"Es ist das erste Mal in der Geschichte, dass es ein einziges großes Ereignis gibt, in diesem Fall eine Gesundheitskrise, das als logische Folge zu einer digitalen Transformation führt", erklärte Box-CEO Aaron Levie in einer Videokonferenz mit europäischen Journalisten. Denn Social Distancing bedeute nun mal per Definition, dass man digitale Schnittstellen als Kommunikations- und Transaktionsmittel einsetzen müsse.
Und natürlich müsse man auch in der Lage sein, die Daten irgendwie zu bewegen. Box sei dabei zu einem der führenden Tools geworden, mit denen Unternehmen dies erreichen können, so Levie: "Wir waren froh, diese Rolle für so viele unserer Kunden spielen zu können. Es hat ihnen wirklich bewiesen, wie wichtig, wie kritisch diese Infrastruktur für die Unterstützung ihres Unternehmens ist."
Von Nice-to-have zu Must-have
Wie der Box-CEO berichtete, erfolgte die Entwicklung vom "Nice-to-have"-Kooperations-Tool zur geschäftskritischen Infrastruktur über alle Branchen hinweg. So sei die Nutzung bei nationalen und lokalen Behörden um 140 Prozent gestiegen, Unternehmen aus den Bereichen Health Care und Life Science hätten Box zur Aufrechterhaltung kritischer Geschäftsprozesse genutzt, Banken hätten sich an Box gewandt, um neue Kunden an Bord zu holen und mit ihnen zusammenzuarbeiten, Medien- und Unterhaltungsunternehmen hätten wichtige Prozesse auf Box in Gang gehalten, und, und, und.
Die Auswirkungen der Pandemie führten zu einem grundlegenden Wandel in der IT-Strategie, so Levies Fazit: "In einer Million Jahren hätten wir nicht gedacht, dass einer der größten Katalysatoren und einer der größten Use Cases, die das Cloud-Wachstum vorantreiben, eine Pandemie und die damit verbundenen Umstände sein würden. Aber offensichtlich hat sich dadurch die IT-Strategie aller Beteiligten auf der ganzen Welt völlig verändert. Und die Art und Weise, wie wir heute über Arbeit denken, unterscheidet sich grundlegend von der noch vor drei Monaten."
Remote-Arbeit bringt Vorteile
Die erzwungene Trennung der Pandemie habe die Vorteile der Remote-Arbeit deutlich gemacht, erklärte er und verwies als Beispiel auf Zoom Meetings. Es habe in den letzten Wochen Tage gegeben, an denen er Videoanrufe mit Menschen in Japan, in London und in drei Zeitzonen in den USA geführt habe. In der typischen Geschäftsumgebung vor März sei das einfach nicht möglich gewesen.
Der Box-CEO bezweifelt daher auch, dass die Dinge nach Ende der Pandemie wieder so werden wie vor dem Frühjahr 2020. Obwohl auch er gerne Menschen wieder persönlich treffen wolle, anstatt über eine Videoverbindung, bleibe die Zukunft der Arbeit weiterhin digital, prognostiziert Levie. Sicher seien die Auswirkungen von COVID-19 von Land zu Land unterschiedlich, so der Topmanager. "Aber unabhängig davon, ob ein Büro morgen oder in einem Jahr wiedereröffnet wird, ich denke, die Arbeit verlagert sich in Richtung Digital First."
Aus Sicht von Levie wird es in Zukunft zwar immer noch Büros geben, aber es wird nicht ausschließlich dort gearbeitet. "Die Mitarbeiter wollen nicht die Flexibilität aufgeben, von überall her arbeiten zu können oder flexiblere Arbeitszeiten zu haben, wenn sie ins Büro gehen", erklärte der Box-CEO. "Ich denke, was wir aus dieser Erfahrung gelernt haben, ist, dass wir virtuell viel mehr tun können, als man sich jemals vorgestellt hat."
Allerdings müssten die Arbeitgeber darauf achten, wie es ihren Mitarbeitern in dieser neuen Welt der Remote-Arbeit geht. Es sei wichtig, dass sie die richtige Atmosphäre schaffen, damit sich die Menschen die Zeit nehmen, die sie brauchen, um Pausen zu machen und sich um ihre Familien kümmern zu können.
- Thomas Zimmerer, Interim Manager CIO/CDO
Für Zimmerer (derzeit für einen Konzern im Nahen Osten tätig) und sein Team ist insbesondere Microsoft Teams aktuell das Tool, das vor allem für Chat, Videokonferenzen, Shared Sessions am PC, Notebook, iPad und iPhone den ganzen Tag im Einsatz ist. - Thomas Zimmerer, Interim Manager CIO/CDO
Sein Tipp für geplante Tages-Workshops: Spaltet man diese in mehrere kleinere Videokonferenzen von 1-2 Stunden auf, ist dies sogar effektiver, da die Teilnehmer nicht so sehr ermüden und man zwischen den Terminen die Ergebnisse bereits einbauen kann. - Thomas Siekmann, VP IT & Digitalization Senvion Deutschland GmbH
Siekmann bietet den Senvion-Mitarbeitern im Homeoffice einen „doppelten“ Zugang zu den Ressourcen: Genutzt werden VPN-Zugänge und - parallel für viele Nutzer - VDIs auf Basis von VMWare. - Thomas Siekmann im Home Office
Er selbst setzt im Home-Office ebenfalls auf redundante Zugänge: Alle Geräte sind neben dem Wifi-Zugang auch LTE-fähig. - Dirk Altgassen, CIO bei der Etex Group
Neben der Office-365-basierten Arbeitsumgebung und diversen IT-Tools unterstützen Altgassen und sein Team das Business auch bei einem neuen „way of working“, wie zum Beispiel dem Aufsetzen „virtueller Kaffeeküchen“, in denen man sich zwischendurch trifft. - Dirk Altgassen im Home Office
Das Lieblings-Gadget des Etex-CIOs im Home Office ist sein „Jabra“. - Christian Ammer, CIO und Head of Digital Transformation bei der Kanzlei Noerr
Für Ammer hat sich im Homeoffice die Arbeit an zwei Rechnern am besten bewährt: Cloud-Tools und Remote-Apps wie Office 365 (vor allem Microsoft Teams), Dokumentenbearbeitung- und -Sharing (via Nextcloud) und den Großteil der Kommunikation (Audio und Video-Konferenzen) kann er über den eigenen Heim-PC durchführen. Über das Firmen-Notebook (per VPN oder mit Virtual Desktop) läuft nur noch ein Teil der Kommunikation via E-Mail/Outlook. - Christian Ammer im Home-Office
Sein Top-Tipp (neben einer 2-Geräte-Strategie): Audio möglichst nur per Freisprechung. Das macht die Dinge schneller, einfacher und unkomplizierter als mit Headsets und Kopfhörern zu hantieren.
Hybride Arbeitswelt
Deshalb erwartet er auch, dass es eine gewisse Rückkehr zur sozialen Interaktion geben wird: Ich glaube nicht, dass die Zukunft der Arbeit darin besteht, 14 Stunden am Tag vom Homeoffice aus zu arbeiten, und das über Jahrzehnte und Jahrzehnte hinweg. Ich glaube, man muss raus. Man muss die Menschen sehen, ob im Büro oder auf Konferenzen. Ich glaube nicht, dass all das verschwinden wird.
Box unterstütze diese Entwicklung, indem sich die Produkt-Roadmap für die kommenden Monate auf drei Säulen konzentriert, erklärte Levie: Sicherheit und Compliance, Workflow und Integration mit anderen Productivity-Anbietern. Dabei stünden neue Sicherheitsfunktionen und mehr Kontrollen rund um den Datenschutz sowie die verstärkte Integration von Best-of-Breed-Anbietern wie Slack und Zoom im Vordergrund. Box wolle seiner Mission treu bleiben, der Ort zu sein, an dem Unternehmen ihre wertvollen Inhalte in der Cloud speichern, sagte Levie.
Unternehmen werden nach wie vor ein großes Bedürfnis haben, ihre digitalen Informationen und ihre digitalen Inhalte verwalten zu können, erklärte der Box-CEO. Gleichzeitig hätten die Mitarbeiter aber den Wunsch, mit verschiedensten Tools zu arbeiten, sei es Slack, Teams, Zoom, Gmail oder welcher App auch immer. "Es ist unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass wir diese sichere Content-Management-Schicht aufbauen, die eine Verbindung zu all diesen Anwendungen herstellt", konstatierte Levie.
Alte Ideen, neue Möglichkeiten
Im Grunde genommen sei all das nicht Neues, räumte der Box-CEO ein. Blickt man eine Dekade zurück, habe es damals bereits rund um das Buzzword Enterprise 2.0 all diese Ideen von Consumerisation of IT und Social Enterprise gegeben. "Die Ideen waren alle da, aber sie mussten sich anders manifestieren, denn das Internet musste schneller werden, die Browser mussten besser werden, wir brauchten Technologien wie Zoom, die sich gerade erst in Entwicklung befanden", so Levie.
"Oder nehmen wir Groupware. Ich bin mir sicher, dass [Lotus-Gründer] Mitch Kapor irgendwann sagen wird, 'Wisst ihr, eigentlich war Lotus Notes der Erfinder von all dem und nun sind wir tatsächlich soweit, dass wir auf die Art und Weise virtuell und in Echtzeit arbeiten können, wie wir sie uns schon seit langem vorgestellt haben. Und [Notes-Erfinder] Ray Ozzie wird sagen, 'Ich habe es Euch schon immer gesagt'."