Die Open Grid Europe (OGE) GmbH, Deutschlands größter Gastransporteur, entwickelte 2018 eine neue Strategie, in der Innovation und Digitalisierung als Hebel für das Erreichen der Unternehmensziele verankert sind. Darauf aufbauend legte die IT unter der Leitung von Ralf Werner strategische Handlungsfelder fest, darunter "neue Technologien verproben und skalieren", "digitale Fähigkeiten steigern" sowie "Produktorganisation aufbauen".
Um sich für die digitale Transformation (dT) richtig aufzustellen, bestellte Werner einen Chief Digital Officer und stellte ein Team mit möglichst unterschiedlichen Skills zusammen. Für mehr digitales Mindset heuerte er zudem Studenten an und suchte Partner im digitalen Ökosystem der Schmiede Zollverein, um von extern Anregungen für agile Werkzeuge und Methoden zu erhalten.
Die Jury sagt:
"Ein tolles Projekt, das zeigt, dass man mit agilen Ansätzen und nachweisbaren Erfolgen schrittweise vorwärts kommen kann, auch in einer konservativen Branche." |
Die Vorgehensweise war wie folgt: In Ein-Jahres-Zyklen, den "digiwellen", sollten selbstorganisierte Produkt-Teams wichtige Kundenprobleme erfassen und versuchen, schnell und agil jeweils zehn Lösungen in Form von MVPs (Minimum Viable Products) zu entwickeln. Ist ein Use Case erfolgreich, wird er über separate Umsetzungsprojekte skaliert, falls nicht, wird er gestoppt.
Bislang ereilte dieses Schicksal aber nur vier von 20 MVPs. Um den Blick der Teams auf ein agiles, ergebnis- und strategieorientiertes Handeln zu lenken, wird nämlich über OKRs (Objective & Key Results) die zwischenzeitliche Zielerreichung der MVPs gemessen. Beispiele dafür sind etwa ein zehn Prozent schnellerer Periodenabschluss im Finance-Bereich mit Robotics, fünf Prozent weniger Energieverbrauch durch KI in der Netzsteuerung oder eine 15 Prozent höhere Kundenzufriedenheit dank KI-gesteuerter Kundenkonten. Außerdem wird die Team-Performance anhand von Kennzahlen (KPIs) beurteilt, etwa anhand der Anzahl digitaler Ideen beziehungsweise der umgesetzten und gescheiterten MVPs oder des Feedbacks von Mitarbeitern und Kunden.
Mit dem Einsatz von Augmented Reality (AR) in Pipeline-Bau und Remote Support im technischen Betrieb, Robotics für Finanzprozesse, Chatbots als Einkaufshelfer sowie KI-basierter Kundenbetreuung gibt es etliche MVPs aus den ersten "digiwellen", die beachtliche Ergebnisse bei Kosteneffizienz oder Einsparpotenzialen zu Tage förderten. Zudem haben alle MVPs, die als Projekt weitergeführt werden, einen Return on Invest (RoI) von unter drei Jahren.
Zugleich baute Werner mit der RWTH Aachen und dem Campus Zollverein ein innovatives Ökosystem auf, in dem motivierten OGE-Mitarbeitern anhand von Use Cases Inhalte wie KI, Machine Learning, IoT oder AR vermittelt werden. Mithilfe dieser "Digital Experts" sollen künftig alle Fachbereiche bei OGE in der Lage sein, Probleme von der Ideenfindung bis zum Produkt selbstständig zu lösen.
think big - start small
Natürlich gab es auch Herausforderungen. So war Open Grid Europe als reguliertes Unternehmen der Energiebranche mit konservativen Strukturen, einer auf Sicherheit basierenden Kultur und einem stabilen Geschäftsmodell "nicht unbedingt auf Veränderungen ausgerichtet", wie es der IT-Leiter vorsichtig ausdrückt. Diese Lektion hatten Werner und sein Team bereits 2016 gelernt, als vier große Innovationsprojekte zwar initiiert, dann jedoch kurz nach der Ideenphase eingestellt wurden.
Entsprechend startete man die "digiwellen" unter dem Motto: "think big, start small". Als sich in der ersten Etappe dennoch abzeichnete, dass die MVPs wegen starrer Strukturen bei OGE und den Providern nur langsam umgesetzt wurden, rief der CIO eine Open Development Community ins Leben. Diese setzte fortan als agiles Software-Entwicklungsteam mehr als die Hälfte der MVPs in wenigen Wochen um.
Ein CIO sollte ...
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