Telekom-Studie

Digitalisierung im Mittelstand nimmt Fahrt auf

21.04.2022
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 
Themen wie New Work oder Cybersicherheit prägen die Digitalisierungsstrategie der Mittelständler. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Telekom-Studie.
Trotz Corona-Krise investiert der deutsche Mittelstand weiterhin in die Digitalisierung, so ein Ergebnis des aktuellen "Digitalisierungsindex Mittelstand 2021/22" der Deutschen Telekom.
Trotz Corona-Krise investiert der deutsche Mittelstand weiterhin in die Digitalisierung, so ein Ergebnis des aktuellen "Digitalisierungsindex Mittelstand 2021/22" der Deutschen Telekom.
Foto: Deutsche Telekom

Allen Unkenrufen zum Trotz - Deutschland verschläft die Digitalisierung etc. - scheint die Digitalisierung des deutschen Mittelstands im zweiten Jahr der Pandemie weiter voranzukommen. Diesen Schluss legt zumindest die Studie "Digitalisierungsindex Mittelstand 2021/2022" der Deutschen Telekom nahe.

Führend in Sachen Digitalisierung sind demnach die Branchen Banken und Versicherungen sowie die Informations- und Kommunikationsbranche. Auf Platz drei folgt das Transport- und Logistikgewerbe. Laut Index legte der Digitalisierungsgrad im vergangenen Jahr allerdings in fast allen untersuchten Branchen zu. So konnten etwa Industrie, Handel, Handwerk und Baugewerbe ihren Indexwert um je einen Punkt steigern.

Insgesamt stieg der Digitalisierungsgrad der mittelständischen Unternehmen 2021 um einen auf 59 von 100 möglichen Punkten. Nach dem Digitalisierungsschub im Jahr 2020, ausgelöst durch die globalen Auswirkungen von COVID-19, trieben die Unternehmen ihre Digitalisierung auch im zweiten Corona-Jahr voran - wenn auch mit weniger Wucht als im Vorjahr. Zu diesem Ergebnis kommen die Autoren der Studie, die die Telekom gemeinsam mit dem Analystenhaus techconsult durchführte.

Digitalisierungsfortschritte in verschiedenen Branchen.
Digitalisierungsfortschritte in verschiedenen Branchen.
Foto: Deutsche Telekom

Zum sechsten Mal wurden im Zuge der Benchmark-Studie hierzu rund 2.000 mittelständische Unternehmen von August bis September 2021 im Zuge einer Online-Umfrage befragt. Erstmals untersuchte die Studie dabei die Auswirkungen von New Work, den neuen Arbeitsweisen im globalen und digitalen Zeitalter. Ferner wurde analysiert, welche Rolle Klimaschutz und Fördermittel für den deutschen Mittelstand spielen.

New Work hat sich etabliert

Während Home-Office und Videokonferenzen zu Beginn der Pandemie noch als Ausnahme galten, spricht heute knapp die Hälfte der befragten Unternehmen von einem neuen Arbeitsmodell, das sich als Folge der Pandemie etabliert hat: New Work. Entsprechend verbreitet sind Home-Office und digitale Anwendungen: 57 Prozent nutzen Web- und Videokonferenzen. Digitale Kommunikationstechnologien und -tools gehören heute mit 81 Prozent für die Mehrheit zum Arbeitsalltag. Das dürfte auch in Zukunft so bleiben, denn 58 Prozent derfür den Index befragten Mittelständler sind zudem überzeugt, dass sich langfristig nur mit New-Work-Konzepten neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewinnen lassen.

Investitionsbereitschaft

Dementsprechend wollen auch künftig 93 Prozent der befragten Betriebe in digitale Projekte investieren, obwohl 2021 bei 41 Prozent der befragten Unternehmen der Umsatz in Folge der Corona-Pandemie schrumpfte. Eine Entwicklung, die sich nicht auf die Digitalisierungs-Budgets auswirkt: 48 Prozent werden, so die Studie, gleichbleibend hoch in digitale Lösungen investieren, weitere 45 Prozent planen, ihre Investitionen um rund ein Viertel (24 Prozent) im Vergleich zum Vorjahr zu erhöhen. Investieren wollen die Unternehmen schwerpunktmäßig in Kollaborationstechnologien und Sicherheitslösungen.

In diese digitalen Technologien investiert der deutsche Mittelstand.
In diese digitalen Technologien investiert der deutsche Mittelstand.
Foto: Deutsche Telekom

Aber auch die Geschäftsmodelle werden immer digitaler: So möchten 71 Prozent der befragten Unternehmen ihre bestehenden Produkte und Services punktuell um digitale Mehrwerte wie Apps, Self Services oder Konfiguratoren ergänzen. 68 Prozent planen, ihr bestehendes Angebot kontinuierlich um digitale Produkte und Geschäftsmodelle zu erweitern. Die Hälfte der Befragten (52 Prozent) baut ihr Angebot sukzessive um und möchte in Zukunft überwiegend auf ein digitales Geschäftsmodell setzen

Digitale Sicherheit hat Priorität

Cyberangriffe waren in der deutschen Wirtschaft 2020/21 sehr präsent. Besonders die Verlagerung ins Home-Office offenbarteSicherheitslücken. Deshalb investieren die Befragten noch mehr in Cybersicherheit: Mitarbeitende der befragten Unternehmen werden nach der Pandemie im Schnitt elf Prozent mehr Arbeitszeit im Homeoffice verbringen. Für ausreichend gesichert halten jedoch nur 43 Prozent ihre mobilen Arbeitsplätze. Vor allem die Sicherheit bei E-Mails und Technologien zur Verschlüsselung will der Mittelstand künftig ausbauen. Ebenso Lösungen zum Identitätsmanagement und zur Authentifizierung, denn digitale Technologien erhöhen die Resilienz der Unternehmen in Krisenzeiten.

Unternehmen fördern Klimaschutz

Mit den Bemühungen um langfristige Handlungsfähigkeit wächst auch das Bewusstsein für klimafreundliches Wirtschaften (71 Prozent). Dazu nutzen die Unternehmen ebenfalls das Potenzial der Digitalisierung: Das reicht von ressourcenarmer Produktion über nachhaltige Zulieferer bis zu optimierter Tourenplanung im Bereich Logistik. Sieben von zehn Unternehmen setzen auf Online- statt Präsenz-Veranstaltungen. 29 Prozent reduzieren Dienstreisen und Berufsverkehr.

Fördermittel kaum genutzt

Trotz der zahlreichen positiven Trends zeigt die Studie aber auch, dass der Mittelstand die Möglichkeiten der Digitalisierung noch längst nicht ausgeschöpft ist. Lösungen wie das Internet der Dinge (Internet of Things, IoT) oder Künstliche Intelligenz (KI) setzt bisher nur eine Minderheit ein. Öffentliche Förderprogramme könnten den Einsatz technischer Neuheiten steigern. Die einzelnen Töpfe stellen bis zu sechsstellige Fördermittelsummen zur digitalen Transformation bereit. Jedoch rufen bisher nur 18 Prozent diese Gelder für ihre Vorhaben ab. Hierfür werden oft Gründe wie fehlende Transparenz oder bürokratische Hürden genannt. Das lässt sich, so die Studienautoren, auch unter den Unternehmen beobachten, die solche Fördermittel nutzen: Etwa sechs von zehn Betrieben mussten sich dazu externe Unterstützung einholen. Nur so ließ sich das passende Programm finden und beantragen.