Interne IT vs. IT-Dienstleister

Die Zeit der IT-Helden ist abgelaufen

05.09.2012
Von  und
Stephanie Overby schreibt unter anderem für die US-Schwesterpublikation CIO.com.
Thomas Pelkmann ist freier Journalist in München.

Probleme beim Outsourcing

Bob Mathers: Unternehmen, die bereits Erfahrung mit Outsourcing haben, kennen diesen Kulturkampf. Das Problem liegt dabei in der Regel nicht beim Anbieter, sondern in den Organisationsstrukturen des Kunden begründet. Die sollten daher mit den Prozessen des Dienstleisters abgestimmt werden, bevor die Services an ihn übergehen.

Mich überrascht aber immer wieder, dass sogar Unternehmen, die um die Gefahren wissen, nur selten gewillt oder in der Lage sind, das so zu organisieren, bevor die schwierige Zusammenarbeit das Vertragsverhältnisse belastet.

Das Aufeinanderprallen der unterschiedlichen Kulturen ist einer der wichtigsten Ursachen für die Unzufriedenheit der Kunden mit ihrem Dienstleister. Der scheint unflexibel zu sein und schwierig im Umgang. Zudem sieht es so aus, dass Änderungen in den SLAs teuer und umständlich sind.

IT-Dienstleister soll sich nicht der Kundenkultur anpassen

CIO.com: Warum kann sich der Service-Provider nicht einfach an die Kultur seines Kunden anpassen? Wollen die Kunden nicht einen reaktionsfähigen, flexiblen Dienstleister?

Mathers: Es ist in der Tat verlockend, sich so zu verhalten. Das gilt besonders dann, wenn die neuen Mitarbeiter im Kundendienst identisch mit denen sind, die vorher beim Kunden diese Arbeit gemacht haben. Aber nun wollen sie jedermann auf dieselbe Art und Weise glücklich machen, wie sie es gewohnt sind, aber gleichzeitig das prozessgetriebene Delivery-Modell ihres neuen Arbeitgebers praktizieren. Das passt aber nicht zusammen.

Wenn ein Anbieter den Support so übernimmt, wie sein Kunde es von der internen IT kennt, stellt er sein Geschäftsmodell zur Disposition, mit dem er Skaleneffekte und Effizienzsteigerungen rund um seine Kundenbasis überhaupt realisieren kann. Nur damit kann er aber Serviceversprechen zu einem niedrigeren Preis anzubieten, als der Kunde selber intern aufbringen muss.

CIO.com: Wie teuer ist diese Heldenkultur für interne IT-Dienste?

Mathers: Wir sehen häufig, dass in solchen Strukturen Führungskräfte die Arbeit ihrer Mitarbeiter erledigen. Das verhindert zum einen, dass die oft jüngeren Mitarbeiter lernen wie es geht. Aber das bringt auf der anderen Seite auch sinkende Produktivität und höhere Kosten mit sich. Wenn jeder einspringt, um den anderen zu helfen, gehen klare Rollenbeschreibungen und Verantwortlichkeiten verloren.

Unklare Rollen und fehlende Prozesse kosten bis zu 20 Prozent

Die genauen Kosten zu beziffern, die so eine Heldenkultur verursacht, ist schwierig. Aber ineffiziente oder nicht vorhandene Prozesse sowie doppelte Arbeiten durch unklare Rollen und mehrdeutige Verantwortlichkeiten können zwischen zehn und 20 Prozent der Gesamtkosten ausmachen.

CIO.com: Wie können Kunden, die ihre IT auslagern wollen, sich vor dem Aufeinanderprallen verschiedener Kulturen schützen?

Mathers: Outsourcing funktioniert am besten, wenn die interne IT-Organisation schon mit einem Prozess-getriebenen Modell arbeitet, bevor sie einen Dienstleister sucht. Dann haben Management und IT den schmerzhaften Prozess schon hinter sich, den es bedeutet, wenn man sich von Helden verabschiedet. Sie sind dann aber nicht mehr von ihren Heldentaten abhängig, sondern arbeiten schon auf der Basis von Prozessen.

CIO.com: Was können die IT-Dienstleister tun, um den Schmerz zu lindern?

Dreger: Wir sehen oft, dass der Dienstleister zunächst einige Prozesse implementiert, was beim Kunden zu einer gewissen Reife führt. Aber irgendwann stagniert es dann. An diesem Punkt muss der Dienstleister innehalten, eine Zwischenbilanz ziehen und sich und seinen Kunden wieder an die Aufgabe erinnern, Abmachungen erneuern und Prozess-Disziplin einfordern.

CIO.com: Warum ist es so schwierig für Unternehmens-IT zu standardisieren?

Mathers: Standardisierung bedeutet für den Kunden, dass er seine bisherige Heldenstrategie zur Disposition stellt. Das gilt solange, bis er den Nutzen von Standardisierung verstanden hat. Am Ende aber kann ein standardisiertes Service-Modell Einsparungen zwischen 30 und 40 Prozent bringen. Die Frage, ob ein Unternehmen bei 30 oder bei 40 Prozent liegen wird, beantwortet sich damit, wie groß der Wille ist, die Delivery für die IT-Kunden zu ändern sowie damit, wie die Kunden das finden.

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der CW-Schwesterpublikation CIO. (mhr)