Der Nachrichtendienst Reuters will aus Cisco-internen Quellen erfahren haben, dass bei dem Konzern eine zweite Entlassungsrunde ansteht. Die Anzahl der betroffenen Personen könnte ähnlich hoch oder noch höher sein als im Februar. Damals hatte Cisco, wie berichtet, angekündigt, über 4.000 Mitarbeiter entlassen zu wollen.
Diesbezüglich konkrete Zahlen wird es voraussichtlich Mitte der Woche geben, wenn Cisco sein Quartalsergebnis veröffentlicht. Dabei wird erwartet, dass der Konzern weiter mit einer schleppenden Nachfrage in seinem Kerngeschäft zu kämpfen hat. Zudem verliere das Unternehmen Marktanteile an Konkurrenten wie Arista Networks.
Cisco muss sich diversifizieren
Deshalb müsse sich Cisco diversifizieren, um die Abhängigkeit von einmaligen Hardwareverkäufen zu reduzieren, indem das Abogeschäft gestärkt wird. Ein zweiter Aspekt für die erneuten Stellenstreichungen könnte sein, dass der Netzwerkausrüster sein Fokus auf wachstumsstärkere Bereiche wie Cybersicherheit und künstliche Intelligenz (KI) verlagert. Hier hatte der Konzern erst im März die 28 Milliarden Dollar teure Übernahme der Cybersecurity-Firma Splunk vollzogen.
Ein Erklärungsversuch, den jedoch nicht alle Branchenexperten teilen, wie unsere Schwesterpublikation Networkworld berichtet. So bezweifelt etwa Scott Bickley, Leiter der Beratungspraxis bei der Info-Tech Research Group, dass die laue Nachfrage und die Investitionen in Cybersicherheit sowie KI wirklich der Hauptgrund für die Kürzungen sind. "Cisco ist bestenfalls ein zweitklassiger Akteur im Bereich der Cybersicherheit, und sie haben bereits einen KI-Plan, um Hyperscaler-Infrastrukturen zu unterstützen. Warum also jetzt die Kürzungen?"
Überschneidungen nach Splunk-Übernahme
Die Antwort gibt Bickley gleich selbst: "Die Übernahme von Splunk spielt wahrscheinlich eine Rolle, da sie versuchen, dieses Unternehmen zu integrieren. Es gibt wahrscheinlich Überschneidungen bei den Führungskräften und den Vertriebsteams, die rationalisiert werden müssen. Außerdem wird die Integration von Splunk in die Cisco-Kernprodukte mit erheblichen Kosten verbunden sein. Dies muss finanziert werden."
Des Weiteren sieht er in den Stellenstreichungen einen unglücklichen Versuch, die Rentabilität zu erhöhen. Seine Vermutung: Cisco wolle jetzt alle schlechten Nachrichten auf einmal veröffentlichen, um ein weiteres schlechtes Quartal zu vermeiden.
Mit seinen Entlassungsplänen ist Cisco nicht allein. Erst kürzlich wurde darüber spekuliert, dass Dell etwa 12.500 Jobs streicht. Glaubt man der Website Layoffs.fyi, so wurden seit Jahresbeginn in 397 Technologieunternehmen über 130.000 Mitarbeiter entlassen. Und erst Anfang August hatte Chiphersteller Intel angekündigt, mehr als 15 Prozent seiner Belegschaft, etwa 17.500 Mitarbeiter, zu entlassen, um sein defizitäres Fertigungsgeschäft zu sanieren.