Studie Hybrid Work & Collaboration 2023

Erst planen, dann machen

23.08.2023
Von 
Alexander Freimark wechselte 2009 von der Redaktion der Computerwoche in die Freiberuflichkeit. Er schreibt für Medien und Unternehmen, sein Auftragsschwerpunkt liegt im Corporate Publishing. Dabei stehen technologische Innovationen im Fokus, aber auch der Wandel von Organisationen, Märkten und Menschen.
Hybrid Work ist in Deutschland auf dem Vormarsch. Doch einfache Lösungen für moderne Arbeitsmodelle gibt es nicht - und ein Tool für virtuelle Meetings macht noch keine umfassende User Experience.
Hybrid Work - es ist komplex...
Hybrid Work - es ist komplex...
Foto: VectorMine - shutterstock.com

Auf der Suche nach einer Definition von Hybrid Work trifft man immer wieder auf zwei Extreme, von denen die öffentliche Diskussion maßgeblich geprägt wird: Home vs. Office. Hybrid bezeichnet die Grauzone dazwischen, und da jede Organisation und jede Rolle eigene Anforderungen an das Arbeitsumfeld stellt, ist die Situation kompliziert. "Finde einen Platz, wo Du Deine Arbeit am besten erledigen kannst, aber vereinbare Spielregeln, dass man sich an einigen Tagen im Büro treffen und reibungslos arbeiten kann", empfiehlt Henning Schäfer, Head of HWS & Peripherals EMEA CEE bei HP, als Definition. Lösungen von der Stange schließen sich für ihn aus.

Außer Frage steht inzwischen, dass sich Unternehmen mit der hybriden Arbeit ernsthaft auseinandersetzen. Laut einer aktuellen Studie der COMPUTERWOCHE sehen sich die meisten Organisationen weit fortgeschritten auf dem Weg, die überwiegende Mehrheit hat ein Konzept ausgearbeitet, das Engagement steigt, und die Budgets sollen kräftig wachsen: Immerhin 80,8 Prozent der Befragten wollen ihre hybriden Ausgaben (stark) steigern. Zudem gehen nur noch 1,3 Prozent davon aus, dass das Rad wieder zurückgedreht wird. Gegenüber der Studienausgabe des Jahres 2022 zeigen alle relevanten Werte klar in Richtung hybrid.

Choose your own Device!

Zu den Gewinnern des Jahres zählt laut Studie der Aufstieg von "Choose your own Device" (CYOD) an die Spitze der "Wunschliste", immerhin knapp die Hälfte der Befragten plädiert für die freie Wahl der digitalen Arbeitsgeräte - dies gilt auch für Führungskräfte. Wenn Mitarbeitende über die technische Ausstattung ihres Arbeitsalltags selbst entscheiden können, habe das neben der Zufriedenheit weitere Vorteile, erläutert Jens Reichardt, Business Development Executive beim IT-Dienstleister SPIRIT/21. "In der Regel kennen sie sich bereits mit diesen Geräten aus, wodurch lange Einarbeitungszeiten entfallen. Dadurch sind die Mitarbeitenden schneller produktiv, und es fallen weniger Support-Aufwände an." Zusätzlich fördere CYOD die Attraktivität als Arbeitgeber und die Mitarbeiterbindung, so Reichardt. Flexible Leasingmodelle von Herstellern oder spezialisierten Anbietern sowie "Device-as-a-service"-Angebote von Managed-Service-Providern würden einen einfachen Einstieg ermöglichen.

Jens Reichardt, Business Development Executive bei SPIRIT/21: „Das Thema Sicherheit ist eine große Herausforderung für Hybrid Work. Gerade in hybriden Umgebungen, in denen das CYOD-Konzept zunehmend an Bedeutung gewinnt, gilt es, das Spannungsfeld zwischen IT-Sicherheit und User Experience auszubalancieren. IT-Organisationen müssen es schaffen, engagierte und produktive Anwender sowie sichere Unternehmensdaten unter einen Hut zu bringen – ganz gleich, auf welchem Endgerät und unabhängig von Zeit, Ort sowie den verwendeten Netzwerken.“
Jens Reichardt, Business Development Executive bei SPIRIT/21: „Das Thema Sicherheit ist eine große Herausforderung für Hybrid Work. Gerade in hybriden Umgebungen, in denen das CYOD-Konzept zunehmend an Bedeutung gewinnt, gilt es, das Spannungsfeld zwischen IT-Sicherheit und User Experience auszubalancieren. IT-Organisationen müssen es schaffen, engagierte und produktive Anwender sowie sichere Unternehmensdaten unter einen Hut zu bringen – ganz gleich, auf welchem Endgerät und unabhängig von Zeit, Ort sowie den verwendeten Netzwerken.“
Foto: SPIRIT/21 GmbH

Gadgets mit der Gießkanne?

Was gar nicht funktioniert, sei die Strategie "One size fits all", berichtet HP-Manager Henning Schäfer: "Sie sollten Peripheriegeräte aus Gründen der Effizienz nicht wahllos unter den Mitarbeitenden verteilen." Headsets müssen Frauen oder Männern passen, Docking Stations sollten zur Verfügung stehen, einige wollen Kabel, andere drahtlos im Büro unterwegs sein, und wer braucht wirklich zwei riesige Monitore? "Der hybride Arbeitsplatz an sich ist heterogen", argumentiert Schäfer.

Henning Schäfer, Head of HWS & Peripherals EMEA CEE bei HP: „Wer Gedanken in ein echtes Konzept investiert und differenziert vorgeht, ist letztlich effizienter. Dies umfasst auch die Aufgabe, die notwendigen Prozesse zu definieren und eine Service-Organisation für die Geräte aufzubauen. Wenn man das Thema Hybrid Work umfassend angeht, kann man die Kosten besser steuern. Gebe ich allen die gleichen Geräte, werden viele nicht genutzt.“
Henning Schäfer, Head of HWS & Peripherals EMEA CEE bei HP: „Wer Gedanken in ein echtes Konzept investiert und differenziert vorgeht, ist letztlich effizienter. Dies umfasst auch die Aufgabe, die notwendigen Prozesse zu definieren und eine Service-Organisation für die Geräte aufzubauen. Wenn man das Thema Hybrid Work umfassend angeht, kann man die Kosten besser steuern. Gebe ich allen die gleichen Geräte, werden viele nicht genutzt.“
Foto: Erik Mosoni Photography / HP Deutschland GmbH

Dies sollte auch Themen wie die Fluktuation oder die begleitenden Services zu den Geräten beinhalten. "Früher im Büro konnte ich den Servicedesk angerufen, wenn es ein Problem gab. Jetzt arbeite ich aber 300 Kilometer weit weg." Hier sei es laut Schäfer nötig, Prozesse zu definieren und eine Service-Organisation aufzubauen. Um die Entscheidungen zu erleichtern, hat HP verschiedene Personas von Mitarbeitenden entwickelt. Sie bilden unterschiedliche Rollen und Aufgaben ab, mit eigenen Anforderungen und Präferenzen. "Wenn man das Thema Hybrid Work umfassend angeht, kann man die Kosten besser steuern", sagt Schäfer. "Gebe ich allen die gleichen Geräte, werden viele nicht genutzt."

IT-Infrastruktur als Sorgenkind?

Kritik gab es in der COMPUTERWOCHE-Studie vor allem an der IT-Infrastruktur, die für viele Probleme herhalten musste. "Da es auch im Backend in der Regel keinen 'One size fits all'-Ansatz gibt und sich die technische Basis sehr schnell weiterentwickelt, liegt die Herausforderung heute in der Orchestrierung der vielen verschiedenen Services und Lösungen", erläutert Jens Reichardt vom IT-Dienstleister SPIRIT/21 das Problem. Um mit den veränderten Rahmenbedingungen Schritt halten zu können, müssen Unternehmen ihre IT-Abteilungen kontinuierlich anpassen - sowohl organisatorisch als auch strukturell.

Kein Wunder, dass 71 Prozent der in der Studie befragten Unternehmen bereits mit Partnern zusammenarbeiten oder nach externen Dienstleistern suchen. Nicht einmal jede 20. Firma plant, das Thema Hybrid Work aus eigener Kraft anzugehen. Laut Reichardt ist es eine komplexe Aufgabe, hybride Arbeitsmodelle erfolgreich einzuführen - zudem erfordert der Schritt Spezialwissen in vielerlei Hinsicht. Und die Konzentration auf technische Belange greife zu kurz: "Ebenso wichtig ist es, organisatorische und kulturelle Voraussetzungen zu schaffen und zu überlegen, wie das Thema Kommunikation und Zusammenarbeit in hybriden Modellen unterstützt werden kann." Bei der Einführung helfe deshalb oft der Blick von außen, das externe Know-how sowie externe Ressourcen für die Umsetzung.

Mehr als 70 Prozent der Unternehmen arbeiten bereits mit Partnern zusammen oder suchen Dienstleister.
Mehr als 70 Prozent der Unternehmen arbeiten bereits mit Partnern zusammen oder suchen Dienstleister.
Foto: Research Services: Christine Plote

Hybride Meetings erfordern Professionalität

Die Herausforderungen zeigen sich auch im Kleinen, etwa in einem hybriden Meeting aus drei Homeoffices und fünf Menschen im Konferenzraum. "Wenn sie remote sitzen und die Gläser werden auf dem Tisch verschoben oder die Leute sprechen nicht ins Mikro, dann können sie das Meeting vergessen." HP-Manager Schäfer fordert daher, dass alle Teilnehmer auf Augenhöhe konferieren müssen, ob im oder außerhalb des Raums. "Bilder, Ton, Dokumente - alle müssen die gleichen Möglichkeiten haben. Das erst ist für mich Hybrid Work." Technische und organisatorische Versäumnisse würden inzwischen unprofessionell wirken.

Allerdings würden vielen Unternehmen noch Informationen fehlen, welche AV-Technologie sie am besten unterstützen kann, laut Schäfer ist heute weltweit nur ein Zehntel der Meeting-Räume mit Video ausgestattet. "In der Regel sehen sie als Teilnehmer einen großen Raum mit Leuten, die dort sitzen. Ich will aber deren Gesichter sehen." Diese Lücke ließe sich jedoch technisch gut füllen, dafür gäbe es einen Markt. Dies gelte auch bei der Einführung hybrider Arbeitsmodelle für die "deskless" Arbeitenden in der Produktion oder der Logistik, ergänzt Jens Reichardt von SPIRIT/21. "Unsere Erfahrungen zeigen, dass diese Mitarbeitenden oft nicht in ausreichendem Maß berücksichtigt werden. Hier steckt noch viel Potenzial."

IT-Security bleibt eine große Herausforderung

Gerade in hybriden Umgebungen, in denen das CYOD-Konzept zunehmend an Bedeutung gewinnt, gilt es, das Spannungsfeld zwischen IT-Sicherheit und User Experience auszubalancieren: "IT-Organisationen müssen es schaffen, engagierte und produktive Anwender sowie sichere Unternehmensdaten unter einen Hut zu bringen", fordert Reichardt. Das heißt, einerseits die Produktivität der Mitarbeitenden zu fördern und andererseits der IT zu ermöglichen, Unternehmensdaten abzusichern und die Privatsphäre der Anwender zu schützen - ganz gleich, auf welchem Endgerät und unabhängig von Zeit, Ort sowie den verwendeten Netzwerken.

Für den Business Development Manager von SPIRIT/21 ist es nicht überraschend, dass in der hybriden Arbeitswelt mit ihrem hohen Cloud-Anteil moderne Security-Konzepte wie Zero Trust immer stärker an Bedeutung gewinnen. Dahinter steckt das Prinzip, dass grundsätzlich nichts als sicher angesehen und niemandem vertraut wird, also weder dem Benutzer und seinen Passwörtern noch der eingesetzten Hard- und Software. "In flexiblen Arbeitsszenarien muss gewährleistet werden, dass nur registrierte, verifizierte Geräte - sowohl firmeneigen als auch Bring-Your-Own - auf Geschäftsanwendungen zugreifen können", sagt Reichardt. So ließen sich moderne Arbeitsplätze schützen, ohne die gewohnten Workflows zu beeinflussen.

Die Zukunft ist hybrid

Hierarchien, Führungsverhalten, persönliche Kompetenzen, Prozesse, Geräte und Applikationen - Hybrid Work ist kein Sprint, bilanziert HP-Manager Henning Schäfer. "Aber in den nächsten zehn Jahren wird es zur Normalität werden, weil Menschen flexibel und auf Augenhöhe arbeiten wollen." Für ihn sei es "reine PR", wenn Menschen wie Elon Musk das Rad zurückdrehen wollen. "Wenn sie Montagmorgen in Hamburg über die Elbbrücken fahren wollen, wissen sie, warum wir ein hybrides Arbeitskonzept brauchen." Überfüllte Straßen, Zeitdruck, CO2-Grenzwerte - Hybrid Work sei ein Mittel, die Probleme zumindest zu reduzieren. "Wenn ich die Ergebnisse der Studie sehe", so Schäfer, "freut mich die Entwicklung".

Jetzt im Shop: die Studie "Hybrid Work & Collaboration 2023".
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Foto: Research Services: Christine Plote

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Studiensteckbrief

Herausgeber: CIO, CSO und COMPUTERWOCHE

Studienpartner: Poly I HP Plantronics Services GmbH (Gold) ; SPIRIT/21 GmbH (Gold)

Grundgesamtheit: Oberste (IT-)Verantwortliche in Unternehmen der DACH-Region: Beteiligte an strategischen (IT-)Entscheidungsprozessen im C-Level-Bereich und in den Fachbereichen (LoBs); Entscheidungsbefugte sowie Experten und Expertinnen aus dem IT-Bereich

Teilnehmergenerierung: Persönliche E-Mail-Einladung über die Entscheiderdatenbank von CIO, CSO und COMPUTERWOCHE sowie - zur Erfüllung von Quotenvorgaben - über externe Online-Access-Panels

Gesamtstichprobe: 344 abgeschlossene und qualifizierte Interviews

Untersuchungszeitraum: 03. bis 10. Mai 2023

Methode: Online-Umfrage (CAWI) Fragebogenentwicklung & Durchführung: Custom Research Team von CIO, CSO und Computerwoche in Abstimmung mit den Studienpartnern