Der Anbieter von Lösungen für E-Signaturen Docusign hat bekannt gegeben, dass Chief Executive Officer Dan Springer zurückgetreten ist. Mit sofortiger Wirkung wurde Mary Agnes "Maggie" Wilderotter, Mitglied im Verwaltungsrat, zur Interims-CEO ernannt. Der Vorstand habe zudem eine führende nationale Personalberatung beauftragt, einen Nachfolger für Springer zu suchen, hieß es.
Docusign-CEO Dan Springer im CW-Interview
"Der Aufbau von Docusign und die Leitung eines Weltklasse-Teams in den letzten fünf Jahren war die Arbeit meines Lebens", lässt sich der scheidende Springer in einer offiziellen Mitteilung des Anbieters zitieren. "Was wir erreicht haben, wird dem Unternehmen helfen, die enormen Marktchancen für künftiges Wachstum zu nutzen." Unterdessen kündigte Wilderotter an, sie wolle "die Rentabilität unseres Unternehmens weiter zu steigern."
Achterbahnfahrt für die Docusign-Aktie
Einen konkreten Grund für Springers Absetzung nennt Docusign nicht. Der Manager hatte die CEO-Rolle 2017 übernommen und den Softwareanbieter im Jahr darauf an die Börse gebracht. In Zeiten der Corona-Pandemie boomte das Geschäft mit Lösungen rund um die rechtssichere E-Signatur. Im März 2020 bewegte sich der Börsenkurs des Docusign-Papiers noch bei etwa 80 Dollar. Den Höchststand erreichte die Aktie im August 2021 mit rund 310 Dollar. Seitdem geht es bergab. Heute notiert das Papier noch bei etwa 60 Dollar - deutlich unter dem Niveau aus Vor-Corona-Zeiten.
Docusign ist beileibe nicht das einzige Unternehmen, das unter dem Einbruch der Technologiebörse Nasdaq zu leiden hat. Steigende Zinsen, die grassierende Inflation und Lieferkettenprobleme setzen dem Tech-Sektor derzeit stark zu. Dennoch enttäuschte Docusign mehr als andere: Es konnte sein rasantes Wachstumstempo nicht mehr halten und blieb mit seinen Geschäftszahlen deutlich unter den Erwartungen der Finanzanalysten.
Viel Geld für Vertrieb und Marketing
Für das erste Quartal des laufenden Fiskaljahrs 2023, das Ende April abgeschlossen wurde, wies Docusign Einnahmen in Höhe von 589 Millionen Dollar aus - ein Plus von fast 26 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal. Dabei lief ein Nettoverlust von gut 27 Millionen Dollar auf - mehr als drei Mal so viel wie vor einem Jahr. Das Unternehmen steckt viel Geld in seinen Vertrieb und das Marketing - allein in den Monaten Februar bis April dieses Jahres über 300 Millionen Dollar, das ist mehr als die Hälfte der Einnahmen.
Analysten sehen derzeit keine guten Perspektiven für Docusign. "Angesichts einer geringen Sichtbarkeit des Managements, einer Vertriebsrestrukturierung, die mehrere Quartale in Anspruch nehmen wird, und fehlenden Katalysatoren für eine kurzfristige Geschäftsbelebung, glauben wir, dass die Docusign-Aktie in den nächsten Quartalen ein Wackelkandidat bleiben wird", zitiert das US-Nachrichtenportal CNBC Jake Roberge, einen Investmentbanker von William Blair.
Infolge des Kurssturzes der vergangenen Monate wird Docusign auch als heißer Übernahmekandidat auf dem weltweiten Tech-Markt gehandelt. Aus Sicht von Rishi Jaluria, Analyst bei RBC Capital Markets, wäre Salesforce ein möglicher Käufer. Der Signatur-Spezialist würde gut ins Portfolio des SaaS-Pioniers passen.