Enterprise-Ressource-Planning-Systeme (ERP) wachsen über sich hinaus. Im Zeitalter der Digitalisierung dehnt sich der Begriff Unternehmens-Ressource immer weiter aus. Verstand man früher darunter klassische Produktionsfaktoren wie Material, Kapital und Personal, geht es heute um viel mehr. Um Unternehmen im wachsenden Datenstrom sicher steuern zu können, gilt es, neben der eigenen Firmenorganisation auch Partner, Zulieferer, Kunden und das gesamte Ökosystem mit einzubinden. Im Zentrum der vernetzten Wertschöpfungskette steht dabei aber nach wie vor das ERP-System.
Doch auch die Herausforderungen wachsen. Im Zuge der Digitalisierung verändern sich die Prozesse in den Unternehmen, was entsprechend in den ERP-Systemen abgebildet werden muss. Dazu kommt ein wachsender Integrationsaufwand, da immer mehr Systeme anzubinden und zu integrieren sind. Außerdem müssen immer mehr Daten gesammelt, verarbeitet und analysiert werden. Das ERP-System entwickelt sich mehr und mehr zu einer Art zentralem Daten-Hub. Dessen wichtigsten Aufgaben sind, die Datenströme am Laufen zu halten und vor allem auch die richtigen Erkenntnisse daraus zu ziehen, um das Management bei seinen Entscheidungen bestmöglich zu unterstützen.
ERP-Monolithen sterben aus
Im Zuge der steigenden Anforderungen verändern sich die ERP-Systeme - die dreierlei Hinsicht: Das Zeitalter der starren Software-Monolithen geht zu Ende. Die Zukunft gehört flexiblen Softwaresystemen, die als Microservices - im Grunde die Einlösung der alten SOA-Versprechen - mehr Agilität und Flexibilität bieten. Moderne User Interfaces, die sich individuell oder rollenbasiert konfigurieren lassen, erlauben eine einfache und effiziente Bedienung der Software - und das über sämtliche Gerätekategorien hinweg vom Desktop bis zum Smartphone. Und zuletzt sollen die ERP-Systeme in Zukunft intelligenter werden. Gerade in den zurückliegenden Monaten haben verschiedene ERP-Hersteller angekündigt, in ihre kommenden Releases mehr Funktionen rund um Künstliche Intelligenz und Machine Learning integrieren zu wollen.
- Marktanteile
SAP sichert sich unter den Top-Anbietern den größten Marktanteil. Allerdings verlieren die drei Führenden ein paar Prozentpunkte. Der große Gewinner im Vergleich zur vorangegangenen Umfrage ist Infor. - Auf der Shortlist
Die hohen Marktanteile spiegeln sich auch in den Shortlists wider. SAP taucht hier am häufigsten auf ... - Auswahl gewonnen
... und in der Folge gewinnt SAP auch am häufigsten die Projekte, in denen es die Walldorfer in die engere Auswahl schaffen. - Einführungsdauer
Im Vergleich zur vorangegangenen Umfrage brauchen die Anwender länger, um ein neues ERP-System einzuführen. Am längsten dauert es mit Microsoft Dynamics - über zwei Jahre. 2014 schnitt der US-Konzern mit 12,5 Monaten noch am besten ab. - Verzögerungsgründe
Nachträgliche Projekterweiterungen sowie Probleme mit Technik, Daten und der Organisation sind die häufigste Ursachen dafür, dass Unternehmen ihre Zeitbudgets für die ERP-Einführung überschreiten. - Return on Invest (RoI)
Meist dauert es Jahre, bis sich ein neues ERP-System aus Perspektive der Anwenderunternehmen bezahlt macht. - Projektkosten
Oracle-Projekte kommen die Unternehmen am teuersten. In den meisten Projekten reicht das Geld nicht. Ausnahme Infor: Hier liegen die tatsächlichen Kosten für die ERP-Einführung im Durchschnitt niedriger als ursprünglich geplant. - ERP-Vorteile
Über ein Drittel der Unternehmen hat es im Zuge der ERP-Einführung geschafft, die Verfügbarkeit von Informationen zu verbessern. Auch die interne Zusammenarbeit und Integration wollen die Unternehmen mit einem neuen ERP-System effizienter machen. - Ziele erreicht?
Insgesamt scheinen die selbstgesteckten ERP-Ziele schwer zu erreichen. Gerade einmal jeder fünfte SAP- und Microsoft-Kunde schafft mehr als 50 Propzent Zielerreichungsgrad. Oracle mit 14 Prozent und Infor mit elf Prozent schneiden noch deutlich schlechter ab. - Funktionalität
Die meisten ERP-Funktionen bleiben ungenutzt. Ein Viertel bis die Hälfte der Anwenderunternehmen gaben an, höchstens 40 Prozent der mit dem ERP-System gelieferten Funktionalität auch zu nutzen. - Projektvorgehen
Der Umstieg in Phasen bleibt das präferierte Umstiegsmodell für die meisten ERP-Anwender. - Customizing
Das Customizing - eine der Hauptursachen für komplexe Anwendungslandschaften - nimmt ab. Gerade im SAP-Umfeld geben sich immer mehr Anwender mit den im Standard gebotenen Funktionen zufrieden. - Umstieg mit Unterbrechung
Die meisten ERP-Einführungen sind nach wie vor mit einer Unterbrechung des operativen Betriebs verbunden. - Unterbrechungsdauer
Und diese Unterbrechungen können dauern - teilweise sogar bis zu einem halben Jahr. - ERP aus der Cloud
Das Cloud-Modell will im ERP-Umfeld nicht so richtig in Schwng kommen. SAP kann zwar etwas zulegen, aber bei Microsoft und Oracle stagniert der Cloud-Anteil im Vergleich zur Umfrage vor zwei Jahren. - Kostenvorteile in der Cloud
Die zögerliche Cloud-Adaption mag auch daran liegen, dass die Kostenersparnisse aus Anwendersicht nur bei 40 Prozent und weniger liegen. - Zusammenfassung
ERP-Projekte dauern lange, kosten viel Geld und überschreiten in aller Regel Zeit- und Kosten-Budgets. Daran scheint sich wenig zu ändern, wie auch die aktuelle Umfrage wieder einmal gezeigt hat.
All diese Entwicklungen spiegeln sich auch im diesjährigen CeBIT-Programm wider. Beispielsweise zeigt die Sonderausstellung "Digitalisierung live" in Halle 5 anhand eines konkreten Praxisbeispiels wie Entwicklung und Produktion in Zukunft aussehen könnten. e.GO ist ein Elektrofahrzeug-Spinoff aus der RWTH Aachen University, das seine Prozesse von Anfang an digitalisiert hat. Die Aachener Gründer rund um Professor Günther Schuh, CEO der e.GO Mobile AG, setzen auf eine unkonventionelle Produkt- und damit Produktionsarchitektur. Die Organisation des Startups folgt der Vorgabe eines digital nativen, agilen Unternehmens, das eng mit Partnern kooperiert. Geschäftsverantwortlichen und IT-Entscheider aus der Industrie, die selbst ihre Geschäftsmodelle, Produkte und Abläufe in Richtung Industrie 4.0 trimmen wollen, können sich hier Anregungen und Ideen holen.
Die große ERP-Bühne auf der CeBIT
Auch auf der Digital ERP Stage in Halle 5 dreht sich in der CeBIT-Woche alles um Digitalisierung, Industrie 4.0 und Smart Services. Hier präsentieren Softwarehersteller ihre Lösungen, erklären Analysten aktuelle Markttrends und Anwender berichten aus ihrer ERP-Praxis. Jeder Messetag steht unter einem anderen ERP-Motto:
Montag, 20.3.: Digital Transformation - Werte schaffen, Netze knüpfen
Dienstag, 21.3.: The "New Digital" - Das Zauberwort heißt "Vernetzung"
Mittwoch, 22.3.: Digital Processes - So macht man das heute
Donnerstag, 23.3.: Digital Shadow - Goldrausch im Zeitalter der Daten
Freitag, 24.3.: Digital Innovation - Neue Technologien für neue Wege
Ein weiteres Highlight im ERP-Park ist die ERP-Challenge 2017. Die Aufgabe: Ein Kunde besucht mit seinem Smartphone einen Webshop, um dort ein e.Go KART, eine Mischung aus Elektroauto und Pedelec, zu bestellen. Während des Bestellvorgangs stellt er sich aus einer Reihe von Sonderausstattungen und Zusatzleistungen sein individuelles e.Go KART zusammen. Nach Eingang der Bestellung bei der e.Go mobile AG wird der Auftrag erfasst und bestätigt, was automatisch einen Kundenauftrag bei der Tochtergesellschaft e.GO mobile GmbH zur Herstellung auslöst. Das Fahrzeug wird in der Demonstrationsfabrik (Referenzfabrik Industrie 4.0) im Cluster Logistik auf dem RWTH Aachen Campus produziert. Vier ERP-Systeme stellen sich der Herausforderung: Am Dienstag Asseco Solutions und itelligence mit einer SAP-Lösung und am Donnerstag Canias ERP und Abas ERP.
Darüber hinaus können Besucher an verschiedenen Guided Tours durch die ERP-Halle teilnehmen. Es gibt Expertenführungen zu ERP für Handelsunternehmen (Dienstag, 11.00 bis 13.30 Uhr, und Mittwoch, 12.00 bis 14.30 Uhr), zu ERP in der Projektfertigung (Mittwoch, 11.30 bis 14.00 Uhr, Donnerstag, 10.30 bis 13.00 Uhr und Freitag, 11.00 bis 13.30 Uhr) sowie ERP in der Variantenfertigung (Dienstag, 11.30 bis 14.00 Uhr, Mittwoch, 10.30 bis 13.00 Uhr und Donnerstag 12.00 bis 14.30 Uhr).