Aus D16 wird DMK

Digitalministerkonferenz soll dem eGovernment Beine machen

10.11.2023
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Im Rahmen regelmäßiger Konferenzen wollen sich die Digitalverantwortlichen der Länder besser abstimmen. Ob allein ein neues Format ausreicht, die längst fällige Digitalisierung der Verwaltung in Gang zu setzen, ist jedoch mehr als zweifelhaft.
Unsere Behörden sollen digitaler werden - dafür will die Digitalministerkonferenz ab kommenden Jahr sorgen. Ob's diesmal endlich klappt, bleibt abzuwarten.
Unsere Behörden sollen digitaler werden - dafür will die Digitalministerkonferenz ab kommenden Jahr sorgen. Ob's diesmal endlich klappt, bleibt abzuwarten.
Foto: Stokkete - shutterstock.com

Eine Digitalministerkonferenz (DMK) soll der Digitalisierung der öffentlichen Hand neuen Schwung geben. Bis dato tauschten sich die für digitale Angelegenheiten verantwortlichen Vertreter der Bundesländer im Rahmen sogenannter D16-Treffen aus. Mit der Einrichtung einer formellen Fachministerkonferenz, ähnlich wie dies die Kollegen aus den Kultur- und Bildungsressorts bereits seit langem tun, erhoffen sich die Digitalministerinnen und -minister nun eine Intensivierung ihrer Bemühungen rund um den digitalen Wandel. Die konstituierende Sitzung ist für den April 2024 in Potsdam geplant.

Mit der DMK erhalte das Zukunftsthema Digitalisierung erstmals ein eigenes Ländergremium auf Ministerebene und ziehe mit den Fachministerkonferenzen anderer etablierter Ressorts gleich, hieß es in einer Erklärung der Bayerischen Staatsregierung. Die Digitalministerkonferenz der Länder soll künftig über alle wichtigen digitalpolitischen Fragen der Bundesländer entscheiden und übergreifende Projekte und Initiativen steuern, etwa zur Förderung und Regulierung Künstlicher Intelligenz.

"Meilenstein für ein modernes, digitales Deutschland"

"Das ist ein Meilenstein auf dem Weg zu einem modernen, digitalen Deutschland", sagte Bayerns neuer Digitalminister Fabian Mehring. "Welchen Stellenwert wir neuen Technologien geben, entscheidet über die künftige Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft und die Leistungsfähigkeit unseres Staates."

Aus Sicht von Florian Mehring, Bayerns neuer Digitalminister von den Freien Wählern, entscheiden neue Technologien über die künftige Wettbewerbsfähigkeit. Umso wichtiger sei die Digitalministerkonferenz.
Aus Sicht von Florian Mehring, Bayerns neuer Digitalminister von den Freien Wählern, entscheiden neue Technologien über die künftige Wettbewerbsfähigkeit. Umso wichtiger sei die Digitalministerkonferenz.

Die Beteiligten sprechen von einem "schlagkräftigen Instrument für die digitalpolitische Zusammenarbeit der Länder untereinander sowie für die gemeinsame Kommunikation ihrer digitalpolitischen Beschlüsse, Strategien und Bedarfe in die Bundes- und Europa-Ebene sowie in die Öffentlichkeit". Die DMK werde sich insbesondere den Bereichen der digitalen Transformation und Digitalisierung widmen, die von hoher gesellschaftlicher Aktualität und großer strategischer Relevanz sind, hieß es.

Neues Format - alte Probleme

Ob sich die digitalpolitischen Probleme Deutschlands, die sich in den vergangenen Jahren angehäuft haben, im Rahmen einer Digitalministerkonferenz lösen lassen, ist mehr als zweifelhaft. Man darf sich fragen, warum nicht schon in den zahlreichen D16-Runden seit 2019 Absprachen für eine bessere Koordinierung von Digitalinitiativen getroffen werden konnten. Allein ein neues Format der Zusammenkünfte dürfte an diesen Defiziten wenig ändern.

Die Digitalisierung der deutschen Verwaltung macht kaum Fortschritte:

Dazu kommt, dass sich die DMK wie die Kultusministerkonferenz (KMK) als freiwilliges Koordinationsgremium konstituiert - ohne unmittelbare Rechtssetzungsbefugnis. Entsprechend sind die dort getroffenen Entscheidungen nicht bindend, sondern müssten erst noch von den einzelnen Bundesländern in Landesrecht umgesetzt werden.

Sich in der föderalen Grundstruktur auf gemeinsame digitale Leitplanken zu einigen, dürfte schwierig werden. Nach wie vor verfolgen die einzelnen Länder ihre eigene digitalpolitische Agenda. Versuche, sich in einzelnen Bereichen auf gemeinsame Lösungen zu einigen, sind in der Vergangenheit meist krachend gescheitert und haben die Steuerzahlerinnen und -zahler vielen Millionen Euro gekostet. Beispiel Finanzverwaltung: Die Abläufe in den Finanzämtern quer durch die Republik sind sehr ähnlich. Dennoch sind in den Ländern nach wie vor unterschiedliche IT-Verfahren im Einsatz. Sämtliche Bestrebungen, hier eine Standardisierung und Harmonisierung zu erreichen, sind bis dato im Sande verlaufen.

eco-Verband hofft auf mehr Konsistenz in den Digitalentscheidungen

Trotz aller offensichtlichen Probleme begrüßt der eco - Verband der Internetwirtschaft, dass das Schlüsselthema "Digitalisierung" erstmals ein eigenes Ländergremium auf Ministerebene erhält und somit mit den Fachministerkonferenzen anderer etablierter Ressorts gleichzieht. "Die neu ins Leben gerufene Digitalministerkonferenz der Länder markiert einen bedeutenden Schritt in Richtung einer kohärenteren und effizienteren Digitalpolitik auf Landesebene", sagte eco-Geschäftsführer Alexander Rabe. Er hofft, dass die neue Digitalministerkonferenz dazu beitragen werde, mehr Konsistenz in digitalpolitischen Entscheidungen zu schaffen und offene Fragestellungen mit Länderhoheit in Bereichen wie digitale Bildung, digitale Verwaltung oder auch Datenschutz zu adressieren.

Das neu geschaffene Gremium müsse von Anfang an agil und lösungsorientiert aufgesetzt werden, fordert Alexander Rabe vom eco-Verband.
Das neu geschaffene Gremium müsse von Anfang an agil und lösungsorientiert aufgesetzt werden, fordert Alexander Rabe vom eco-Verband.
Foto: eco

Rabe warnt jedoch, die anstehenden Herausforderungen rund um den digitalen Wandel weiter zu verschleppen. "Wir appellieren jedoch daran, dass ein neu geschaffenes Gremium wie die Digitalministerkonferenz von Tag 1 an agil und lösungsorientiert aufgesetzt werden muss, um sich adäquat innerhalb des dynamischen Umfelds der Digitalisierung als relevante Player zu positionieren." Es brauche fachliche Kompetenz, um die unzähligen Aufgaben zu bewältigen - vom Definieren länderbezogener Digitalstrategien bis zu den Fragestellungen der digitalen Schlüsseltechnologien wie Künstliche Intelligenz in den Bundesländern. "Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass es einfacher wird, wenn die Fäden zusammengeführt werden. Nur so lässt sich das Kompetenzgerangel und die Inkonsistenz der letzten Jahre im Bereich Digitalpolitik vermeiden."

eGovernment-Monitor legt massive Defizite offen

Wie dringlich es ist, den digitalen Wandel der öffentlichen Hand in Deutschland endlich in Fahrt zu bringen, hat gerade erst wieder der eGoverment-Monitor der Initiative D21 und der Technischen Universität München (TUM) gezeigt. Nach wie vor liegt vieles im Argen bei der Digitalisierung von Behörden und Verwaltung, lautet ein Kernergebnis der Umfrage unter gut 8.000 Bürgerinnen und Bürgern in Deutschland. Die Verwaltung schaffe es immer weniger, den digitalen Erwartungen der Menschen zu entsprechen. Die Folge: Das Vertrauen der Menschen in die Leistungsfähigkeit des Staates sinkt. (ba)