Generalist oder Spezialist?

Fachwissen allein reicht für IT-Karriere nicht

11.03.2011
Von Elisabeth Heinemann

Wie werde ich ein T-Shaped Professional?

Ein T-Shaped Professional benötigt eine Aus- und Weiterbildung, die in die Breite und in die Tiefe geht. Welche Fächer hierbei die Breite darstellen und welche in die Tiefe gehend vermittelt werden sollten, hängt von der Schwerpunktsetzung des Einzelnen ab. Hierfür ein Beispiel: Ein Unternehmen sucht einen Experten für Workflow-Management: Der ideale Bewerber braucht also Tiefenwissen darüber, wie man mit der IT Arbeitsprozesse so gestalten kann, dass diese zum Beispiel schneller, kundenorientierter oder fehlerresistenter sind. Zudem sollte er ein Verständnis (Breitenwissen) für die Spezifika der jeweiligen Branche und die heutigen Organisationsstrukturen von Unternehmen haben. Denn erst dieses Breitenwissen ermöglicht es ihm, sein Spezialwissen effizient und effektiv einzusetzen. Das erhöht auch den Wert seiner Arbeitskraft. Denn das Breitenwissen macht aus Unternehmenssicht sein Kompetenzprofil "rund". Das haben inzwischen auch viele Hochschulen erkannt, weshalb sie neben dem Klassiker Wirtschaftsinformatik zunehmend auch Hybrid-Studiengänge wie "Versicherungs-Informatik" oder"Mechatronik" anbieten.

Darin spiegelt sich die Erkenntnis wider: Den ITler gibt es heute nicht mehr. Denn die IT-Welt hat sich so ausdifferenziert, dass sie eine Art Paralleluniversum zum Rest der Welt darstellt. Entsprechend vielfältig sind die Berufsbilder im IT-Bereich und entsprechend unterschiedlich sind die an ITl-Profis gestellten Anforderungen. Allen IT-Profilen ist jedoch gemeinsam: Eine Spezialisierung ohne flankierende Interdisziplinarität schafft auf Dauer weder Befriedigung noch lässt sich auf ihr eine solide berufliche Perspektive aufbauen. Hierfür vollziehen sich die Technologiesprünge im IT-Bereich zu schnell.

Doch wie können Sie ein T-Shaped Professional werden? Stellen Sie sich folgende Fragen:

  1. Was ist die Säule meines "T", also in welcher IT-Disziplin bin ich Experte?

  2. Welchen Querbalken, also welches interdisziplinäre Wissen und Können benötige ich, um diese Fachkompetenz noch wirkungsvoller einzusetzen?

Notieren Sie die Antworten auf einem Blatt Papier. Markieren Sie dann von den bei Frage 2 aufgelisteten Kompetenzen die, die bei Ihnen verbesserungsbedürftig sind. Schon haben Sie den ersten Schritt in Richtung T-Shaping getan - zumindest wenn Sie morgen damit anfangen, in den markierten Bereichen Expertise zu erwerben. Wer sich interdisziplinäres Wissen aneignen möchte, sollte berücksichtigen: Es gibt nicht den einen universellen Querbalken für jedes mögliche T. Der passende Querbalken sprich das passende Breitenwissen ergibt sich aus dem aktuellen und (angestrebten) künftigen Tätigkeitsfeld. Wählen Sie also aus den vielen Qualifizierungsmöglichkeiten, diejenigen aus, die Ihnen den größten Nutzen bieten.

Die Praxis zeigt: Viele IT-Profis messen dem Fach- und Faktenwissen eine sehr hohe Bedeutung bei. Sie unterschätzen, wie wichtig Soft Skills wie Kommunikations- und Teamfähigkeit für ihren beruflichen Erfolg sind. Auch die Bedeutung des Wissens über Geschäftsprozesse und Organisationsstrukturen wird oft unterschätzt; ebenso die Bedeutung eines fundierten Projekt-Management-Know-hows. Und noch ein Aspekt fällt häufig "hinten runter": die Branchenkenntnis und Felderfahrung. Dabei erwächst hieraus meist erst das Gespür dafür, was in bestimmten Anwendungsgebieten gebraucht wird und was nicht. Denn nicht alles, was technisch machbar ist, wird von den Anwendern auch tatsächlich immer gebraucht.

Elisabeth Heinemann hat am Fachbereich Informatik der Fachhochschule Worms einen Lehrstuhl für Schlüsselqualifikationen inne. Die Wirtschaftsinformatikerin hat einen Karriereratgeber "Jenseits der Programmierung: Mit T-Shaping erfolgreich in die IT-Karriere starten" geschrieben.

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