IT-Manager wetten

Die IT braucht Inspirationen – mehr Non-IT-ler an Bord!

17.05.2017
Von 
Kathrin Kronberg beschäftigt sich seit 1995 mit IT-Strategie Organisation und Innovationen. Fast 20 Jahre verantwortete sie bei BMW globale SAP-Projekte, trieb die Entwicklung hin zu einer agilen Organisation voran und leitete die SAP Governance sowie die S/4HANA Transformation. Aktuell unterstützt sie als Senior Strategie Beraterin der abat AG Unternehmen bei der Transformation zu SAP S/4HANA und beim Einsatz innovativer Automatisierungstechnologien wie RPA und Process Mining.

Hypothese 2: Der Demotivation vorbeugen

Werden IT-Experten nicht gemäß ihren Skills eingesetzt, ist Demotivation programmiert.

Ein Absolventenportal hat in einer Umfrage gemeinsam mit der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur (HTWK) Leipzig 1.300 Studierende und Young Professionals befragt, was sie von ihrem Berufseinstieg erwarten. Das Ergebnis: Slogans wei "IT-ler haben ein anderes Verständnis von Karriere" oder "Lieber Nerd als Chef", wurden so oder ähnlich genannt.

Informatikabsolventen erwarten vor allem gute fachliche Weiterentwicklungsmöglichkeiten innerhalb von IT-Themen sowie die Arbeit mit innovativen Technologien und spannenden Projekten, bei denen sie etwas bewegen können. Das passt in die Grundhaltung der Millennials, welche die Sinnstiftung über das Monatsgehalt und den Teamspirit über die Karriere stellt.

Schaut man sich allerdings in den IT-Abteilungen großer Unternehmen oder IT-Beratungen um, dann wird klar: Wer sich dort weiterentwickeln will, muss sich vom IT-Experten zum Generalisten in Sachen Management, Business-Prozesse und nicht zuletzt Diplomatie entwickeln. Nicht jedem ist das in die Wiege gelegt, und - wie die zitierte Umfrage zeigt - viele streben dieses Ziel auch gar nicht an.

Der Effekt ist ein doppelter: Mitarbeiter, die als Experten einen wertvollen Beitrag leisten könnten, beschäftigen sich stattdessen mit Personalführung, Controlling und weiteren administrativen Prozessen, was sich wiederum mögli-

cherweise nicht mit ihrem Anspruch an beruf­liche Herausforderungen deckt. Im gleichen Moment fehlt den Unternehmen oft genau die langjährige Fachkenntnis, die diese Menschen aufgebaut haben.

Das Thema Führungslaufbahn ist nur ein Beispiel, das zeigt, dass Universitätsausbildung und Personalnachfrage sich nicht zwingend decken.

Es gibt zahlreiche weitere Aufgaben in der IT, bei denen die wesentliche Herausforderung nicht die fachliche Expertenqualifikation ist, sondern die Soft Skills sowie eine grundsätzliche Anlage zum Generalisten. Beispielsweise muss der klassische Projektleiter systematisch planen, verschiedene Interessen moderieren, kommunizieren und motivieren können.

Und ein Scrum Master muss neben einer sehr stringenten Methodik und einem Grundverständnis zur Technologie ebenso Kommunika­tionsvermögen und ein Verständnis für gruppendynamische Prozesse mitbringen. Schade, wenn ein Mitarbeiter, der eigentlich viel lieber als Software-Ingenieur intelligente Programme entwickeln will, solche Aufgaben übernehmen muss.

Nicht zuletzt ist es bei der Entwicklung von IT-Systemen wichtig, zu verstehen, was der Anwender tatsächlich braucht und will. Um bei der Erstellung von Konzepten oder Use Cases eine tragfähige Basis für die spätere Umsetzung zu schaffen, können neben der detaillierten Erfassung von Anforderungen auch Kreativität und ein "Out-of-the-Box"-Denken sehr hilfreich sein.

Eine Sozialpädagogin oder Psychologin, die gelernt hat, Teamprozesse und Verhaltensmuster zu analysieren und zu verbalisieren, bringt für solche Aufgaben unter Umständen ebenso wertvolle Anlagen und Erfahrungen mit wie ein ausgebildeter Informatiker, Wirtschaftsingenieur oder Programmierer. Diversity ist auch hier das passende Schlagwort, allerdings nicht im landläufigen Sinne der Gender Diversity. Vielmehr bietet die Diversität der Ausbildungen eine Chance, den Herausforderungen der Zukunft hinsichtlich Innovationsfähigkeit und Ressourcenknappheit zu begegnen.

Möglicherweise ist der 20-jährige "Digital Native", der sich sicher in der Welt der sozialen Medien bewegt, aber Skandinavistik oder Literaturwissenschaften studiert hat, den IT-Innova­tionen der kommenden Jahre näher als der Diplom­informatiker mit 20 Jahren Berufserfahrung. Letzterer wird sicher mit seinen Fachkenntnissen immer gebraucht werden, aber auch der technikaffine Philosoph könnte in einer IT-Organisa­tion der Zukunft seinen Platz finden.

Zweifellos wird es immer erforderlich sein, dass sich IT-Mitarbeiter für IT, für technische Zusammenhänge interessieren und begeistern, dass sie Grundlagen, Vokabular und Technologien beherrschen. Jedoch sind die Möglichkeiten, diese Qualifikationen auch außerhalb eines klassischen Studiums zu erwerben, deutlich vielfältiger, als die bislang landläufig akzeptierten Lebensläufe zeigen.