Blockchains haben keinen zentralen Gatekeeper wie eine Bank, um Transaktionen zu überprüfen. Stattdessen stützen sich sowohl Bitcoin als auch Ethereum, die beiden größten Kryptowährungen, auf einen Konsensmechanismus namens "Proof of Work", um ein zeitlich geordnetes Transaktionsbuch zu führen. Krypto-Miner sind das Herzstück dieses Prozesses.
Beim Proof of Work treten die Miner gegeneinander an, um ein schwieriges mathematisches Problem zu lösen. Jeder Miner, der das Problem zuerst löst, aktualisiert das Hauptbuch, indem er einen neuen Block an die Blockchain anhängt, und erhält im Gegenzug neu geprägte Coins. Dies erfordert allerdings eine enorme Menge an Rechenleistung und damit Strom. Laut Digiconomist verbraucht Ethereum 113 Terawattstunden pro Jahr - so viel Strom wie die Niederlande. Und eine einzige ETH-Transaktion frisst mehr Strom als ein durchschnittlicher US-Haushalt in einer Woche.
Dies rückt nicht zuletzt auch das boomende Geschäft mit Non-Fungible Tokens in ein schlechtes Licht, da Ethereum mit über 90 Prozent des Handelsvolumens die bevorzugte Plattform für den NFT-Handel darstellt. Hinzu kommt, dass der von Ethereum gewählte Mechanismus mit durchschnittlich 15 Transaktionen pro Sekunde global gesehen ziemlich langsam und nicht skalierbar ist, was die Transaktionsgebühren ("Gas fees") in die Höhe treibt.
Proof of Stake: 99 Prozent weniger Energieverbrauch
Mit der Umstellung des Konsensmechanismus von Proof of Work auf Proof of Stake will die Ethereum Foundation diesen Probleme auf die Pelle rücken. So soll Ethereum 2.0 die Gas fees drastisch reduzieren und die Probleme der Skalierbarkeit mit bis zu 100.000 Transaktionen pro Sekunde beheben. Und, aktuell vermutlich der wichtigste Aspekt: Der Energieverbrauch soll mit Proof of Stake um mehr als 99 Prozent sinken. Ein PoS-Ethereum verbraucht theoretisch "etwas in der Größenordnung von 2,62 Megawatt", schreiben die Betreiber in ihrem Blog. "Dies entspricht nicht der Größenordnung von Ländern, sondern der einer Kleinstadt (etwa 2.100 amerikanische Haushalte)".
So weit, so gut, allerdings ist die Umstellung des gesamten Netzwerks alles andere als trivial, weshalb der Launch von Ethereum 2.0 schon seit einer gefühlten Ewigkeit "sechs Monate entfernt ist". "Wir dachten, es würde ein Jahr dauern, um POS zu implementieren ... aber es hat tatsächlich sechs Jahre gedauert", erklärte Ethereum-Gründer Vitalik Buterin im Mai 2021 gegenüber Fortune. Grund sei, dass der Aufbau eines solchen Modells sehr komplex ist.
Ethereum: Proof of Stake vs. Proof of Work
Bei Proof of Stake werden die Miner durch "Validierer" ersetzt. Sie ordnen Transaktionen an und erstellen neue Blöcke, damit sich alle Nodes auf den Zustand des Netzwerks einigen können. Der große Unterschied: Die Validierer müssen keine großen Mengen an Rechenleistung aufwenden, da sie nach dem Zufallsprinzip ausgewählt werden und nicht miteinander im Wettbewerb stehen. Außerdem schürfen sie keine Blöcke, sondern erstellen oder validieren sie sogar nur.
Anstatt in energieintensive Computerfarmen zu investieren, müssen die - nach dem Zufallsprinzip ausgewählten - Validierer quasi als Pfand 32 ETH in einen Smart Contract deponieren. Anschließend erhalten sie Belohnungen für das Vorschlagen neuer Blöcke und für das Bestätigen von Blöcken, die sie gesehen haben. Wenn sie jedoch bösartige Blöcke bestätigen oder Absprachen treffen, verlieren sie ihren Einsatz.
Proof of Stake bringt damit eine Reihe von Verbesserungen gegenüber dem Proof-of-Work-System mit sich, darunter:
keine Energieverschwendung für das Mining von Blöcken
niedrigere technische Einstiegshürden
stärkere Dezentralisierung durch mehr Nodes im Netzwerk
Mit den sogenannten Shard Chains bringt Proof of Stake allerdings eine zusätzliche Komplexität mit sich. Dabei handelt es sich um separate Blockchains, die Validierer benötigen, um Transaktionen zu verarbeiten und neue Blöcke zu erstellen. Laut Ethereum sind insgesamt 64 Shard Chains geplant, von denen jede einen gemeinsamen Überblick über den Zustand des Netzwerks hat. Infolgedessen ist eine zusätzliche Koordination erforderlich, die von der Beacon Chain übernommen wird. Diese empfängt Zustandsinformationen von Shards und stellt sie anderen Shards zur Verfügung, so dass das Netz synchron bleibt. Die Beacon Chain verwaltet auch die Validierer von der Registrierung ihrer Einsätze bis zur Ausgabe ihrer Belohnungen und Strafen.
Laut Ethereum sollen Shard Chains irgendwann im Jahr 2023 erscheinen, je nachdem, wie schnell die Arbeit nach der Verknüpfung von Ethereum und Ethereum 2 voranschreitet. Diese Shards sorgen für eine noch stärkere Dezentralisierung und sollen Ethereum mehr Kapazität für das Speichern und den Zugriff auf Daten geben. Die Betreiber versprechen sogar, dass dank Sharding früher oder später Ethereum auch auf dem eigenen Laptop oder gar Smartphone nutzbar ist. Damit könnten dann mehr Menschen am Netzwerk partizipieren oder Clients in Ethereum mit Sharding zu betreiben, was die Netzwerksicherheit erhöht. Denn je dezentralisierter das Netzwerk ist, desto geringer sei dessen Angriffsfläche.
Ethereum 2.0: So funktioniert Proof of Stake
So funktioniert der Prozess:
Validierung
Wird eine Transaktion auf einem Shard eingereicht, ist ein Validierer dafür verantwortlich, diese zu einem Shard-Block hinzuzufügen. Die Validiereren werden von der Beacon Chain algorithmisch ausgewählt, um neue Blöcke vorzuschlagen.
Beglaubigung
Wird ein Validierer nicht selbst ausgewählt, einen neuen Shard-Block vorzuschlagen, muss er den Vorschlag eines anderen Validierers beglaubigen und bestätigen, dass alles in Ordnung ist. Diese Bestätigung wird in der Beacon Chain aufgezeichnet und nicht die Transaktion selbst. Insgesamt müssen dabei mindestens 128 Prüfer jeden Shard-Block beglaubigen. Das "Komitee" hat einen Zeitrahmen, innerhalb dessen es einen Shard-Block vorschlagen und validieren muss, den "Slot". Pro Slot wird nur ein gültiger Block erstellt und 32 Slots ergeben eine "Epoche". Nach jeder Epoche wird der Ausschuss aufgelöst und mit anderen, zufälligen Teilnehmern neu gebildet, um Missbrauch zu vermeiden.
Querverbindungen
Sobald ein neuer Shard-Blockvorschlag genügend Bestätigungen hat, wird ein "Crosslink" erstellt, der die Aufnahme des Blocks und Ihrer Transaktion in die Beacon Chain bestätigt. Sobald es einen Crosslink gibt, erhält der Validierer, der den Block vorgeschlagen hat, seine Belohnung.
Endgültigkeit
In verteilten Netzwerken gilt eine Transaktion als "endgültig", wenn sie Teil eines Blocks ist, der sich nicht mehr ändern kann. Um dies bei Proof-of-Stake zu erreichen, bringt das PoS-Protokoll Casper die Validierer dazu, sich an bestimmten Kontrollpunkten über den Zustand eines Blocks zu einigen. Solange zwei Drittel der Prüfer zustimmen, ist der Block abgeschlossen. Die Validierer verlieren ihren gesamten Einsatz, wenn sie versuchen, dies später durch einen 51-Prozent-Angriff rückgängig zu machen.
Klingt kompliziert? Ist es auch. Nichtsdestotrotz wird das Proof-of-Stake-System von Ethereum bereits auf einer Beacon Chain getestet, die am 1. Dezember 2020 gestartet wurde. Bislang wurden dort 9.500.000 ETH (Wert: zirka 37 Milliarden Dollar) eingesetzt. Der nächste - finale - Schritt ist nun, sie in den nächsten Monaten mit der Hauptkette von Ethereum zu verschmelzen.