Neuer Datenschutz in der Praxis

EU-DSGVO - Unternehmen müssen sich jetzt vorbereiten

14.07.2017
Von  und
Senior Consultant IT-Security, Konica Minolta IT Solutions GmbH
Horst Speichert ist seit mehr als 20 Jahren als Rechtsanwalt spezialisiert auf IT-Recht, Datenschutz und Lizenzrecht. Zudem ist der Autor Lehrbeauftragter für Informationsrecht und internationales Vertragsrecht an der Universität Stuttgart und verfügt über langjährige Erfahrung als Referent, Seminarleiter und externer Datenschutzbeauftragter.

Zu treffende Maßnahmen

Die Anzahl und Komplexität der einzuführenden Maßnahmen sollte dabei nicht unterschätzt werden. Zum Beispiel erfordert die neue Regelung die Nutzung von Sicherheitsmaßnahmen nach dem Stand der Technik. Dazu gehören etwa belastbare Abwehrmechanismen gegen größere DDoS-Attacken, Antiviren- und Antimalware-Software sowie strenge Identifizierungs- und Authentifizierungsmechanismen. Eine Next-Generation Firewall entspricht beispielsweise dem Stand der Technik. Dies bedeutet, dass eine IP-Table-Firewall, die nicht mehr zeitgemäß ist, aufgrund konkreter gesetzlicher Anforderungen ausgetauscht werden muss. In welchen Bereichen Maßnahmen nötig und sinnvoll sind, sollte zudem eine Schutzbedarfsanalyse zeigen. Die EU-DSGVO erfordert hier zwar ein höheres Anforderungsprofil an das Risikomanagement, jedoch können Unternehmen dann auch die Effizienz ihrer Schutzmaßnahmen erhöhen. Zudem erhalten sie damit den Vorteil, dass sie bisherige Redundanzen oder unnötige Maßnahmen und Lizenzen einsparen können.

Ein weiterer positiver Aspekt der EU-DSGVO ist die Möglichkeit auf etablierte Vorgehensweisen zurückzugreifen. Wer zum Beispiel bereits ein funktionierendes, ständig aktualisiertes Informationssicherheits-Managementsystem (ISMS) nach ISO 27001 einsetzt, hat die halbe Arbeit schon erledigt. Er muss hier lediglich den Anwendungsbereich erweitern und gemäß der Regelung erforderliche Prozesse für den Datenschutz und die rechtlichen Prüfungen ergänzen. Dies funktioniert relativ einfach, wenn die bisherigen Prozesse in der Praxis gut umgesetzt werden.

Trotzdem müssen die Unternehmen auch dann den Ist-Status ermitteln, gemeinsam mit den Fachbereichen die Prozesse prüfen, die erledigten und noch zu erledigenden Aufgaben auflisten und eine Prioritätenliste erstellen. Dabei können sie auch externe Berater einbinden, welche die genutzten Verfahren, Daten und IT-Systeme analysieren sowie rechtlich prüfen, ob sie erlaubt und zweckgebunden sind. Dazu gehören neben Auftragsdatenverarbeitung auch Einwilligungen von Kunden, Risikomanagement, Dokumentationen, Betriebsvereinbarungen sowie IT-Sicherheits- und Datenschutzrichtlinien. Anschließend werden die durchzuführenden Aufgaben aufgezeigt und priorisiert, die zur technischen und rechtlichen Absicherung nötig sind.

Auf weitere Änderungen vorbereiten

Unternehmen sollten sich schon von Anfang an darauf vorbereiten, dass sich die Rechtsprechung ständig weiterentwickelt. So sind nach dem 18. Mai 2018 diverse Gerichtsurteile zu erwarten, welche die Auslegung der EU-DSGVO stärker präzisieren. Diese werden von Verwaltungsgerichten und dem Europäischen Gerichtshof erlassen. Es ist auch nicht auszuschließen, dass die EU selbst die Datenschutz-Grundverordnung immer wieder aktualisiert und neuen Entwicklungen anpasst. Auch aufgrund vieler offener Fragen und gewisser Lücken im aktuellen Text sollten sich Unternehmen auf einen dauerhaften Prozess einstellen.

Für deutsche Firmen ist dabei besonders wichtig, dass die EU-Verordnung mit dem neuen Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) verzahnt ist. In dessen Geltungsbereich bleiben zum Beispiel die Themen Arbeitnehmerdatenschutz oder eine stark ausgeweitete Videoüberwachung, auch am Arbeitsplatz. Auch bisherige Regelungen wie die Bestellpflichten für den Datenschutzbeauftragten bleiben bestehen. Auch wenn viele Experten die EU-Verordnung aufgrund ihrer zahlreichen Öffnungsklauseln eher für eine Richtlinie halten, müssen sie Unternehmen wegen der möglichen hohen Strafen befolgen.

Jetzt starten

Aufgrund der zahlreichen Herausforderungen und zu bearbeitenden Themen sollten Unternehmen schon jetzt mit dem Projekt "EU-DSGVO Compliance" starten. Dabei sind die bestehenden Prozesse zu prüfen, um sie zu erweitern oder nach Möglichkeit auch zu vereinfachen. Zum Beispiel lässt sich jetzt ein ausreichender Passwortschutz über Single-SignOn und Zwei-Faktor-Authentifizierung realisieren. So müssen sich die Mitarbeiter nicht mehr verschiedene komplexe Passwörter merken, wodurch sich gleichzeitig ihre Zufriedenheit und die Sicherheit für das Unternehmen erhöhen. Werden die Vorgaben der EU-DSGVO konsequent und nachweisbar eingehalten, lässt sich dies auch für Marketing und Vertrieb nutzen. Denn selbst die Kunden von kleinen Handwerksbetrieben möchten heute sicher sein, dass sich ihre persönlichen Daten in guten Händen befinden. So eröffnet die neue EU-Regelung auch neue Geschäftsmöglichkeiten.