Unternehmen benötigen eine digitale Strategie, die ihren Mitarbeitern die Arbeit wesentlich erleichtert. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Digitalisierung von Workflows. Lernen Sie hier Konzepte kennen, die den Menschen in den Fokus nehmen.

Digitales Fundament out of the box

Die Plattformstrategie von Siemens Global Business Services

03.01.2023
Als Shared Service Center setzt Siemens Global Business Services in seiner digitalen Strategie auf Automatisierung, Standardisierung und Künstliche Intelligenz.
Die KI-Komponenten der Lösung bearbeiten nicht nur eingehende E-Mails von Kunden, sondern auch Tickets im IT-Support und künftig auch in anderen Abteilungen.
Die KI-Komponenten der Lösung bearbeiten nicht nur eingehende E-Mails von Kunden, sondern auch Tickets im IT-Support und künftig auch in anderen Abteilungen.
Foto: fizkes - shutterstock.com

"Wir wollten weg von den individuellen Lösungen", sagt Matthias Egelhaaf, CIO und Chief Digital Officer, als er auf dem World Forum von ServiceNow über die Strategie von Siemens Global Business Services (GBS) für die digitale Transformation spricht. "Wir wollten den verschiedenen Einheiten Plattformen bieten, auf denen sich dann sauber skalieren lässt."

Das Ziel war also, eine einheitliche digitale Grundlage zu schaffen, um die große Anzahl an Prozessen effektiv und effizient zu bewältigen, mit der es die über 11.000 Mitarbeiter bei Siemens GBS zu tun haben. Denn das Unternehmen kümmert sich als Shared Service Center um sämtliche administrativen Prozesse des Kerngeschäfts von Siemens. Erwirbt ein Kunde etwas von Siemens, wird dies ebenso über GBS abgewickelt, wie wenn Siemens selbst auf dem Markt einkauft. Hinzu kommen HR-Themen, Jahresendabschlüsse oder die Logistik rund um die Produktion. Unter allem liegt eine digitale Lösung von GBS.

Basis für Mitarbeiter- und Lieferantenportale

Standardisierung ist dabei eine Kernanforderung. So nutzt GBS die ServiceNow-Plattform, um Prozesse zu unterstützten und zu automatisieren. "Schwerpunktmäßig setzen wir zum einen auf ServiceNow im IT-Backend - also bei ganz klassischen Themen wie Incident Management oder Problem Knowledge", berichtet Egelhaaf. Zum anderen dient die Technologie des IT-Anbieters als Basis für die unterschiedlichen Portale, die Siemens GBS jeweils für die verschiedenen Nutzergruppen wie etwa Lieferanten oder Mitarbeiter entwickelt hat. Dort stehen diesen die auf ihre Bedürfnisse zugeschnittenen Funktionen zur Verfügung.

Von Beginn sei klar gewesen, bei der Arbeit mit ServiceNow möglichst viel out of the box zu nutzen, so Egelhaaf. Denn nur so könne man neue Features problemlos verwenden, die der IT-Anbieter zwei Mal pro Jahr automatisch zur Verfügung stelle. "Wir wollen von den Marktstandards profitieren und das wäre bei einem zu starken Customizing der Plattform schwierig."

Standardisierung zieht sich durch die gesamte Organisation. So setzt Siemens GBS in seiner Digitalisierungsstrategie auf einheitliche Applikationen für die Mitarbeiter. Diese arbeiten nicht mehr auf den einzelnen Systemen der Kunden mit den entsprechend unterschiedlichen Prozessen und Begrifflichkeiten. Stattdessen steht für jede Aufgabe - wie zum Beispiel das Order-Management - eine übergreifende Anwendung zur Verfügung. Unabhängig vom jeweiligen GBS-Kunden kann dann der Mitarbeiter den entsprechenden Prozess in der immer gleichen und somit gewohnten Umgebung umsetzen. Ein intelligenter Integration Layer holt die dafür notwendigen Daten aus den unterschiedlichen Systemen.

KI-Lösung handelt selbstständig

Die Einheitlichkeit, die man in der IT erreicht habe, sei auch vorteilhaft beim Einsatz des so genannten Bionic Agent, sagt Egelhaaf. Unter diesem Namen hat GBS zusammen mit Microsoft eine Lösung entwickelt, die bestimmte Aufgaben mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) automatisiert abwickelt. Beispiel: Ein Kunde schickt eine E-Mail für einen bestimmten Auftrag an Siemens, in der er schreibt, dass er statt zwei jetzt vier der bestellten Produkte benötigt. Der Bionic Agent erkennt, dass es sich um eine Purchase-Order und um die Erhöhung der Produktmenge handelt.

Er erkennt die Anfrage aber nicht nur, sondern nimmt im SAP-System eigenständig die gewünschte Änderung vor - ohne dass ein menschlicher Mitarbeiter involviert ist. Gerade dieses selbständige Ausführen der passenden Aktion sei das Besondere, so Egelhaaf. Beim Bionic Agent werden dafür verschiedene KI-Komponenten - wie beispielsweise das Erkennen natürlicher Sprache - miteinander kombiniert.

Mit der Lösung lassen sich aber nicht nur eingehende E-Mails von Kunden bearbeiten, sondern auch beispielsweise Tickets im IT-Support. Ziel ist es, jeweils eine spezielle Variante der Technologie für verschiedene Aufgaben im Unternehmen einzusetzen. "Wir möchten einen Bionic Agent für das Procurement, für Finance, für das Gebäudemanagement und so weiter", erklärt Egelhaaf. Die vortrainierte Lösung muss dann nur noch an die jeweilige Aufgabe angepasst werden. "Dank ServiceNow haben wir den Zugang zu allen involvierten Systemen auf einer Plattform und müssen den Bionic Agent nur noch obendrauf setzen."

Zur Zeit sei man in den Bereichen, in denen die Lösung schon eingesetzt wird, bei einem Automatisierungsgrad von 85 Prozent, berichtet Egelhaaf. Weitere Aufgabenfelder für den Bionic Agent würden aktuell pilotiert. "Das zeigt, was für ein großes Potenzial die Technologie besitzt."

Dieses Potenzial zu erschließen, ist einer der Punkte, die noch auf der Digitalisierungs-Roadmap von Siemens GBS stehen. Ein weiteres Ziel ist es laut Egelhaaf, den Datenschatz zu heben, der in der ServiceNow-Plattform verborgen ist. "Es geht dabei um Fragen wie zum Beispiel: Was sind die Requests unserer Kunden? Wie sind unsere Antwortzeiten? Welche Prozesse lassen sich noch automatisieren? Wir wollen die vorhandenen Daten besser verstehen und nutzen", so Egelhaaf. Denn in diesen verberge sich noch wertvolles Wissen, um den eigenen Service sowie die Interaktion mit den Kunden zu optimieren.