Amazon, Google und andere US-amerikanische Konsorten dürfen sich warm anziehen. Nachdem die Telekom in Sachen Digitalisierung und Cloud lange Zeit den Schlaf der Gerechten schlief, geht das Unternehmen nun auf der CeBIT zum Angriff über unter dem Motto "Digitalisierung einfach machen". Ein Wortspiel, das man bei der Telekom bewusst gewählt hat. So will der Carrier seinen Kunden einerseits einfache Cloud-Produkte offerieren, andererseits die Unternehmen zur Digitalisierung ermuntern. "Die zweite Halbzeit der Digitalisierung gehört uns", gab sich Telekom-Vorstand und T Systems-Chef Reinhard Clemens auf der CeBIT-Pressekonferenz der Telekom siegessicher und führte weiter aus: "Wir greifen auf breiter Front an". Nachdem der Konzern die erste Halbzeit im Digitalisierungsspiel um die Gunst der Consumer an Google und Konsorten verloren hat, will er nun im B2B-Segement punkten. Clemens zufolge ist es das erklärte Ziel der Telekom, "die Nummer 1 in Europa zu werden".
Telekom will Nummer 1 im Cloud-Business werden
Der CeBIT-Auftritt der Telekom steht laut Clemens ganz im Zeichen der Business-Kunden, denn für den Konzern gibt es mittlerweile drei Leitmessen. "Auf dem Mobile World Congress in Barcelona sprechen wir das Thema Technologieführerschaft an, auf der CeBIT die Business-Kunden und auf der IFA die Consumer", so Clemens.Dazu adressiert die Telekom auf der CeBIT die drei Themen Cloud, Netz und Security. Zusätzlich steht jeder Messetag des Carriers unter einem anderen Motto:
Montag: Cloud,
Dienstag: Connectivity/Netze,
Mittwoch: Automotive,
Donnerstag: Security.
Talk-Runden für CeBIT-Besucher
Des Weiteren veranstaltet der Carrier im Rahmen seines Transforums ein Talk-Format, bei dem Lenker und Denker der Digitalisierung über ihre praktischen Erfahrungen berichten. Zu Gast sind etwa die Vorstände von Huawei, SAP oder Deutsche Bahn.
Telekom startet Open Telekom Cloud
Die wohl wichtigste CeBIT-Ankündigung der Telekom ist am ersten Messetag der offizielle Startschuss für die Open Telekom Cloud. Mit diesem Angebot hat das Unternehmen laut Clemens "seinen Cloud-Baukasten komplett". Erster offizieller Kunde der Open Telekom Cloud ist das Kernforschungszentrum CERN, nachdem im Vorfeld während des Betatests 200 Kunden diese Cloud-Lösung testeten. Nach den Worten von Clemens offerieren über 90 Partner über diese Plattform Public Cloud Services. Ein prominenter Partner ist dabei SAP. Gehostet wird die Public Cloud im Telekom-Rechenzentrum in Biere, das laut Clemens zum "European Data Hub und zum Fort Knox für die Daten ausgebaut wird". Da Biere eigentlich schon voll ist, plant der Carrier bereits den Bau von Biere 2. Hierzu will die Telekom einen dreistelligen Millionenbetrag investieren und das neue Data Center anderthalbmmal größer konzipieren.
Magenta Security
Beim Bau des Rechenzentrums setzt der Carrier nach NSA-Skandal, Snowden-Affäre und Safe-Harbor-Urteil bewusst auf die Karte "Hosted in Germany", um Anwender mit deutschem Datenschutz und Sicherheit zu ködern. Ein Thema, das die Telekom mit ihrem rund 1000 Mann großen Team Telekom Security künftig stärker adressieren will. Als erstes Security-Produkt der neuen Familie "Magenta Security" zeigt der Konzern auf der CeBIT "Internet Protect Pro". Die Lösung entstand in Zusammenarbeit mit dem US-amerikanischen Hersteller Zscaler. Laut Telekom wird das Schutzpaket weltweit via Cloud lieferbar sein und soll gegen Schadcode, Cyberangriffe und Datenverlust in Echtzeit schützen.
BMW setzt auf Telekom beim Connected Car
In Sachen Netze spricht die Telekom auf der CeBIT teilweise Themen an, die der Konzern schon auf dem Mobile World Congress in Barcelona vorstellte, wie etwa die globale Festnetz-Allianz "ngena" (Wir berichteten). Im Autoland Deutschland dürfte dagegen eine andere Neuigkeit in Sachen Connectivity eine breitere Klientel interessieren: Das schnellste Mobilfunknetz kommt mit BMW auf die Straße. Ab Sommer dieses Jahres rüstet die Telekom BMW ConnectedDrive mit LTE aus. Damit sind bis zu 300 Megabit pro Sekunde (Mbit/s) beim Herunterladen möglich. Der bayerische Automobilhersteller erhält dazu ein gemanagtes Mobilfunknetz für 60 Länder mit einem einheitlichen Service von der Telekom.
Endlich SIP-Trunk verfügbar
Unter dem Schlagwort "Wir digitalisieren den Mittelstand", wie es Telekom Geschäftsführer Hagen Rickmann formulierte, bringt der Carrier zur CeBIT einige Produkte auf den Markt, die "die Komplexität aus der Digitalisierung nehmen" sollen. Zur CeBIT kann die Telekom endlich auch eine offene Flanke in ihrer Netzstrategie schließen: Mit DeutschlandLAN SIP-Trunk kann der Carrier endlich einen IP-Anschluss offerieren, der dem klassischen ISDN-Anlagenanschluss entspricht. Dieses Angebot hatten bisher vor allem Geschäftskunden vermisst, die bereits von der All-IP-Umstellung der Telekom betroffen sind. Bekanntlich will der Carrier ja bis Ende 2018 seine klassischen Telefon- und ISDN-Services einstellen.
Für Unternehmen, die verschiedene Standorte sicher vernetzen wollen, zeigt die Telekom die neue Lösung Cloud VPN. Diese wurde in Partnerschaft mit den Unternehmen Cisco, GIP Exyr und ScanPlus entwickelt. Per Knopfdruck können so, wie es heißt, beispielsweise neue Filialen rasch anschlossen werden. Die Kosten werden pro Anschluss und Monat berechnet. Dazu kommen noch die Kosten für einen VPN-Router pro Standort. Das Angebot umfasst IP-VPN in Cloud-Topologie mit zentralem Internet Breakout, 24x7 Service Desk und Self-Service mit Visual Quality of Service (QoS). Letzteres bietet zusätzliche Funktionen für die Visualisierung von Verkehrsströmen, die Kategorisierung von Applikationen und die Reservierung von Bandbreiten. Darüber hinaus ermöglicht Visual QoS die gezielte Priorisierung von Managed-IT-Services der Telekom. Dazu zählen unter anderem Dynamic Firewall, Managed Mail, Managed SafeSync sowie der Netzwerkschutz für den Mittelstand Managed Security Services.