Gartner Magic Quadrant RPA Tools 2021

Die Stärken und Schwächen der RPA-Anbieter

10.09.2021
Von 


Manfred Bremmer beschäftigt sich mit (fast) allem, was in die Bereiche Mobile Computing und Communications hineinfällt. Bevorzugt nimmt er dabei mobile Lösungen, Betriebssysteme, Apps und Endgeräte unter die Lupe und überprüft sie auf ihre Business-Tauglichkeit. Bremmer interessiert sich für Gadgets aller Art und testet diese auch.
Noch immer ist Robotic Process Automation eine der beliebtesten Möglichkeiten, die betriebliche Effizienz durch taktische Automatisierung zu verbessern. Lesen Sie hier, wie Gartner die führenden Anbieter von RPA-Software in seinem Magic Quadrant bewertet.
Geht es darum, Geschäftsprozesse zu automatisieren, ist RPA ein wichtiger Baustein.
Geht es darum, Geschäftsprozesse zu automatisieren, ist RPA ein wichtiger Baustein.
Foto: 3rdtimeluckystudio - shutterstock.com

Nach wie vor stellt der RPA-Softwaremarkt eines der am schnellsten wachsenden Segmente im Bereich Enterprise Software dar: Laut Gartner wuchs der Umsatz mit RPA-Software trotz (oder wegen?) der COVID-19-Unsicherheiten im Jahr 2020 um 38,9 Prozent und übertraf damit alle anderen Segmente und das Wachstum des gesamten Enterprise-Software-Marktes (8,9 Prozent) bei weitem. Diese exorbitanten Zuwächse wecken natürlich auch das Interesse von Softwareanbietern aus benachbarten Bereichen, darunter Anbieter mit enormer Kaufkraft wie Microsoft, SAP, IBM, Samsung SDS, NTT, Hyland, ServiceNow, Pegasystems und Appian. Noch nicht in den RPA-Markt eingetreten sind dagegen etwa Google, Amazon, Salesforce und Oracle.

Insgesamt zählen die Analysten Mitte 2021 mehr als 60 Anbieter für RPA-Lösungen - Dienstleister und Integratoren sind dabei noch gar nicht miteingerechnet. Trotz dieses Ansturms ist eine Konsolidierung des Marktes bereits abzusehen. So ermittelte Gartner, dass die zehn größten RPA-Anbieter mehr als 80 Prozent des - immerhin stark wachsenden - Marktes ausmachen (gegenüber 70 Prozent im Jahr 2020). Die drei größten Anbieter alleine verbuchen bereits 52 Prozent der Einnahmen für sich. Dieses Kräfteverhältnis könnte insbesondere Nischenanbietern mit vergleichsweise niedrigen Umsätzen und begrenzter geografischer Präsenz Schwierigkeiten bereiten, ihr Business zu erweitern, warnt Gartner - oder sie werden von zahlungskräftigen Newcomern übernommen, die im RPA-Markt Fuß fassen wollen.

Was die technische Weiterentwicklung angeht, prognostizieren die Analysten, dass die Fähigkeiten von RPA-Produkten zunehmend ausgeweitet werden. Demnach entwickeln sich die Angebote rasch zu größeren Automatisierungsplattformen mit eingebetteter Prozesserkennung, intelligenter Dokumentenverarbeitung (IDP), KI/ML, Low-Code-Entwicklung und komplexen Workflow-Orchestrierungsfunktionen. Viele Softwareanbieter würden auch bereits mit Automatisierungsplattformen, die RPA als Schlüsselfunktion enthalten, in den RPA-Markt einsteigen. Gleichzeitig erweiterten die Anbieter von eigenständigen RPA-Produkten den Umfang ihrer Plattformen, um API-Integration, Low-Code-Entwicklung und komplexe Orchestrierung zu ermöglichen.

Als Ergebnis prophezeit Gartner, dass bis 2023 fast alle größeren RPA-Anbieter eine umfangreichere Automatisierungs- und Integrationsplattform offerieren, die Screenscraping mit APIs kombiniert. Im Bereich Attended Bots erwartet Gartner eine Entwicklung hin zu einer sprachgesteuerten, mobilen RPA-App und/oder einer anderen nutzererlebnisgesteuerten Automatisierungsform.

Aufgrund der starken Nachfrage von Kunden ist der Gartner Magic Quadrant für RPA Tools auch 2021 gut gefüllt.
Aufgrund der starken Nachfrage von Kunden ist der Gartner Magic Quadrant für RPA Tools auch 2021 gut gefüllt.
Foto: Gartner

RPA Tools 2021: Großer Andrang im Magic Quadrant

Die wirtschaftliche und technische Entwicklung im Markt hat Gartner natürlich in seinem Magic Quadrant RPA Tools 2021 berücksichtigt und seine Kriterien für die Aufnahme und Positionierung in seine Marktübersicht angepasst. Als Konsequenz teilen sich die 18 zugelassenen Anbieter in der mittlerweile dritten Ausgabe des Magic Quadrant in wenige Anführer, Visionäre und Herausforderer sowie ein breites Feld von Nischen-Playern auf. Im Leaders Quadranten findet man neben den drei führenden Pure-Play-RPA-Anbietern UiPath, Automation Anywhere und Blue Prism neu Microsoft, während Workfusion nach einem kurzen Intermezzo 2020 wieder in den Bereich der Visionäre abrutschte.

Nach dem 29 Milliarden Dollar schweren Börsengang im April 2021 verfüge UiPath über die Ressourcen und Partnerschaften, um seine Plattform weiter zu verbessern, indem es End-to-End-Automatisierungsprogramme ermöglicht, so die Analysten. Sie hoben weiter hervor, dass der Anbieter stärker als der Markt wachse und deutlich dazu beitrage, das Thema Prozessautomatisierung weiter zu prägen. UiPaths Vision umfasse eine integrierte Low-Code-Plattform mit Funktionen wie IDP, Process Mining, Bereitstellung via Cloud und iPaaS.

Zu den Schwächen zählen laut Gartner unter anderem, dass Uipath - noch - keine Web-basierte Entwicklungsumgebung vorweisen kann und ein komplexes Preismodell besitzt. Außerdem nähere sich der Anbieter zwar dem Thema Hyperautomation und angrenzenden Feldern wie Process Mining und Low Code an - Wettbewerber aus den entsprechenden Bereichen seien gleichauf oder teilweise schon weiter, insbesondere in Bezug auf komplexe Orchestrierung, Entscheidungsautomatisierung und Fallmanagement.

Automation Anywhere bietet unter dem Namen Automation 360 eine RPA-Plattform an, die RPA as a Service, das Automation Anywhere Robotic Interface (AARI), AI/ML (IQ Bot), Process Discovery (Discovery Bot), Analytics (Bot Insight) und einen Marktplatz (Bot Store) umfasst.

Zu den Stärken gehört laut Gartner neben dem starken Cloud-Fokus und der klaren Preisgestaltung der hohe Innovationsgrad der Lösung. So sei AISense Computer Vision auf Googles TensorFlow aufgebaut, um die Genauigkeit bei der Bildschirmerfassung zu erhöhen. Die Erstellung von Apps für die Bot-Steuerung erfolge über die Low-Code-Plattform AARI. Das RPA-Produkt bietet auch eine Multipersona-UX, geführte Navigation, wiederverwendbare AI/ML-Bibliotheken, starke native Sicherheit und ein intuitives, analytisches Dashboard.

Wie Gartner von einigen Kunden erfahren hat, kann sich das Upgrade von der Legacy-Plattform (v11) auf Automation 360 schwierig gestalten. Außerdem hätten Nutzer beklagt, dass die genaue Extraktion von Daten aus Bildern mit dem IQ Bot trotz leistungsstarker KI/ML- Fähigkeiten zur intelligenten Dokumentenverarbeitung eine Herausforderung bleibt

Blue Prism, ist mit seiner Intelligent Automation Platform ebenfalls ein Leader im Magic Quadrant RPA Tools. Bestandteile der Suite sind Blue Prism Cloud, Automation Lifecycle Management (ALM), Capture, Interact, Decipher IDP und Digital Exchange (DX).

Die Analysten von Gartner verweisen bei den Stärken des Anbieters insbesondere auf das große Partner- und Kunden-Ökosystem sowie den starken Branchenfokus: So habe Blue Prism mehr als 168.000 aktive RPA-Nutzer sowie über 10.000 zertifizierte Partner und biete 42 branchenspezifische Lösungen an. Außerdem unterstütze die Company als Reaktion auf Kunden-Feedback nun auch intelligente Dokumentenverarbeitung, Human-in-the-Loop-Automatisierung, Contact Center-Automatisierung, Task Mining/Discovery, Governance und ERP-Akzeleratoren.

Bemängelt wurde dagegen, dass Blue Prism im Vergleich einigen Wettbewerber beim Ausweiten der Funktionalitäten in anliegende Bereichen wie Low-Code-App-Entwicklung und API-Integration hinterhinke. Blue Prism müsse seine Investitionen in Hyperautomation-Fähigkeiten beschleunigen, da sich der RPA-Markt weiterentwickelt und mehr davon Standard werde, so Gartner.

Vierter im Leaders Quadrant ist Microsoft mit seinem RPA-Produkt Power Automate. Die Lösung umfasst Power Automate Desktop (PAD) das durch die SaaS-basierte Automatisierungsplattform von Microsoft auf Azure ergänzt wird, API-Integration sowie Orchestrierungsfunktionen. Außerdem bietet Microsoft vollständig integrierte Funktionen als Teil seiner Power-Plattform, nämlich Power BI (für Analysen), Process Advisor (Process Mining), Power Apps (LCAP), API-Konnektoren und Power Virtual Agents (Chatbots).

Bei den Stärken verweist Gartner unter anderem auf das riesigen Ökosystem mit 15,8 Millionen Bots und sowie die clevere Vertriebsstrategie - etwa eine kostenlose PAD-Version für alle Windows-10-Nutzer. Was die Produktstrategie angeht, umfasse das Angebot RPA mit einer API-Orchestrierung, die mehrere Datensysteme integrieren kann, um Routinearbeiten zur Datenübertragung zu automatisieren. Außerdem nutze Microsoft alle Komponenten seiner Power Platform, um eine einzige, einheitliche End-to-End-Plattform zu schaffen, die Automatisierung, Integration, Low-Code-Anwendungsentwicklung und Analysefunktionen bietet.

Zu den Schattenseiten zählt laut Gartner dagegen die starke Abhängigkeit - insbesondere bei der Desktop-Version PAD - von Windows, Geräte mit ARM-Prozessoren und anderen Betriebssystemen würden nicht unterstützt. Außerdem könne Microsofts Preismodell pro Benutzer komplex sein, insbesondere für Unternehmenskunden mit einer großen Benutzerbasis. So gebe es verschiedene Add-ons sowie Begrenzungen für Speicherplatz, Dateikapazität und tägliche Anfragen. Die Analysten bemängeln weiterhin, dass die Navigation zwischen Microsoft Teams, PAD und dem Power-Automate-Dienst in der Cloud verwirrend sein kann.

RPA 2021: Das Feld der Herausforderer lichtet sich

Nach Gartners Definition zeichnen sich die Anbieter im Challenger-Quadranten dadurch aus, dass sie zwar einen großen Kundenstamm anziehen, aber oft nur einen Teil des Marktes adressieren. In Hinblick auf den RPA-Markt könnte ein Herausforderer etwa viele Kunden im Bereich Attended RPA haben, aber es fehlt ihm im Bereich Unattended RPA an Zugkraft, Engagement oder Geschick.

Dies gilt laut Gartner etwa für NICE, einem der beiden Challenger neben EdgeVerve Systems im aktuellen Magic Quadrant: Obwohl NICE auch Unattended RPA unterstützt, fokussiert sich der Anbieter mit der RPA-Lösung NICE Robotic Process Automation auf Contact Center und Attended RPA. Als weitere Schwachpunkte führen die Analysten an, dass die Plattform keine nativen IDP- und Process-Mining-Funktionen aufweist und Kunden beklagt hätten, dass die Automatisierung, wenn es über einfache Fälle hinaus geht, nicht trivial ist.

Die Kritikpunkte dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass es auch positiven Seiten gibt. laut Gartner: NICE hat seine Automation Finder Snapshot-Fähigkeit und seine "Click-to-Automate"-Funktion für Citizen Developer erweitert. Die vollständig elastische Cloud-Architektur von NICE basiert auf Microservices. NEVA kann mit Hilfe von Sprachanalysen jeden Satz aufgreifen und die nächstbeste Aktion empfehlen.

Bei EdgeVerve Systems, Anbieter einer Unified Automation Plattform (AssistEdge) mit Process Automation, Process Discovery und native KI-Funktionen, hebt Gartner insbesondere das flexible Preismodell und den guten Support hervor. Eine andere Stärke, der Fokus auf Großunternehmen über die Beziehungen zur Muttergesellschaft Infosys, ist aus Sicht der Analysten gleichzeitig auch der größte Schwachpunkt: Obwohl EdgeVerve End-to-End-Services anbietet, sei die RPA-Plattform bei Kunden, die nicht bereits mit Infosys zusammenarbeiten, kaum bekannt. Außerdem hätten einige Kunden, die nicht EdgeVerve's Dienste und Support in Anspruch genommen haben, über Schwierigkeiten bei der Konfiguration und Bereitstellung berichtet.

RPA Software: Visionäre in Lauerstellung

Im Visionaries Quadrant, wo typischerweise die innovativsten Player - wenngleich noch nicht mit dem entsprechenden wirtschaftlichen Erfolg - versammelt sind, sieht Gartner vier Anbieter platziert: Workfusion, Pegasystems, Appian und Servicetrace.

Der hauptsächlich in Nordamerika aktive Player Workfusion, 2020 noch als Leader bewertet, bietet mit der Intelligent Automation Cloud eine integrierte End-to-End-Automatisierungsplattform mit integrierter KI sowie hervorragenden automatisierten ML- und NLP-Funktionen. Zu den Stärken (und Schwächen) zählt zudem laut Gartner der Fokus auf den Sektor Banken und Finanzdienstleister. Außerdem habe Workfusion kürzlich eine Finanzierung in Höhe von 220 Millionen Dollar erhalten, um sowohl geografisch als auch in andere Branchen zu expandieren, was das Risiko für die Kunden deutlich reduziere.

Klienten von Gartner hätten jedoch berichtet, dass die WorkFusion-Lösung erhebliche technische Kenntnisse - Java und im KI/ML-Bereich Python - erfordere und schwer zu warten sei. Ein weiterer Knackpunkt ist den Analysten zufolge das Preismodell. Es basiert auf den Kosten für die Plattform plus einer zusätzlichen Gebühr je automatisiertem Prozess. Als Resultat mag der durchschnittliche Verkaufspreis dabei höher ausfallen als bei anderen Anbietern, so Gartner, die Lösung automatisiere aber viel komplexere Anwendungsfälle als viele andere RPA-Anbieter.

Pegasystems wiederum ist im RPA-Bereich mit dem Produkt Pega Robotic Process Automation als Teil seiner umfänglichen Infinity-Plattform aktiv. Zu Pegas Stärken gehört aus Sicht der Analysten das breite Produktportfolio mit einem Designstudio, einem Orchestrierungsmanager sowie einem Bot-Manager und die tiefe Integration in weitere Automatisierungslösungen. Allerdings biete Pega seine Premium-Features auch zu einem Premium-Preis, weshalb der Fokus primär auf größeren Unternehmen läge.

Außerdem vermisst Gartner bei der Pega-Lösung den taktischen Fokus anderer Anbieter, um mit RPA einen schnellen Return on Invest (ROI) zu erzielen. Die umfangreichen Anforderungen, was Konfiguration, Integration, Know-how und Entwicklung anbelangt, führten zudem teilweise zu schlechten Bewertungen bei Kunden. Wer in Pegasystems investiert, sollte sich des zusätzlichen Aufwands und der erforderlichen Investitionen in den großen Anschlussmarkt von Pegasystems-Beratern bewusst sein, rät Gartner.

Appian ist erst im Januar 2020 mit dem Kauf der Jidoka-Plattform von Novayre Systems in den RPA-Markt eingestiegen. Zu den Alleinstellungsmerkmalen von Appian RPA gehören laut Gartner umfassende Automatisierungsfunktionen wie Automatisierungsplanung, vorgefertigte Integration mit verschiedenen Diensten für KI/ML Services (etwa Bilderkennung und AutoML), Workflow-Orchestrierung und End-to-End-Lebenszyklus-Unterstützung für DevOps. Außerdem sehen die Analysten in dem großen Ökosystem, den vielen Funktionen, der engen Integration in Appians Low-Code-Plattform sowie der iBPMS und dem attraktiven Pricing Pluspunkte.

Gartner weist jedoch darauf hin, dass die Plattform nur als Cloud-Lösung erhältlich sei und sich wegen der engen Verzahnung und des entsprechend hohen Preises kaum für taktisches RPA eigne. Der hohe Serviceanteil in Appians Softwareumsatz deute zudem darauf hin, dass die Lösung auf groß angelegte Transformationen in globalen Unternehmen abziele.

Als weiterer Visionär im diesjährigen Magic Quadrant ist Servicetrace mit dem Produkt XcelersatorOne (X1) im RPA-Bereich aktiv. Aus Sicht der Analysten handelt es sich dabei um ein sehr innovatives Angebot mit einem beeindruckenden Set an Features, darunter KI/ML-basierte native OCR und Computer Vision mit Mustererkennung, einer eingebetteten BPM-Engine (powered by Camunda), nativer Testautomatisierung, vertikaler Skalierung, ROI-Analysen und einem agilen Kanban-Board.

Alleinstellungsmerkmal sei die "Self-Building-Bot"-Fähigkeit, also eine automatische Aufzeichnung von mehreren Benutzeraktionen, wie z.B. Mausaktionen und Tastenanschläge, um automatisch einen Workflow mit einem BPMN 2.0-Pfad zu erstellen. Dabei können mehrere Prozessaufzeichnungen verknüpft werden und von Benutzerentscheidungen abhängige Ausnahmen berücksichtigt werden. Allerdings weise die ungleichmäßige geografische Verbreitung mit drei Viertel der Kunden im EMEA-Raum auf eine vergleichsweise eingeschränkte Wahrnehmung im Markt hin, so Gartner. Außerhalb von EMEA und einigen APAC-Regionen gebe es zudem keinen direkten Support.

RPA-Nische: Von wegen "Ferner liefen…"

Die Nischenanbieter eines Marktes spezialisieren sich laut Gartner in der Regel auf einen vertikalen oder funktionalen Bereich oder haben ein starkes Produkt, das auf einen Teil des Marktes beschränkt ist. Im RPA-Markt gehören dazu aber auch Neueinsteiger aus anderen Softwaremärkten. Zu letzteren zählt Gartner 2021 IBM, NTT, Samsung SDS und SAP - während Nintex, Kryon, Cyclone Robotics und Laiye eher thematisch eine mehr oder weniger kleine Nische besetzen.

IBM hat mit der Übernahme von WDG Automation im Juni 2020 ein weiteres Teil zugekauft, um sein bestehendes Automations-Portfolio zu komplettieren und eine End-to-End-Plattform aufzubauen. Zu den Stärken der auch Standalone angebotenen Lösung gehört laut Gartner das starke Ökosystem im Hintergrund, der integrierte Chatbot und das längerfristige Geschäftsmodell von IBM im Automationsbereich. Die Analysten bemängeln jedoch, dass nicht klar hervorgeht, welche Bedeutung RPA für IBM hat. Viele Kunden sei außerdem gar nicht bewusst, dass IBM eine solche Lösung anbietet. Technisch betrachtet fehlten dem Produkt eine native Prozesserkennungsfunktion oder automatische Generierung von Prozessdesigndokumenten (PDDs), wie sie in den RPA-Produkten anderer Anbieter zu finden sind.

NTT, weltweit viertgrößter RPA-Anbieter laut Gartner, bietet WinActor als On-Premises- und Cloud-Lösung an, Komponenten sind unter anderem KI, Bibliotheksdienste und No-Code-Storyboarding. Außerdem lässt sich WinActor mit anderen NTT-Services für Process Mining, Low-Code-UI-Erstellung und Identitätsmanagement erweitern.

Wie die Analysten ausführen, gelang es NTT dank seiner Marktpräsenz und dem großen Netz an Distributoren und Partnern, einen deutlichen Kundenstamm aufzubauen. Gartner weist jedoch darauf hin, dass die Systemintegratoren-Sparte auch RPA-Lösungen von Wettbewerbern vertreibt, was manchen Kunden verwirre. Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass WinActor viele gängige Funktionen, die in RPA-Produkten von Mitbewerbern enthalten sind, nicht nativ unterstütze, etwa IDP, KI/ML und Echtzeit-Zusammenarbeit zwischen Entwicklern.

Auch Samsung SDS ist im RPA-Markt aktiv. Zu den Stärken der besonders im APAC-Raum gefragten Lösung Brity RPA zählt Gartner den starken Fokus auf KI/ML sowie - dank Process Recording und -Discovery - auf Citizen Developer. Außerdem liege der Schwerpunkt auf kleinen bis mittleren Unternehmen, wenngleich sich die Lösung auch für Großunternehmen eigne. Gartner weist jedoch darauf hin, dass Brita RPA stark auf der Windows-Plattform basiere und keine Web-Schnittstelle für Entwickler besitze. Weitere Kritikpunkte sind die Preispolitik mit Extragebühren für Komponenten wie Chatbots, Analytics oder Process Discovery sowie der geringe Bekanntheitsgrad der Lösung außerhalb der Kernmärkte.

Ebenfalls Nischenanbieter, erweitert SAP mit der Lösung iRPA seine Fähigkeiten, unterschiedliche Anwendungen zu integrieren und Geschäftsprozesse in den Bereichen Finanzen, Vertrieb, Kundendienst, Personalwesen und anderen Bereichen zu automatisieren. Zu den Funktionen gehören eine breite Palette von Technologien, wie z. B. Prozesserkennung, iBPMS, AI/ML und Low-Code-Tools. Außerdem verweist Gartner darauf, dass SAP mit der Übernahme von Signavio im März 2021 gut aufgestellt ist, um künftig eine integrierte End-to-End-Lösung mit RPA-, Process-Mining-, BPM- und Cloud-ERP-Funktionen bereitzustellen.

Als Schwachpunkt sehen die Analysten den - wenig überraschend - starken Fokus auf Automation in SAP-Umgebungen, etwa zur Migration von Daten nach S/4HANA. Außerdem fehlten aktuell Funktionen wie Bot-Autorecovery und die automatische Skalierung von Bots über den Cloud-Orchestrator sowie einige fortschrittliche Features, die anderen führenden RPA-Anbieter bereitstellen, wie z. B. KI-gesteuerte Entwicklung und Mobile/Voice UI-Integration.

Workflow-Spezialist Nintex ist ein weiterer Nischenanbieter im Magic Quadrant RPA Tools. Das Produktportfolio umfasst RPA sowie Funktionen für Workflow-Automatisierung, digitale Formulare, Dokumentenautomatisierung, e-Signaturen, Prozessabbildung (Nintex Promapp), LCAP und iBPMS-Lösungen. Zu den Stärken gehören laut Gartner die einfache Bedienbarkeit der Lösung, die intuitive webbasierte Schnittstelle und die starken Sicherheitskontrollen. Nintex RPA verfügt außerdem über spezielle Funktionen zur Automatisierung von Prozessen, die auf SAP ERP basieren und kann bidirektionale Workflows zwischen RPA-Bots und Nintex Workflow unterstützen.

Allerdings, so die Analysten, fehlten dem Newcomer-Produkt noch etliche wichtige Features wie natives IDP, geführte Navigation für Citizen Developer, KI-unterstützte Entwicklung, automatische Wiederherstellung von Bots sowie Process Discovery und Process Mining. Außerdem liege der Fokus auf branchenspezifische Automation für Finanzdienstleister und Banken, weshalb sich Nintex RPA nicht für jedes Unternehmen eigne

Im gleichen Segment befindet sich auch Kryon, Anbieter der Full-Cycle Automation Suite mit Kryon Studio, Kryon Console sowie Process-Discovery- und Analytics-Funktionen. Zu den Stärken der Lösung zählt Gartner den relativ niedrigen Preis für ein umfassendes Angebot, die Integration von Process Discovery und Task Mining in RPA sowie die Unterstützung von Standards und die zahlreichen Zertifikate. Die Analysten weisen jedoch darauf hin, dass Kryon gemessen am Umsatz und Mitarbeiterzahl zu den kleineren RPA-Anbietern zählt und mit größeren Playern konkurriert, die mehr in ihre Lösung investieren können. Wie Gartner berichtet, hätten (potenzielle) Kunden außerdem wegen der begrenzten Support-Ressourcen und der wenigen verfügbaren Implementierungspartner Bedenken geäußert, die Kryon-Plattform einzusetzen.

Erstmals als Nischenanbieter im Magic Quadrant RPA Tools platzieren konnte sich 2021 der chinesische Anbieter Cyclone Robotics. Sein RPA-Produkt Cyclone Robotic Process Automation umfasst laut Gartner wichtige Funktionen wie Cyclone Intelligent Robotic Interface (CIRI), Cyclone Mobile Assistant, Cyclone Chatbot, Cyclone Automation Centre, Cyclone Automation Marketplace, Cyclone Data Insights, Cyclone Swift und Cyclone AI Skill Platform.

Den Analysten zufolge zeichnet sich Cyclone durch seinen Fokus auf End-to-End-Automation aus, der weit über klassische RPA-Anwendungsfälle hinausgehe. So biete die Lösung etwa KI/ML-Funktionen, Low-Code-Entwicklung und unterstütze IoT- und Edge-Computing-Use-Cases. Die Marktforscher weisen jedoch darauf hin, dass sich 80 Prozent der Kunden im APAC-Raum befänden und Cyclone trotz Expansionsplänen nicht sehr gut außerhalb dieser Region aufgestellt sei. Außerdem fehlten (aktuell) einige Features einschließlich webbasierter RPA-Entwicklung, Datenadapter für große Daten-/ERP-Plattformen, integriertes Process Mining, Autodiscovery und eine RPA-Laufzeitumgebung in der Cloud.

Ein weiterer Neuzugang aus China im Nischensegment ist Laiye. Seine Lösung Laiye RPA bietet laut Gartner die wesentlichen RPA-Funktionen, ergänzt um IDP, Chatbots und vortrainierten KI-Modelle. Im Gegensatz zu Wettbewerbern habe Laiye diese Funktionen aber nicht über Partnerschaften erworben, sondern seine End-to-End-Plattform von Grund auf selbst entwickelt, was Integration und Support vereinfache. Die Analysten weisen jedoch darauf hin, dass Laiye RPA-Funktionen wie web-basierte Entwicklungs-Tools, natives Process Mining oder Mainframe/Green-Screen-Emulatoren - wenngleich auf der Produkt-Roadmap - aktuell nicht unterstütze. Ein weiterer Schwachpunkt sei der Fokus auf die Asien-Pazifik-Region: Kunden von außerhalb, die Laiye wegen seiner innovativen Funktionen gewählt haben, könnte dies abschrecken.