Jahresauslastung nach gebuchten Tagen erreichte 2022 beinahe wieder den Wert von 2019. Was Freischaffende aus den vergangenen Jahren gelernt haben: Ein resilientes Geschäftsmodell braucht mehr als nur einen Auftraggeber.

Studie downloaden

Resilienz und Relevanz

Die Studie zeigt, dass sowohl die Anzahl der Kunden als auch die Anzahl der (parallelen) Projekte gestiegen ist - 2019 hatten 50,5 Prozent der befragten Freischaffenden nur einen Kunden, heute hat sich der Wert fast halbiert. Auch die Fundamentaldaten stimmen optimistisch. Mehr als zwei Drittel aller befragten Einsatzunternehmen erwarten, dass die Bedeutung von IT-Freelancing für ihre IT in den kommenden Jahren steigen wird.

Dabei zeigt sich außerdem, dass IT-Freiberufler vor allem für größere Unternehmen wichtig sind (gemessen sowohl nach Beschäftigtenzahl als auch nach jährlichen IT-Aufwendungen). Die besten Werte für die künftige Relevanz des Freelancings gab es übrigens von Befragten aus Fachabteilungen - das dürfte die IT-Stammbelegschaft nicht unbedingt freuen.

72 Prozent der für die Studie Befragten gehen davon aus, dass externe IT-Fachkräfte für ihr Unternehmen eine (sehr) große Bedeutung haben werden.
72 Prozent der für die Studie Befragten gehen davon aus, dass externe IT-Fachkräfte für ihr Unternehmen eine (sehr) große Bedeutung haben werden.
Foto: Research Services

Binden statt buchen?

Nachdem in den vergangenen Jahren die Rekrutierung frischer "Talente" zu den heißen Eisen gehörte, hat sich inzwischen das Thema Retainment - die Bindung an ein Unternehmen - ins Bewusstsein geschoben. Es ist zu erwarten, dass sich Ähnliches auch bei Freiberuflerinnen und Freiberuflern abspielen wird. Im Sinne der Einsatzunternehmen wäre der Trend ohnehin, denn sie favorisieren seit Jahren den direkten Auftrag. Allerdings zeigt sich auch, dass die anderen Beschaffungskanäle wie Personaldienstleister oder Portale dessen ungeachtet ihre Position im Markt behaupten können.

Hinzu kommt, dass eine langfristige Bindung bestimmter Expertinnen und Experten die Vorteile der technischen, organisatorischen und finanziellen Flexibilität beschneidet. Ob ein wie auch immer ausgestaltetes Retainment im Sinne der Freien wäre, muss sich ebenfalls zeigen.

Der direkte Auftrag liegt in der Gunst der Einsatzunternehmen weiter vorn. Die Mehrheit der Firmen beziehen IT-Freelancer und -Freelancerinnen jedoch über Instanzen wie Portale oder Personaldienstleister.
Der direkte Auftrag liegt in der Gunst der Einsatzunternehmen weiter vorn. Die Mehrheit der Firmen beziehen IT-Freelancer und -Freelancerinnen jedoch über Instanzen wie Portale oder Personaldienstleister.
Foto: Research Services

Stundensätze und Inflation

Angesichts der Stundensätze ist erkennbar, dass IT-Freelancer nach der Corona-Krise wieder Tritt gefasst haben. Kein Wunder bei der anhaltend hohen Nachfrage nach IT-Fachkräften - inzwischen ist die Zahl offener Stellen laut Bitkom auf 137.000 gestiegen (2019 waren es noch 82.000). Jedoch müssen die Folgen der Inflation einkalkuliert werden: Viele Freie konnten erst 2023 mit ihren Honorarforderungen auf die Preissteigerungen reagieren. Hier ist zu erwarten, dass der Durchschnittswert von 100 Euro pro Stunde tatsächlich geknackt wird.

Dies klingt zwar nach viel Geld - verglichen mit den Kosten für Rekrutierung, Unterhalt, Absicherung und Entertainment fester Beschäftigter relativiert sich die Zahl jedoch. Zudem sind da immer noch das Know-how, die Flexibilität sowie die Erfahrung in verschiedenen Umgebungen, mit denen viele Freie punkten können. Angesichts der hohen Nachfrage und des begrenzten Angebots ist klar: Es ist nicht die Zeit für finanzielle Kompromisse. Unternehmen, die auf die Preisbremse treten (müssen), werden es schwer haben, ihre IT-Aufgaben zu lösen.

Jetzt erhältlich: die Studie IT-Freelancing 2023
Jetzt erhältlich: die Studie IT-Freelancing 2023
Foto: stock.adobe.com/krerksak

Studie downloaden

Studiensteckbrief

Herausgeber: CIO, CSO und COMPUTERWOCHE

Studienpartner: Experis GmbH

Grundgesamtheit: (1) IT-Projektverantwortliche und Beteiligte an strategischen IT/TK-Entscheidungsprozessen aus Geschäftsführung und Vorstand sowie in leitender Funktion aus den Fachbereichen sowie entscheidungsbefugte Führungskräfte aus Einkaufsabteilungen in Einsatzunternehmen der DACH-Region.
(2) IT-Freelancerinnen und -Freelancer, externe IT-Fachkräfte

Teilnehmergenerierung: Persönliche E-Mail-Einladung über die exklusive Unternehmensdatenbank von CIO, CSO und COMPUTERWOCHE sowie - zur Erfüllung von Quotenvorgaben - über externe Online-Access-Panels

Gesamtstichprobe: 385 qualifizierte Interviews; Stichprobe 1: Einsatzunternehmen: 251 qualifizierte Interviews; Stichprobe 2: Externe IT-Fachkräfte: 134 qualifizierte Interviews

Untersuchungszeitraum: 8. bis 15. Februar 2023

Methode: Online-Umfrage (CAWI)

Fragebogenentwicklung und Durchführung: Custom Research Team von CIO, CSO und COMPUTERWOCHE in Abstimmung mit den Studienpartnern