Weclapp gehört künftig zum niederländischen Konkurrenten Exact Group. Die Beteiligungsholding 3U hat ihren Mehrheitsanteil am deutschen Cloud-ERP-Anbieter verkauft. Hinter Exact stehen mit Kohlberg Kravis Roberts & Co. (KKR) und Silver Lake Partners zwei große Investorengruppen. 3U hatte 71 Prozent an Weclapp gehalten. Insgesamt wird der Softwarehersteller im Zuge des Deals mit 227 Millionen Euro bewertet. Die Verkäufer von 3U freuen sich über eine angeblich "erhebliche Wertsteigerung".
Weclapp wurde 2008 als Tochterunternehmen der 3U Holding aus Marburg gegründet. Seit 2013 bietet der in Frankfurt am Main ansässige Softwarehersteller ein ERP-System aus der Cloud an. Adressiert werden in erster Linie kleine und mittelständische Unternehmen. Firmenangaben zufolge nutzen mehr als 7000 Kunden Lösungen aus dem Hause Weclapp. Zu dessen Portfolio zählen auch die Softwareangebote der 2021 übernommenen Anbieter ITScope und FinanzGeek. Das angestammte Cloud-ERP nutzen etwa 4000 Anwenderunternehmen. 2021 erwirtschaftete Weclapp einen Umsatz von knapp 12 Millionen Euro. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) lag bei 1,9 Millionen Euro.
Cloud-ERP: Digitale Transformation als Motor
Die im niederländischen Delft beheimatete Exact Group offeriert verschiedene ERP-Softwarelösungen für kleinere und mittelgroße Betriebe. Ihr Cloud-basiertes System für Kleinbetriebe nutzen laut Unternehmensangaben etwa 550.000 Kunden. Die etwa 16.000 mittelständischen Kunden können zwischen einer Cloud- oder On-premises-Lösung wählen. Schwerpunkt des Softwareherstellers liegt in den Benelux-Staaten. Mit der Übernahme von Weclapp schaffen sich die Niederländer ein ERP-Standbein in der DACH-Region.
Exact-CEO Paul Ramakers hatte erst im Juni dieses Jahres in einem Interview mit der niederländischen Zeitung De Telegraaf bekräftigt, verstärkt regionale Märkte adressieren und dafür Akquisitionen in verschiedenen Ländern tätigen zu wollen. Ramakers Ziele sind ambitioniert. Er kündigte an, den Umsatz des Softwareherstellers ausgehend von den Einnahmen des Jahres 2019 bis 2024 verdoppeln zu wollen. Ramakers hatte 2020 Phill Robinson als CEO der Exact Group abgelöst, der an Parkinson erkrankt war.
Exact plant weitere Akquisitionen
"Exact wird weitere M&A-Maßnahmen in der Region anstreben, um die Konsolidierung und den Übergang zur Cloud voranzutreiben", hieß es in einer Mitteilung zur Übernahme von Weclapp. Die dafür notwendigen Mittel kommen von finanzkräftigen Investoren. 2019 hatte KKR die Exact Group übernommen. 2021 stiegen zusätzlich die Investoren von Silver Lake Partners mit einer Minderheitsbeteiligung mit ein.
Viele deutsche ERP-Anbieter stehen mittlerweile unter der Kontrolle von Investorengruppen. 2017 war die Intermediate Capital Group (ICG) bei Proalpha eingestiegen. Der IT-Anbieter Aptean mit Vista Equity Partners, TA Associates und Vista Equity Partners im Rücken hatte Anfang Dezember 2020 die Modula GmbH übernommen. Dazu gehörten die vier mittelständischen Softwarehersteller cimdata Software, Logis, Oxaion und Syncos, die ihre Angebote rund um ERP, Manufacturing Execution Systems (MES) und Computer-aided Quality (CAQ) zuvor unter der Dachmarke Modula zusammengeführt hatten.
Die ERP-Anbieter Abas und Myfactory gehören inzwischen zur Partners Group. Die Investoren hatten den Dachkonzern Forterro Anfang März für eine Milliarde Euro von Battery Ventures übernommen. Erst im Dezember 2021 hatten sich die Investoren Myfactory geschnappt. Abas gehört bereits seit 2019 zu Forterro.
Auch Forterro will sein ERP-Angebot stärker an lokalen Märkten ausrichten. Die Organisationsstruktur zur Betreuung seiner elf lokalen ERP-Anbieter in Europa werde künftig regional ausgerichtet sein, gab der Anbieter vor etwa einem Jahr bekannt. "Unter dem Dach unseres Unternehmens führen wir spezialisierte ERP-Produkte, für die Teams in den einzelnen Ländern verantwortlich zeichnen, die die lokalen Rahmenbedingungen kennen und nah am Kunden sind", kommentierte Forterro-CEO Dean Forbes die Neuorganisation. Damit bleibe man dem Grundsatz treu, dass jede Marke lokal sei. Gleichzeitig könne jede Region die Ressourcen und Gestaltungsmöglichkeiten der Forterro-Organisation als Ganzes nutzen und so schneller wachsen.