Das Thema Mobile Recruiting wird derzeit heiß diskutiert. Dabei fällt auf: Die Meinungen zum digitalen Bewerbungsprozess gehen weit auseinander. So schreibt die Wochenzeitung DIE ZEIT, dass Unternehmen die mobile Jobsuche ernster nehmen müssen, während DER SPIEGEL feststellt, dass Jobsuchende die mobile Bewerbung von unterwegs aus ablehnen und nur die Personaler ihre Freude an dem Trend haben. Die abweichenden Bewertungen dieser Form der Personalbeschaffung hängen oft mit einer unzureichenden Definition zusammen. Wird Mobile Recruiting mit der schnellen Bewerbung über das Smartphone oder Tablet gleichgesetzt, gerät das Thema in die Kritik. Wird die mobile Personalbeschaffung dagegen als Möglichkeit einer digitalen Stellensuche aufgefasst, punktet der Trend bei den Kandidaten.
Der Bewerber von heute will sich via Smartphone & Co. über seinen Wunscharbeitgeber informieren. Ihn interessiert, wie sich das Unternehmen als Arbeitgeber präsentiert. Das größte Interesse besteht jedoch an der mobilen Jobsuche. Diese Beobachtung bestätigen auch die Bewerber in ihrem mobilen Nutzerverhalten. Eine Milliarde Job-Suchanfragen werden monatlich über mobile Endgeräte vorgenommen. Responsive Karrierewebseiten sind daher zeitgemäß. Doch lediglich 26 der 500 Top-Unternehmen können eine für mobile Dienste optimierte Jobseite vorweisen.
Der Bewerbungsprozess - mehr als nur Zeugnisse versenden
Der Bewerbungsprozess ist nicht mit dem Verschicken der Bewerbungsunterlagen gleichzusetzen. Vielmehr gliedert sich dieser für die Jobsuchenden in mehrere Phasen, die allesamt für einen erfolgreichen Bewerbungsablauf entscheidend sind:
Unternehmen finden und zum Unternehmen wollen
Freie Stellen prüfen
Bewerben
An das Unternehmen binden
Zu welcher Phase passt also welches Endgerät? In Anbetracht des Nutzerverhaltens der Bewerber, ist es für die Unternehmen sinnvoll, Mobile Recruiting als mobile Informations- und Jobsuche aufzufassen. Denn sieben von zehn Bewerbern informieren sich via Smartphone oder Tablet über offene Stellen. Erst im Anschluss stößt der mobile Bewerbungsprozess an seine Grenzen. Die schnelle Bewerbung via Smartphone von unterwegs aus kommt für die meisten nicht in Frage. Nur rund jeder vierte schätzt die Option, eine Bewerbung über sein mobiles Endgerät verschicken zu können. Der Rest der Befragten nimmt sich dafür lieber ausreichend Zeit und schickt die Bewerbungsunterlagen vorzugweise vom heimischen PC aus an die Unternehmen. Eine Bewerbung via Smartphone löst dagegen bei den Bewerbern Bedenken aus: Ein solch entscheidender Schritt sollte nicht zwischen Tür und Angel erledigt werden. Noch dazu wird eine Bewerbung über ein mobiles Endgerät als unpraktisch und kleinteilig empfunden.
Apps für mehr Nutzerfreundlichkeit?
Eine Antwort darauf scheinen Apps zu geben. Übersichtlich und leicht zu bedienen erfreuen sie sich größter Beliebtheit. Das gilt jedoch nicht für den Bewerbungsprozess. Denn muss sich ein Jobsuchender für jedes interessante Unternehmen eine eigene App herunterladen, wird aus dem Nutzen schnell ein großer Aufwand. Aus Sicht des Marketings ist eine Karriere-App für Unternehmen interessant. Noch nie war es so einfach, ein Logo auf den Smartphones der Interessenten zu platzieren. Der Nutzen für die Bewerber wird dabei aber gerne außer Acht gelassen. Im Gesamtprozess der Bewerbung könnte eine App für die Bewerber erst interessant werden, wenn es darum geht, den Status der Bewerbung zu überprüfen oder in weiterführende kollaborative Prozesse einzusteigen (z.B. Terminfindung oder OnBoarding).
Statt die Energie auf eine Karriere-App zu verschwenden, sollten sich die Unternehmen daher zunächst auf das Wichtigste konzentrieren: Eine mobilfähige Karrierewebseite.
Je nachdem, für welche Bewerbungskanäle sich ein Unternehmen entscheidet, können eingehende Bewerbungen in Art und Form erheblich variieren. Bei einer Bewerbung über eine Karriere-App oder ein Onlineportal muss ein Anschreiben nicht zwingend erforderlich sein. Hapert es an der internen Kommunikation zwischen Marketing und Personalabteilung, kann dies dazu führen, dass Bewerbungen als unvollständig abgestempelt und nicht berücksichtigt werden. Diese Informationslücken gilt es zu schließen: Personalabteilungen müssen darüber informiert werden, welche Bewerbungskanäle den Kandidaten zur Verfügung stehen und welche Unterlagen gefordert sind. Ein Umdenken in der Personalabteilung ist daher unumgänglich und muss den Einsatz einer solchen Lösung zwingend begleiten.
Mobile Recruiting - Ja, aber richtig
Die Diskussion zeigt: Mobile Recruiting ist sowohl für Bewerber als auch Unternehmen interessant, sofern das Thema richtig angegangen wird. Denn die mobile Bewerbungsmethode ist kein Allheilmittel. Es handelt sich hierbei vielmehr um einen weiteren Kanal, der genutzt werden kann, um geeignete Kandidaten auf ein Unternehmen als Arbeitgeber aufmerksam zu machen, den Zugang zu erleichtern und damit den Recruitingprozess zu beschleunigen. Eine mobilfähige Webseite ist aber nicht nur vor dem Hintergrund steigender Bewerberzahlen interessant. Auch in Sachen Suchmaschinenoptimierung leisten diese ihren Beitrag, denn Google beispielsweise straft nicht-mobilfähige Webseiten ab.
Mobile Recruiting kann eine sinnvolle Ergänzung im Recruitingprozess sein, doch sollten die Unternehmen nie vergessen, wer ihre Zielgruppe ist, was sie mit Mobile Recruiting erreichen möchten und welcher Kanal für ihre Zwecke am besten geeignet ist. Ist die Zielgruppe zum Großteil mobil unterwegs und lassen die Bewerberzahlen der letzten Monate zu wünschen übrig, besteht sicherlich Handlungsbedarf. Jedoch darf nicht außer Acht gelassen werden, dass dies nur ein Baustein eines erfolgreichen Recruitingprozesses ist. Besteht kein Interesse an dem Unternehmen oder ist das Unternehmen wenig bis gar nicht bekannt, so kann eine mobile Strategie nur bedingt unterstützen. Kann sich ein Unternehmen dagegen über ausreichend qualifizierte Bewerber freuen, ist Mobile Recruiting vor allem aus Sicht des Marketings interessant.
Letztlich geht es darum, so viele potentielle Kandidaten wie möglich zu erreichen, um freie Stellen optimal zu vermarkten. Wer diese Menschen sind und wie diese ihre mobilen Endgeräte nutzen, wissen die Unternehmen meist selbst am besten. Mit diesem Wissen kann schließlich eine individuelle mobile und zielgruppenorientierte Strategie entwickelt werden.