Galaxus veröffentlicht Garantiefall-Statistik

Diese Produkte gehen am häufigsten kaputt

15.06.2023
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Matthias Hell ist Experte in Sachen E-Commerce und Retail sowie  Buchautor. Er veröffentlicht regelmäßig Beiträge in renommierten Handelsmagazinen und E-Commerce-Blogs. Zuletzt erschien seine Buchveröffentlichung "Local Heroes 2.0 – Neues von den digitalen Vorreitern im Einzelhandel".
Beim Online-Händler Galaxus kommen 0,4 Prozent aller Bestellungen innerhalb von zwei Jahren als Garantiefall zurück. Nach Produktgattung gibt es allerdings große Unterschiede: Besonders oft defekt sind E-Scooter, Babyphones und Kopfhörer.
Gehen laut Galaxus-Statistik besonder häufig kaputt: E-Scooter
Gehen laut Galaxus-Statistik besonder häufig kaputt: E-Scooter
Foto: Galaxus

Der Schweizer Online-Händler Galaxus und sein Schwestershop, der Elektronikspezialist Digitec, legen deshalb seit Januar 2023 die Garantiefallquoten offen. Kundinnen und Kunden erfahren so zum Beispiel, dass TVs der Marke Samsung bei 1,5 Prozent aller Bestellungen innerhalb von zwei Jahren nach Kauf zum Garantiefall werden (Stand: Juni 2023). So kann die Kundschaft entscheiden, ob sie stattdessen vielleicht ein weniger defektanfälliges Gerät der Konkurrenz kaufen will. Nun zeigen Galaxus und Digitec in einer Auswertung erstmals die durchschnittliche Garantiefallquote übers gesamte Sortiment sowie in den Produktgruppen und Produkttypen: Insgesamt werden beim Onlinehändler vier von tausend verkauften Produkten zu Garantiefällen (0,4 Prozent).

Verhältnismäßig hoch ist die Garantiefallquote allerdings bei bestimmten Produkten Die Liste der "Flop 20" unter den Produkttypen führen die E-Scooter und Hoverboards an: Durchschnittlich 5,6 Prozent dieser Geräte gehen innerhalb von zwei Jahren ab Kauf ohne eigenes Verschulden kaputt. Schauen wir uns die E-Scooter separat an, so liegt die Quote sogar bei 7,2 Prozent. Das bedeutet: Sieben von hundert E-Scootern werden zum Garantiefall. Bei den Hoverboards sind es fünf von hundert. "Die hohen Defektquoten treiben uns täglich um", sagt Patrick Honecker, der als Category Business Manager bei Digitec Galaxus unter anderem für den Einkauf von E-Scootern und Hoverboards zuständig ist. "Unsere Kundinnen und Kunden ärgern sich über jeden Garantiefall, speziell dann, wenn sie das Trottinett für den Arbeitsweg nutzen." Außerdem nagen die vielen Defekte an der Profitmarge - denn jeder Fall kostet im Kundendienst und im After Sales Service Zeit und Geld.

Die "Flop 20" der bei Galaxus am häufigsten gemeldeten Garantiefälle
Die "Flop 20" der bei Galaxus am häufigsten gemeldeten Garantiefälle
Foto: Galaxus

Statistik ist Basis für Herstellergespräche

Am häufigsten beanstanden die Kundinnen und Kunden ihre E-Scooter wegen abgebrochenen Teilen sowie Schäden am Kugellager und den Reifen. Die Regel "wer billig kauft, kauft zweimal" gilt hier übrigens nicht, denn auch hochpreisige Modelle und Marken scheitern häufig an Schotter oder Sand. "Selbst vermeintliche Qualitätsware hält oft keine zwei Jahre", sagt Honecker. Zu allem Übel würden die E-Scooter-Hersteller die Räder größtenteils fix verbauen. "Laien können also nicht einfach einen Reifen nachbestellen und austauschen, wie es bei Fahrrädern üblich ist." Kaputte Räder werden so oft zu Defekten, die durch die Garantie abgedeckt sind. Ebenfalls zu überdurchschnittlich vielen Garantiefällen kommt es bei Babyphonen und Kopfhörern. Anders als bei den E-Scootern gebe es hier aber einen Zusammenhang zwischen dem Preis und der Häufigkeit von Defekten, sind sich die Profis einig: "Massen-Billigware geht bei uns häufiger kaputt als teurere Geräte", sagt Yuki Gasienica, Category Business Managerin für Babyphones. Dasselbe bestätigt Portfolio Development Managerin Ioanna Nenova für Kopfhörer.

Bei den PCs, die ebenfalls häufig Defekte haben, liegt der Grund mutmaßlich an der Komplexität der Produkte: "Ein PC ist anfälliger für Fehler als viele andere Produkte, weil bei den vielen Komponenten schlicht mehr kaputtgehen kann", sagt Category Business Manager Matthias Berchtold. Bei Herstellern, die PCs in großen Mengen "ab Stange" produzieren, sei die Quote zudem verhältnismäßig tief, bei kleineren Marken und insbesondere bei Gaming-PC-Spezialisten dagegen höher.

Und was fängt Digitec Galaxus nun mit all diesen Erkenntnissen an? "Seit wir die Zahlen nach Marke und Produkttyp offenlegen, hatten wir gute Gespräche mit Herstellern, Zwischenhändlern und Servicecentern", sagt Lauritz Fricke, Head of After Sales & Retail bei Digitec Galaxus. Das habe vielerorts zu besseren Reparatur-Prozessen geführt. "Kundenseitig setzen wir eher auf transparente Informationen als auf Bevormundung", ergänzt Fricke. Beim Onlinehändler fallen also nicht regelmäßig Marken oder Produktgruppen wegen zu hohen Garantiefallquoten aus dem Sortiment. Die Kundinnen und Kunden haben stattdessen die Wahl zwischen Produkten, die verhältnismäßig häufig oder selten Defekte haben. So bestimmen sie mit ihrem Kaufverhalten, was im Sortiment bleibt und was nicht.