Nutanix-CEO im Interview

"Geht ein Workload direkt in die Public Cloud, ist er für uns verloren"

09.02.2022
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Manfred Bremmer beschäftigt sich mit (fast) allem, was in die Bereiche Mobile Computing und Communications hineinfällt. Bevorzugt nimmt er dabei mobile Lösungen, Betriebssysteme, Apps und Endgeräte unter die Lupe und überprüft sie auf ihre Business-Tauglichkeit. Bremmer interessiert sich für Gadgets aller Art und testet diese auch.
Für den Anbieter von hyperkonvergenten Infrastrukturlösungen Nutanix ist die Public Cloud Chance und Risiko zugleich. Im Computerwoche-Gespräch erklärt Nutanix-CEO Rajiv Ramaswami, wie er auf die Herausforderungen reagiert.
Nutanix CEO Rajiv Ramaswami will Unternehmen auf dem Weg in die Multi-Cloud-Welt unterstützen.
Nutanix CEO Rajiv Ramaswami will Unternehmen auf dem Weg in die Multi-Cloud-Welt unterstützen.
Foto: Nutanix

Herr Ramaswami, der Fokus von Nutanix liegt immer noch stark auf dem lokalen Rechenzentrum. Diese werden zwar von Unternehmen immer noch genutzt, vieles geht aber inzwischen auch in die Cloud. Wie wirkt sich das in Zukunft auf Ihr Geschäft aus?

Rajiv Ramaswami: Wir haben mit der Modernisierung dieser lokalen Rechenzentren, wie Sie sie nennen, begonnen; sprich weg von 3-Tier-Legacy-Architekturen hin zu modernen softwaredefinierten Architekturen und Hyper Converged Infrastructure (HCI). Heute bewegen sich viele unserer Kunden in einer hybriden Multi-Cloud-Welt. Das heißt, sie lassen Anwendungen und Daten überall laufen, in der Public Cloud oder besser in mehreren Public Clouds, aber auch weiter in ihren Rechenzentren. Sie betrachten die Cloud als ein Betriebsmodell, in dem sie Ressourcen auf softwaredefinierte Weise nutzen können. Die Entscheidung, wo eine Anwendung läuft, basiert dabei auf Basis von Faktoren wie Kosten, Sicherheit oder die Verfügbarkeit bestimmter Cloud-Dienste.

"Die Mischung wird sich ändern"

Und wie sieht das konkret aus?

Ramaswami: Für uns stellt die Cloud eine natürliche Erweiterung unserer Tätigkeit dar. Mit HCI haben wir die Silos Server, Storage und Netzwerk innerhalb des Rechenzentrums aufgebrochen. Die Kunden müssen nicht für jede dieser Komponenten separate Hardware kaufen, sondern können mit unserem Software Defined Stack all diese Komponenten integrieren und so auf einfache Weise erhebliche Vorteile erzielen. Mit der Public Cloud verhält es sich ähnlich, auch hier können wir dazu beitragen, die Silos aufzulösen. So haben wir heute eine sehr einfache Erweiterung unserer Plattform, die auf AWS Bare Metal und Azure Bare Metal läuft. Sie bekommen eine Lizenz und einen Stack von uns und können ihn On-Premises, in AWS oder Microsoft Azure einsetzen. Das Ganze erfolgt nahtlos und wir helfen dabei, alles als eine Einheit zu verwalten, mit der Cloud als weiterem Betriebsmodell.

Hinzu kommt, dass die Verwaltung ein einziges Team übernehmen kann, das nicht für jede dieser Clouds neu geschult werden muss. Gleichzeitig haben sie als Kunde die Flexibilität, alles zu nutzen, auch spezifische Services aus Ihren Clouds. Das heißt also, die Mischung wird sich ändern. Es wird zwar mehr Cloud-Nutzung geben, aber die Lösungen sind auch in Zukunft gleich oder zumindest ähnlich.

Apropos Verwaltung: Was sind Ihrer Meinung nach die Hauptprobleme beim Datenmanagement, mit denen Anwender zu kämpfen haben, und wie kann man sie lösen?

Ramaswami: Ich habe ja bereits angesprochen, dass Apps inzwischen überall laufen und damit auch die verbundenen Daten zunehmend überall sind. Wir bei Nutanix haben eine lange Erfahrung mit verteilten Systemen, Distributed Software-defined Storage ist quasi unser Ursprung, von dem aus wir expandierten.

Wenn Sie sich also die Probleme der Datenverwaltung ansehen, sind die wichtigsten Punkte der Datenschutz, die Datensicherheit und die Datenverwaltung selbst: Wenn Daten verteilt werden, brauchen Unternehmen konsistente Mechanismen dafür, wie sie ihre Daten schützen, wie sie Disaster Recovery betreiben, Backups machen und ihre Daten zum Beispiel gegen Ransomware absichern. Hier spielen Themen wie Data Governance eine Rolle, also die Sichtbarkeit und Kontrolle über die Datenhoheit. Oder das Verständnis über die Kosten für die Speicherung von Daten an verschiedenen Orten. Bei Nutanix haben wir eine ganze Reihe von Möglichkeiten, um all diese Themen rund um Datenmobilität, Datensicherheit und Data Governance in einer Multi-Cloud-Umgebung zu behandeln.

Aber das sind sicher nicht die einzigen Herausforderungen?

Ramaswami: Ein weiterer Aspekt sind die Anforderungen, um diese Anwendungen auszuführen. Native Cloud-Anwendungen und Cloud-Datendienste brauchen eine Reihe von Funktionen für die Verwaltung von Daten, einschließlich Dateien, Objekten und Datenbanken. Und die Verwaltung all dieser Daten über alle Ebenen hinweg. Heute ist jedes dieser Elemente separat. Wir haben aber eine konsistente, einheitliche Plattform geschaffen, über die sie Dateien und Objekte nutzen können. Wir bieten außerdem Analysen an, mit deren Hilfe sie ihren Verbrauch steuern können.

Der dritte Teil dreht sich um Datenbanken. Auch hier haben wir ein entsprechendes Angebot. Es ist jetzt größtenteils noch On-Premises, aber wir machen daraus ein Multi-Cloud-Datenbankangebot. Im Mittelpunkt stehen dabei die Bereitstellung, das Patchen und der Schutz von Datenbanken. Dinge, die heute noch sehr komplex und aufwändig sind. Unsere Vision in Hinblick auf Datenbanken als Service ist, dies als konsistentes Angebot über mehrere Public Clouds hinweg bereitzustellen.

Technologisch versiert, aber konservativ

Deutsche Unternehmen gelten ja nach wie vor als etwas vorsichtig, gerade auch was die Public Cloud angeht. Wo sehen Sie die deutschen Kunden im weltweiten Vergleich?

Ramaswami: Was ich bei deutschen Kunden immer wieder feststelle, ist, dass sie methodisch vorgehen, langfristig denken und bei allem, was sie tun, sehr, sehr systematisch vorgehen. Das gilt auch für die Cloud: Ich denke aber, die meisten Kunden in Deutschland, mit denen ich gesprochen habe, sehen die Cloud als ein logisches Betriebsmodell.

Die meisten Kunden in Deutschland haben On-Premises-Rechenzentren, die sie modernisieren wollen. Sie wollen ein Cloud-ähnliches Betriebsmodell in diesen Rechenzentren schaffen und Infrastruktur als Service für verschiedene Abteilungen anbieten. Gleichzeitig wollen sie auch in die Public Cloud. In gewisser Weise denke ich, dass die Bereitschaft, im Laufe der Zeit in die Public Cloud zu wechseln und sie zu nutzen, in Deutschland sogar höher ist als in anderen europäischen Ländern.

Es gibt dazu Statistiken, aber was auch so klar ist: Beides sind inzwischen etablierte Trends, und ich sehe das bei fast jedem deutschen Kunden, mit dem ich gesprochen habe.

Gibt es Bereiche, in denen die Kunden Ihrer Meinung nach schneller handeln sollten, also zu zurückhaltend sind?

Ramaswami: Ja, ich denke, deutsche Kunden sind technologisch sehr versiert, aber etwas konservativ. Sie wollen keine Risiken eingehen. In gewisser Weise war das schon immer der Fall - auch bei sehr großen Unternehmen, die komplexe Bedürfnisse haben.

Einem meiner Kunden, einem großen Unternehmen in Deutschland, gab ich kürzlich den Ratschlag, endlich seine IT-Abteilung als Business Enabler zu sehen. Sie muss ihre Infrastruktur als einen Service anbieten, der wie ein Produkt verwaltet wird. Und sie muss es als ein Business sehen und darüber nachdenken, wie sie es schnell weiterentwickeln kann, um die Bedürfnisse ihrer internen Kunden zu erfüllen. Tut sie das nicht, sagen die internen Kunden einfach: Ich brauche meine IT-Abteilung nicht. Wir gehen direkt in die Cloud.

Um dieser Entwicklung zu entgehen, muss die IT-Abteilung agil sein und darüber nachdenken, wie sie die von den internen Kunden benötigten Dienste anbieten kann. Dazu braucht sie ein Cloud-Betriebsmodell. Nur so können sie ihren internen Kunden sagen: Schau, wenn Du ein Entwickler bist, werde ich Dir die passende Infrastruktur zur Verfügung stellen. Das kann in unseren eigenen Rechenzentren oder in der Public Cloud sein - wir lassen Dir die Wahl, je nachdem, was benötigt wird.

Bedeutet das im Gegenzug, dass sie mit ihrem eigenen Produkt mit den Cloud-Angeboten konkurriert?

Ramaswami: Die IT-Abteilung sollte immer der Mittelpunkt für die Bereitstellung von Dienstleistungen im Unternehmen sein. Aber sie sollte auch die Cloud in geeigneter Weise nutzen, um dies zu tun. Was letztlich genutzt wird, hängt dann vom konkreten Anwendungsfall ab.

Lassen Sie uns ein wenig über Nutanix selbst sprechen. Wen sehen Sie als Ihre größte Konkurrenz?

Ramaswami: Wenn man sich die Wettbewerber anschaut, gibt es drei Kategorien: die traditionellen 3-Tier-Player, also Unternehmen, die Storage etc. liefern, andere Anbieter von Software-defined Infrastructure, und die Public-Cloud-Anbieter. Mit all diesen drei Kategorien konkurrieren wir in gewisser Weise, und in vielen Fällen arbeiten wir auch mit vielen von ihnen zusammen.

Hyperscaler: Konkurrenz und Partner zugleich

Und welche dieser Gruppen stellt die größte Konkurrenz dar?

Ramaswami: Ich denke, die Hyperscaler sind in Hinblick auf unsere Tätigkeit wirklich die stärksten Konkurrenten. Wir möchten, dass jeder Workload auf unserer Plattform läuft - geht er direkt in eine Public Cloud, ist er für uns verloren. Andererseits haben wir auch eine starke Partnerschaft mit diesen Public-Cloud-Anbietern, denn mit unserer Hilfe können Unternehmen diese Workloads viel einfacher in die Public Cloud verlagern. Die Anwendungen müssen nicht umgebaut werden und so weiter.

Daneben erwähnten Sie auch andere Anbieter von Infrastrukturlösungen. Wo sehen Sie die Unterschiede?

Ramaswami: Ich sehe vier Punkte, über die wir uns vom Wettbewerb unterscheiden. Das erste ist unsere Historie, was Daten und verteilte Systeme angeht. Wir sind in einer großartigen Position, um all diese Datendienste anzubieten und zu verwalten. Wir speichern alle Arten von Daten, wir schützen alle Arten von Daten, wir sorgen für die Wiederherstellung im Notfall, wir kümmern uns um die Verwaltung.

Punkt 2 ist die Einfachheit der Plattform. Der Grundgedanke bei Nutanix war von Anfang an, die Einfachheit aus dem Endkundenbereich in das Unternehmen zu bringen. Wir arbeiten dabei mit einem Design-First-Ansatz sowie mit Blick auf den Kunden und den Benutzer. Unsere Kunden bestätigen, dass die Plattform einfach aufgebaut ist, zuverlässig und robust läuft, und sie sich keine Gedanken darüber machen müssen. Dies ist auf der Reise in die Multi-Cloud-Welt von großem Vorteil.

Der dritte Aspekt ist die absolute Flexibilität und Wahlfreiheit auf jeder Ebene im Stack: Die Kunden können sich die Hardware und den Hypervisor frei aussuchen. Wir haben sehr viele Kunden, die den Rest unseres Stacks auf ESX oder Hyper-V oder einem Hypervisor ihrer Wahl laufen lassen - wir unterstützen das. Sie können auch den Cloud-native-Stack ihrer Wahl nutzen, obwohl wir hier eine strategische Partnerschaft mit Red Hat bei Openshift haben. Es gibt auch eine eigene, sehr einfache Nutanix-Lösung für Kubernetes, aber auch hier können die Kunden mischen und kombinieren wie es ihnen passt.

Hinzu kommt die Flexibilität und Einfachheit der Lizenzierung: Die Kunden kaufen eine Lizenz und ein Softwarepaket, das überall eingesetzt werden kann, sei es On-Premises oder in der Public Cloud. Bei der Konkurrenz gibt es typischerweise mehrere Stacks und verschiedene Services, abhängig davon, ob man in einer AWS-Cloud, in Microsoft Azure, Google Cloud oder On Prem ist.

Das vierte und letzte Unterscheidungsmerkmal ist ganz einfach unser Net Promoter Score. Wir haben heute über 20.000 Kunden und unser Net Promoter Score liegt bei über 90. Es gibt viele große Anbieter da draußen und wir sind sicher nicht der größte Player, aber unsere technologische Innovation in Hinblick auf Daten kombiniert mit den eben erwähnten Faktoren, versetzen uns in die Lage, uns zu differenzieren und im Wettbewerb zu behaupten.