Unternehmen, die im Wettbewerb vorne bleiben wollen, sollten die Auswirkungen von Schlüsseltechniken frühzeitig einschätzen können und die wichtigsten Protagonisten kennen. Doch welche technischen Innovationen sind besonders aussichtsreich? Wo lohnt sich ein genauerer Blick und welche Einsatzszenarien zeichnen sich ab?
Das Marktforschungs- und Beratungshaus Forrester hat zwölf "Emerging Technologies" unter die Lupe genommen und legt als Maßstab das "disruptive Potenzial" an. Die Geschwindigkeit, in der sich technische Innovationen entwickeln, nimmt dramatisch zu, beobachten die Experten. Das vielzitierte Moore´s Law verliere an Bedeutung, stattdessen rücke "Bezo´s Law" in den Mittelpunkt des Interesses. Jeff Bezos, Chef des E-Commerce-Konzerns Amazon, zu dem auch der Cloud-Provider AWS gehört, prognostiziert: Die Kosten für Cloud Computing halbieren sich alle drei Jahre. Damit, so folgern die Auguren, bewegten sich die Kosten für Software-Innovationen ständig abwärts. Tatsächlich nutzen viele der von Forrester untersuchten Technologien Ressourcen aus der Cloud oder werden grundsätzlich in Form von Cloud-Services zu relativ niedrigen Einstiegskosten zur Verfügung gestellt.
Die ausgewählten "Top 12 Emerging Technologies" bewertet Forrester anhand von drei Dimensionen (siehe Grafik). In der Kategorie "Newness" geht es darum, wie neu eine Technik sowohl in Sachen Marktreife als auch hinsichtlich der Bekanntheit und des Know-hows bei potenziellen Nutzern ist.
Das Kriterium "Connectedness" beschreibt, wie verbreitet eine Technologie bereits in vorhandenen Produkten und Services ist. Ein hoher Wert weist darauf hin, dass sich das disruptive Potenzial schon im praktischen Einsatz zeigt.
In der dritten Dimension ("Type of Technology Innovation") unterscheidet Forrester schließlich zwischen KI-Technologien, digitalen Ökosystemen, neuen Compute-Paradigmen wie Quanten-Computer sowie Techniken, die als Brücke zwischen physischen und digitalen Welten dienen können. Zu letzteren gehören etwa Augmented-, Virtual- und Mixed-Reality-Techniken.
Lesen Sie in Teil 1 unserer Serie, wie KI-Techniken disruptive Veränderungen auslösen.
Künstliche Intelligenz schafft autonome Systeme
Technologien aus dem Bereich Künstliche Intelligenz helfen Unternehmen, Entscheidungen zu treffen und Prozesse zu automatisieren. Forrester zählt dazu Computer Vision, Deep Learning und Natural Language Generation.
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Computer Vision
Unter Computer Vision wollen die Auguren Tools und Techniken verstanden wissen, die Bilder und Videos analysieren und dabei Objekte sowie einzelne Objektbestandteile interpretieren können. Eingesetzt werden sie etwa in der Versicherungsbranche, im Einzelhandel, in der Marktforschung und im Security-Sektor. Die Systeme untersuchen beispielsweise Video-Feeds, Marketing-Content und Bilder aus unterschiedlichsten Quellen. Unternehmen können damit Gesichter und Mimik analysieren, um so auf menschliche Emotionen zu schließen. Auch verdächtige Aktivitäten in sicherheitsrelevanten Bereichen lassen sich mithilfe von Computer Vision erkennen.
Die dominierenden Anbieter in diesem Bereich sind derzeit die großen Cloud-Player. Über APIs stellen sie Nutzern einschlägige Dienste zur Verfügung, darunter etwa Amazons Rekognition, Googles Cloud AI und Microsofts Cognitive Services. Aber auch die etablierten Enterprise-Software-Konzerne sind in den Ring gestiegen. So haben etwa IBM mit Watson und Hewlett-Packard Enterprise mit Haven OnDemand ihre neuronalen Netzwerke darauf trainiert, Objekte unterschiedlichster Art in Bildern zu erkennen. Neben den etablierten Herstellern positionieren sich etliche Startups wie Clarifai und Indico im Markt.
In der Praxis müssen solche Out-of-the-Box-Systeme meist für bestimmte Einsatzzwecke angepasst werden, gibt Forrester zu bedenken. Unternehmen sollten sich deshalb auch spezialisierte Anbieter ansehen. So konzentriert sich etwa Umbo Computer Vision auf Video-Überwachung und die kalifornische Softwareschmiede Enlitic auf medizinische Diagnosen.
Computer Vision - wichtige Anbieter
Amazon Web Services (AWS)
Clarifai
Deepomatic
Hewlett Packard Enterprise
Microsoft
Deep Learning
Forrester definiert Deep Learning als Machine-Learning-Technik, mit der sich neuronale Netzwerke entwickeln, trainieren und testen lassen. Derartige Netze sind in der Lage, Entwicklungen mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit vorherzusagen. Sie helfen auch dabei, Muster in unstrukturierten Daten zu erkennen.
Eingesetzt wird Deep Learning aktuell etwa zur Analyse von Schallwellen, um Sprache in geschriebenen Text zu konvertieren. Deep-Learning-Algorithmen können Objekte in Bildern erkennen und von Menschen gesprochene Sprache in strukturierte Formate konvertieren, die eine maschinelle Analyse erlauben.
Die Technologie stecke zwar noch immer in den Anfängen, kommentieren die Analysten; sie werde aber zunehmend etwa in Predictive-Analytics-Szenarien eingesetzt. Zu den Anwendungsmöglichkeiten gehört die automatische Betrugserkennung oder die Analyse von Kundenabwanderungen beziehungsweise Kündigungswahrscheinlichkeiten. Auch bei der Prognose von Kaufneigungen können Deep-Learning-Systeme helfen.
Das Interesse vonseiten der Entwickler hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Vor allem in der Open-Source-Community ist eine Reihe von Deep Learning-Plattformen entstanden, darunter etwa Caffe, Deeplearning4j (DL4J), H2O.ai, PyTorch, TensorFlow und Theano.
Deep-Learning-Modelle benötigen große Mengen an Trainingsdaten. Viele Unternehmen setzen deshalb auf vortrainierte neuronale Netzwerke, wie sie einige Cloud-Provider über eine API zur Verfügung stellen.
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Natural Language Generation
Unter Natural Language Generation (NLG) verstehen die Analysten Technologien, die Machine Learning, Regeln und Templates nutzen, um für Menschen lesbare Texte oder verständliche Sprache zu erzeugen. Die Basis bildet in der Regel ein Set aus Antworten oder anderer strukturierter Informationen.
Während an Natural Language Processing schon seit geraumer Zeit gearbeitet wird, ist die Fähigkeit, für den Menschen verständliche Texte oder Sprache zu generieren, relativ jung. Etliche Unternehmen nutzen NLG bereits für die automatisierte Erstellung von Angeboten, Reports und anderen häufig benötigten Dokumente. Viele BI-Tools integrieren NLG-Fähigkeiten, um Nutzern aus Fachabteilungen Analyseergebnisse mittels Sprache zu erläutern. Bekannte Beispiele für NLG sind auch intelligente Assistenten wie Amazon Alexa und Google Assistant sowie Chatbots im Kundenservice.
Im Markt tummeln sich etliche spezialisierte Anbieter, darunter Automated Insights, Narrative Science und Yseop. Einige unterhalten Partnerschaften mit BI-Anbietern wie Tableau oder Tibco Spotfire. Andere integrieren native NLG-Features in ihre BI-Produkte. Dazu gehören etwa IBM Watson Analytics und Salesforce Einstein Discovery. Die meisten derzeit verfügbaren Systeme arbeiten regelbasiert und müssen für bestimmte Einsatzfelder angepasst werden.
Natural Language Generation - wichtige Anbieter
Arria
Automated Insights
AX Semantics
Marlabs
Narrativa
Narrative Science
Yseop