So manch ein erfolgreiches, aber mittlerweile in die Wechseljahre geratenes Großunternehmen öffnet sich für Ideen. Vom internationalen Gründerflair profitiert vor allem die Hauptstadt.
Dort binden die Konzerne in "Premium-Inkubatoren" frühzeitig frische Kräfte - und erschließen sich so neue Wachstumspotentiale. Und genau dort plant die Deutsche Bank nun ein neues Service-Zentrum für die wachsende Schar an jungen Unternehmensgründern, die sich dem Bereich Banken und Finanzen verschrieben haben.
Als Indiz für die wachsende Bedeutung der zahlreichen kleinen Davids, die sich nun anschicken, mit Goliath kooperieren zu wollen, dient das strategische Investment des Berliner Wagniskapitalfinanziers Rocket Internet. Neben den bereits etablierten Standbeinen E-Commerce und Marktplätze strebt der nach eigenen Angaben weltweit größte Inkubator von Internet-Startups nun auch im Bereich der Online-Finanzen eine führende Rolle an. Einen ersten Überblick zum Status Quo des Investment-Portfolios bietet die Plattform deutsche-startups.de.
Der kleine aber feine Unterschied: Gegenüber klassischen Startup-Inkubatoren gefragt sind dabei vor allem exklusive Dienstleistungen, in deren Genuss die Gründer meist aber erst nach einer harten Auswahlprozedur gelangen. Wer es jedoch einmal in den Förderkreislauf eines Big Player in der Finanzbranche geschafft hat, der hat in der Regel ein hochkarätiges Mentorennetzwerk zur Verfügung, inklusive selektiven Marktzugang zu dessen Kunden und Partnern.
Google Factory macht es vor
Welches aufstrebende Startup träumt nicht davon, einmal in exklusivem Ambiente wie der Münchner BMW-Welt vor rund 30 handverlesenen Großkunden von Microsoft sein Konzept präsentieren zu dürfen. Der Trend aus der Informationstechnik könnte auch bei Banken Schule machen. Als Vorbild fungiert auch hier die IT-Branche - so etwa Google Das Unternehmen eröffente in der Hauptstadt im Sommer 2014 die Google Factory für die weiter wachsende Gründerszene.
Ebenso wie das Microsoft Berlin Center, das als Teil eines weltweit verzweigten Inkubatorennetzwerkes fungiert, steuert auch Google über die Factory nicht direkt eigenes Kapital in die junge IT-Gründerszene ein. Die Ideenbeschleuniger fungieren in erster Linie als exklusive Türöffner, was den Zugang zu frischem Wagniskapital am Ende des Tages nahezu zwangsläufig mit sich bringt. Vorausgesetzt die Gründer feilen intensiv an ihrer Geschäftsidee.
Trotz exklusiver Partnerschaft: Am Ende zählt einzig der erfolgreiche Markteintritt. Genau den bereiten die Premium-Inkubatoren jedoch in einer noch frühen Entwicklungsphase vor. Das hat mittlerweile auch die Finanzwirtschaft erkannt, die natürlich auch unabhängig vom Standortfaktor auf die Fintech-Inkubatoren setzt.
So etwa die Commerzbank mit dem Main Incubator. Er versteht sich laut eigenem Bekunden "als Topadresse für die neue Elite der Visionäre im Bankwesen". Allerdings bleibt abzuwarten, inwieweit derartigen Marketing-Aktivitäten auch signifikante Investitionen folgen, die letztlich im Zuge der Co-Creation in neue Produkte und Dienstleistungen einmünden.
Für etablierte Spieler geht es generell darum, das eigene Kerngeschäft für die Zukunft zu wappnen. Beispiel ImmobilienScout24 Das nach eigenen Angaben führende Branchenportal im Netz hat ebenfalls in der Hauptstadt die Ideenfabrik You is now ins Leben gerufen. Der Inkubator ist nicht nur aus Sicht von Fintech-Startups eine der gangbaren Alternativen, um bei der Anschlussfinanzierung zu helfen. Neben den klassischen und generischen Zutaten wie Finanzierung, Traffic, Beratung, Infrastruktur und Marketing wirbt das Programm und Team rund um You is now vor allem mit dem Vorteil, das Vertrauen und die Markenwahrnehmung eines etablierten Online-Unternehmens im Rücken zu haben.
Nachtrag (25. September 2014): Laut Mitteilung von Factory Berlin agiert das Unternehmen unabhängig von Google. Google sei einzig Sponsor der Factory.