Diversität, Inklusion und Gleichberechtigung sind Themen, welche die öffentliche Debatte schon seit langer Zeit prägen. Doch wie die Erfahrungen zeigen, reicht es eben nicht aus, einen adäquaten gesetzlichen Rahmen zu schaffen, um eine echte Chancengleichheit zu leben. Ausschlaggebend ist das Bewusstsein für die Probleme derjenigen Bevölkerungsteile beziehungsweise Mitarbeiter, die aufgrund ihres Geschlechts, ihrer Herkunft oder Religion eine Benachteiligung erfahren.
Herkömmlichen Diversity-Schulungen fehlt es hier an praktischen Erfahrungen. Im Klartext: das Spüren dieser Ungleichbehandlung am eigenen Leib. Genau diesen Punkt greift das Berliner EdTech-Startup wondder.io mit seinen immersiven Trainings für das Personalwesen (HR) auf, wie Gründer und Geschäftsführer Mihai Streza erklärt: "Wir schaffen erfolgreichere Arbeitsumgebungen: vielfältig, inklusiv, authentisch. Mit Virtual Reality (VR) werden Sie zu einer anderen Person - mit anderer Hautfarbe oder anderem Geschlecht. Sie sehen die Welt mit anderen Augen."
VR-gestützte HR-Trainings mit künstlicher Intelligenz
Dazu hat das Unternehmen HR-Trainings in VR mit ethischer künstlicher Intelligenz entwickelt, die Diversität und Inklusion in globalen Unternehmen fördern. Die Methodik stützt sich auf Spitzenforschung von führenden Instituten wie Harvard, Stanford und der Universitat de Barcelona.
Die VR-Erfahrungen wurden bereits in über 30 Unternehmen in zehn Ländern in Pilotprojekten angewandt. Die Mitarbeiter schlüpfen in den Trainingseinheiten virtuell in einen anderen Körper und erleben aus erster Hand, wie sich Diskriminierung und Benachteiligung anfühlen. Diese Authentizität macht die HR-Trainings nachweislich effizienter. Der Ansatz basiert auf wissenschaftlichen Erkenntnissen.
Messbare Erfahrungen: Sinneswandel innerhalb von zwölf Minuten
Vorurteile sind längst messbar geworden - und das sogar in den Fällen, in denen sie sich im Unterbewusstsein verankert haben. Maßgeblich ist demnach die Zeit, die Probanden zur Beantwortung spezieller Fragen benötigen, die sich auf Diversität und Rassismus beziehen. Hier sei an den IAT, also den implizierten Assoziationstest erinnert, den das Startup als Messtechnik für Vorurteile nutzt. Die Erfinderin dieser Testmethodik, Professor Mahzarin Rustum Banaji von der Harvard University, konnte zur Zusammenarbeit mit wondder gewonnen werden.
IAT kommt aber auch im zweiten Schritt zum Einsatz, wenn es um die Frage geht, ob und in welchem Umfang das virtuelle Embodiment (Zusammenspiel von Körper, Psyche und Umwelt) in der Lage ist, Rassismus abzubauen. Die Ergebnisse sind eindeutig: Lediglich zwölf Minuten reichen aus, um einen (unterbewussten) Sinneswandel zu erreichen. Ausschlaggebend sind dabei die virtuellen Erfahrungen: Die Umgebung und der virtuelle Körper (Avatar) sind so kreiert, dass das Gehirn sie als real und den neuen Körper als den eigenen akzeptiert.
Immersion und User Engagement sind wichtig
Der Schritt bis zu einem tragfähigen Geschäftsmodell war ein großer: Streza und sein Team entwickelten Trainingseinheiten, die sich an Führungskräfte global agierender Unternehmen richten. Sie besteigen beispielsweise als eine Astronautin den Flug ins All - und alle Anfeindungen, kleinen und großen Hindernisse, die ihr in den Weg gestellt werden. "Wir arbeiten mit Stories und Interaktionen, die Teilnehmer sollen bei diesem Training komplett eintauchen - hier sind Immersion und User Engagement unglaublich wichtig", so Streza.
Für den Erfolg der VR-Trainingseinheiten ist dies eigentlich nicht nötig, wie zwischenzeitlich wissenschaftlich belegt wurde. Ebenso durch Studien belegt ist die Tatsache, dass der Sinneswandel bei rund zehn Prozent der Bevölkerung ausreichen würde, um den "Rest" mitzuziehen. Die skalierbare Technologie als entscheidendes Werkzeug liegt nun vor. (pg)