Eine Verhandlung, egal ob es um mehr Lohn oder ein Budget geht, ist immer ein Konflikt: Beide Seiten wollen etwas, und meistens ist es nicht das Gleiche. Der Mitarbeiter möchte vielleicht fünf Prozent mehr Gehalt, der Chef will nur zwei Prozent drauf legen.
Im schlechtesten Fall gehen beide mit einem schalen Kompromiss aus dem Gespräch. Ähnliche Situationen passieren auf Entscheider-Ebene, wenn Vorstände und Abteilungen darüber diskutieren, wie hoch beispielsweise das IT-Budget dieses Jahr sein soll oder darum, wer welche Zuständigkeiten im Projekt hat.
Verhandeln will also gelernt sein. Worauf Sie achten müssen, um eine Verhandlung zum Erfolg zu führen, verrät Management-Coach Christian Richter:
Vier Phasen der Verhandlung
Grundsätzlich besteht jede Verhandlung aus vier Elementen: "Informationsaustausch über die Positionen, Argumentationsaustausch, Lösungsphase, und am Schluss schaffen Sie Verbindlichkeiten", sagt Richter. Jede dieser Phasen will gut strukturiert und sinnvoll sein.
Das gilt natürlich nicht nur für den Chef, sondern auch den Mitarbeiter. "Bitten Sie Ihren Mitarbeiter, sich gut auf das Gespräch vorzubereiten", sagt Richter. Meist handelt es sich um kein reines Gehaltsgespräch, sondern um eine Leistungsbewertung. "Führen Sie das Gespräch sehr offen und geben Sie dem Mitarbeiter ausführlich Feedback", rät Richter.
Die Phase des Argumentationsaustauschs kann in einem solchen Gespräch sehr lang und ausführlich sein. "Der Mitarbeiter ist meist in dieser Situation etwas verunsichert, er soll aber gestärkt aus dem Gespräch gehen", sagt Richter. Darum: "Geben Sie ihm auch Entwicklungsperspektiven in den Punkten, an denen seine Leistung noch nicht so gut ist", rät der Coach. Sich auf diese Punkte vorzubereiten, ist Chefsache. "Fragen Sie aber auch den Mitarbeiter, an welchen Punkten er glaubt, sich verbessern zu können und wo er sich hinentwickeln möchte", sagt Richter.
Mitarbeiterwünsche ernst nehmen
Am Ende des Gesprächs sollte, wenn möglich, eine Win-Win-Situation stehen: Beide, Chef und Mitarbeiter, haben das Gefühl, dass sie etwas gewonnen haben. "Oft werden die Wünsche der Mitarbeiter von den Chefs aber nicht wahrgenommen", sagt Richter. Gibt der Vorgesetzte einem Leistungsträger gar nicht nach, kann das erhebliche Konsequenzen haben.
Natürlich ist das Budget immer knapp und wird durch Lohnerhöhungen zusätzlich belastet. Das wird der Mitarbeiter rational verstehen, wenn Sie ihm erklären, warum Sie sein Gehalt leider nicht erhöhen können. Trotzdem können ihm die Gründe egal sein, schließlich will er mehr Gehalt. Ihnen sollte das Budget manchmal auch egal sein. "Sie können den wertvollen Mitarbeiter schnell verlieren. Die Kosten, einen Nachfolger zu finden und einzuarbeiten, bis er so gut ist wie sein Spitzenvorgänger, sind viel höher", sagt Richter. "Manche Chefs denken da nicht weit genug."
Wer keinen Top-Performer verlieren will, aber mit dem Gehalt nicht raufgehen kann, kann dem Mitarbeiter auch andere Vergünstigungen anbieten. Eine Fitness-Studiomitgliedschaft, ein anderes Dienstauto oder Ähnliches bieten sich an, denn das steigert nicht die Lohnnebenkosten. "Aber fragen Sie immer den Mitarbeiter, was er sich wünscht, sonst geht auch dieses Entgegenkommen schief", sagt Richter.
Alternativen für Mitarbeiter
Der Coach hat noch einen weiteren Tipp parat, um gemeinsam mit dem Mitarbeiter einen Kompromiss zu finden: "Fragen Sie den Kollegen nach mehreren Lösungsvorschlägen." Oft hat das Teammitglied keine steife Maximalposition, sondern kann mehrere Alternativen anbieten. Von allein wird er sie aber nicht vorschlagen.
Die Teammitglieder nach Alternativen zu fragen, das versäumen einige Vorgesetzte, meint Richter. "Chefs fragen meiner Erfahrung nach ihre Mitarbeiter oft nicht, was sie wollen", sagt er. In Verhandlungen geht es nicht immer nur um die Lohnfrage: Oft wollen Mitarbeiter an der Arbeitsweise etwas ändern, etwa freier und selbstständiger arbeiten. "Einige Chefs beharren auf Kleinigkeiten, die dem Mitarbeiter sehr unrecht sind, obwohl es leicht wäre, da etwas zu verändern", meint Richter. Will der Mitarbeiter selbstständiger arbeiten, sollte der Vorgesetzte nicht auf Kontrolle beharren. Ein Kompromiss ist da leichter zu finden.
Trotzdem kann es passieren, dass ein Kollege frustriert aus dem Gespräch herausgeht. "Das kann auch daran liegen, dass seine Erwartungen völlig überzogen sind", meint Richter. Gehaltsteigerungen von zehn Prozent sind oft illusorisch. Der Coach rät dazu, dem Mitarbeiter ganz genau zu erklären, wie der Normalfall ist. Das heißt nicht, dass man ihm die Gehälter der Kollegen verrät. "Erklären Sie zum Beispiel, in welchem Rahmen in der letzten Zeit die Steigerungen im Unternehmen oder in der Abteilung waren", sagt Richter. So kann der Kollege ein Gefühl für Zahlen entwickeln.
Auf der nächsten Seite steht u.a., was man für eine erfolgreiche Verhandlung tun sollte.
- Sie reden zu leise
Wie unangenehm vielen Arbeitnehmern die Gehaltsverhandlung ist, merkt man besonders an der leisen Stimme. Die Autorin Friedrichsen rät: "Treten Sie nicht als Mäuschen auf. Formulieren Sie Ihre Argumente klar und deutlich, kurz und prägnant." - Sie hören nur halb zu
Wer nach dem ersten Satz des Gegenübers bereits über seine Antwort nachdenkt, verschenkt wichtige Informationen und produziert nicht selten Missverständnisse. - Sie schauen Ihrem Gegenüber nicht in die Augen
Sie sehen während des Gesprächs zum Fenster oder gucken zu Boden? Das suggeriert mangelndes Selbstbewusstsein - oder gar Desinteresse. - Sie haben keine Agenda
Sie sind schlecht vorbereitet und haben sich kaum Gedanken über das Gespräch gemacht? Dann ist der Ausgang vorprogrammiert: Unstrukturierte Gespräche führen zu vagen Ergebnissen. - Sie haben Ihren Verhandlungspartner vorher nicht genügend informiert
Wenn Ihr Verhandlungspartner nicht weiß, worum es geht, fühlt er sich möglicherweise überrumpelt und macht im Zweifelsfall die Schotten dicht. - Sie lassen dem Gegenüber zuviel Raum
Geben Sie das Ruder nicht aus der Hand. Ergreifen Sie die Initiative, lenken Sie durch gezielte Fragen immer wieder geschickt auf Ihr Verhandlungsziel über. Achtung: Das heißt nicht, dass Sie die ganze Zeit reden sollen. Sie sollen nur die Verhandlung steuern. Das geht sogar oft besser, wenn Sie weniger reden. - Sie geben Ihre besten Argumente schon zu Beginn preis
Verschießen Sie Ihr Pulver nicht auf einmal. Spielen Sie Ihre Trümpfe nach und nach gezielt aus, halten Sie den Joker möglichst lange in der Hand. - Sie ignorieren Einwände
Versuchen Sie nicht, Zweifel zu vertuschen. Nehmen Sie Kritik des anderen besser selbst vorweg ("Sie scheinen an den Ergebnissen zu zweifeln . . . ") oder fragen Sie nach Problemen ("Was spricht gegen mein Argument?"). - Sie haben keinerlei Verhandlungsspielraum eingeplant
Sich ein Ziel zu setzen, ist oberstes Gebot jeder Verhandlung. Wer dieses Ziel jedoch stur verfolgt, muss damit rechnen, dass auch der Partner auf stur schaltet. Überlegen Sie sich vorher, auf welche Kompromisse Sie sich einlassen können und wo Ihre Schmerzgrenze liegt. - Sie sprechen "Absolutbotschaften" und "Killerphrasen" aus
Begriffe wie "jeder", "alle", "immer", "ständig", "pausenlos", "nie" und so weiter sind Gesprächskiller. Vermeiden Sie diese! - Sie verlieren die Fassung
Lassen Sie sich nicht zu barschen Äußerungen hinreißen, wenn Sie Ihr Gegenüber auf die Palme bringt. "Bist du wütend, zähl bis vier, hilft das nicht, dann explodier": Wer den Tipp von Wilhelm Busch befolgt, kommt um einen destruktiven Wutausbruch meist herum. - Der Lektüretipp
Wer sich umfassender mit dem Thema Gehaltsverhandlung befassen will, dem empfehlen wir die Lektüre des Buches "Die erfolgreiche Gehaltsverhandlung" von Heike Friedrichsen. Die Autorin gibt umfassende Tipps rund um Gehaltsgespräche für Einsteiger, Aufsteiger und Umsteiger. Das Buch ist in der Reihe "Pocket Business" bei Cornelsen erschienen und kostet 6,95 Euro (ISBN 978-3-589-23471-4).