Sie haben eine Einladung zum Vorstellungsgespräch erhalten? Dann können Sie sich freuen, denn damit haben Sie die erste Hürde geschafft: Sie haben offenbar fachlich überzeugt. Doch worauf kommt es nun im Vorstellungsgespräch an? Was wollen die Personalverantwortlichen von Ihnen wissen? Was werden sie fragen?
Das Vorstellungsgespräch dient vor allem dazu, den Menschen hinter der schriftlichen Bewerbung kennenzulernen, abzuklopfen, ob er ins Unternehmen und ins Team passt. Natürlich werden die Personaler auch versuchen, Lücken im Lebenslauf auszuleuchten mit Fragen wie: "Ich sehe hier, dass Sie im Jahr 2015 für ein halbes Jahr keine Beschäftigung angegeben haben. Was genau haben Sie da gemacht?" Gut, da kann man sich Erklärungen zurechtlegen (Bewerbungsphase, schwerwiegende Familiensituation oder Weltreise).
Worauf sich jede Bewerberin und jeder Bewerber jedoch einstellen sollte, ist die Tatsache, dass im Vorstellungsgespräch vor allem die so genannten Soft Skills geprüft werden. Soft Skills – die "weichen Fähigkeiten" – wurden früher "soziale Kompetenz" genannt. Hinter diesen Begriffen verbirgt sich das Potenzial einer Person, mit Menschen und deren Handlungsweisen, aber auch gut mit sich selbst umzugehen.
In Personalgesprächen können Kandidatinnen und Kandidaten heute nur bestehen, wenn sie über ihre eigenen emotionalen Fähigkeiten nachdenken (Stichwort Reflexion) und sich ihrer Stärken und Schwächen bewusst sind (siehe auch: "Warum hochsensible Mitarbeiter so wichtig sind").
Wer sich näher mit dem Thema Soft Skills beschäftigen und auf Vorstellungsgespräche vorbereiten möchte, dem sei das Buch "Soft Skills" von Gabriele Peters-Kühlinger und Friedel John ans Herz gelegt. Das im handlichen "Taschenguide"-Format bei Haufe erschienene Buch ist ein Klassiker und klärt in anschaulichen Beispielen auf, was Soft Skills sind, was sie bringen und welche Fähigkeiten bei Personalern besonders zählen. Anhand von Selbsttest und Checklisten erfahren Sie, wie Sie die wichtigsten Soft Skills erkennen und verbessern.
Diese Soft Skills zählen
In Vorbereitung auf das Buch haben die beiden Autoren zirka 100 Personalverantwortliche gefragt, welche Soft Skills sie als am wichtigsten ansehen. Die Top Elf werden in dem Buch näher vorgestellt und erläutert. Eine Kurzübersicht präsentieren wir hier:
- 1. Kommunikative Kompetenz
Ihre Kommunikationsfähigkeit hilft Ihnen, Konsens herzustellen und Verständnis für Ihre Ziele und Wünsche zu erzeugen. - 2. Selbstbewusstsein
Selbstbewusst bedeutet unter anderem, sich selbst bewusst wahrzunehmen, die eigenen Stärken und Schwächen zu kennen. - 3. Einfühlungsvermögen
Wer empathisch ist, kann andere leichter von seiner Sache überzeugen. - 4. Teamfähigkeit
In jeder Stellenanzeige ist Teamfähigkeit gefordert. Teamfähig zu sein bedeutet unter anderem, seine Rolle im Team zu erkennen und sich entsprechend der an diese geknüpften Erwartungen zu verhalten. - 5. Kritikfähigkeit
Kritikfähig zu sein bedeutet nicht nur, Kritik zu üben (fair, sachlich), sondern auch Kritik annehmen, reflektieren und entsprechend umsetzen zu können. Besonders in Teams, Projekten und in Führungssituationen spielt der Umgang mit Kritik eine entscheidende Rolle. - 6. Analytische Kompetenz
Wenn Sie Ihre analytischen Fähigkeiten trainieren, sind Sie in der Lage, Situationen rasch zu erfassen und entsprechend schnell zu reagieren. - 7. Vertrauenswürdigkeit
Vertrauen ist die Erwartung, sich in kritischen Situationen auf den anderen verlassen zu können. - 8. Selbstdisziplin/Selbstbeherrschung
Wer sich nicht selbst beherrscht, bleibt immer Knecht. Nur wer sich selbst im Griff hat, kann andere überzeugen. - 9. Neugierde
Neugierde ist die Voraussetzung für Kreativität. - 10. Konfliktfähigkeit
Nur wenn Sie andere Auffassungen akzeptieren können und sich offen mit Ihren Mitmenschen auseinander setzen, leben Sie ein selbstbestimmtes Leben. - 11. Durchsetzungsvermögen
Sich angemessen durchzusetzen bedeutet zu überzeugen, statt zu überreden - oder zu zwingen. Überzeugt folgen Ihnen andere gern auf Ihrem Weg. - Mehr zum Thema Soft Skills ...
... finden Interessierte im gleichnamigen Buch von Gabriele Peters-Kühlinger und Friedel John - erschienen bei Haufe im praktischen "TaschenGuide"-Format (passt in jede Hosentasche).
Soft Skills auf dem europäischen Stellenmarkt
Wer sich heute nach einem neuen Job umsieht, ist spätestens seit Corona nicht mehr nur auf einen nationalen Stellenmarkt beschränkt. Viele Bewerbungen gehen daher in das europäische Ausland. Die Metajobsuchmaschine Joblift hat vor ein paar Jahren eine länderübergreifende Analyse von 31 Millionen Stellenanzeigen erstellt und ist in dieser der Frage nachgegangen, welche Persönlichkeitsmerkmale auf dem europäischen Arbeitsmarkt besonders gefragt sind.
Dabei hat sich herausgestellt, dass es zum Teil erhebliche Unterschiede in den Anforderungen der Arbeitgeber gibt. In den deutschen Anforderungsprofilen steht Teamgeist besonders hoch im Kurs, im Vereinigten Königreich punkten Sie mit Engagement, in Frankreich hat Selbstständigkeit und in den Niederlanden Anpassungsfähigkeit Vorrang.
Wer im Vorstellungsgespräch seine Teamfähigkeit darlegen kann, hat sowohl in Deutschland als auch in Frankreich und den Niederlanden gute Chancen. Nur im Vereinigten Königreich wird diese soziale Kompetenz vergleichsweise selten in den Stellenanzeigen gefordert. Die tiefergehende Analyse der fünf meistgenannten Persönlichkeitsfaktoren ergab, dass diese sich in Deutschland und den Niederlanden ausschließlich auf zwischenmenschliches Verhalten wie Kommunikationsfähigkeit oder der Haltung gegenüber dem Arbeitgeber wie Einsatzbereitschaft beziehen. In Frankreich hingegen sind Merkmale der individuellen Arbeitsweise relevanter - hier sollten die Kandidatinnen und Kandidaten darlegen, dass sie selbständig, dynamisch und sorgfältig agieren.
- Ulrike Stahl
Jeder kann kommunikative und kooperative Stärken zeigen, ist das Credo von Ulrike Stahl. Sie coacht Führungskräfte und gibt neun Tipps für eine gute Zusammenarbeit. - Spielen Sie auch Golf?
An gemeinsamen Hobbys lässt sich gut anknüpfen. "Wenden Sie zuvor etwas Zeit auf, um eine persönliche Gemeinsamkeit mit dem Verhandlungspartner herauszufinden und diese zu benennen", rät Stahl. Dadurch machen Sie sich sympathisch. - Tipp 2: Finden Sie eine gemeinsame Ausdrucksweise
Wichtig ist, dass sich jeder Projektbeteiligte klar und direkt ausdrückt. Dass jeder höflich bleibt, ist eine Selbstverständlichkeit. - Tipp 3: Zeigen Sie den Nutzen auf
Was habe ich davon? Was sind die Ziele der Kooperationspartner, vor welchen Herausforderungen stehen sie? Wer kann wen wie unterstützen und welche Zahlen und Daten belegen das? - Tipp 4: Vorbild Chef
Chefs sollten im eigenen Team gute Zusammenarbeit vorleben. Denn Kooperation funktioniert nur auf Augenhöhe. "Wünschen Sie sich Mitarbeiter, die aktiver mitgestalten, lautet der Schlüssel Gleichheit und Anerkennung der Mitarbeiter", so Ulrike Stahl. - Tipp 5: Betonen Sie die Gemeinsamkeiten
Ulrike Stahl empfiehlt, gemeinsame Erfolge zu feiern und so das Zusammengehörigkeitsgefühl zu stärken. Auch sollte eine Führungskraft immer das gemeinsame Ziel und die Bedeutung der Arbeit des Teams hervorheben. - Tipp 6: Austausch der Mitarbeiter
Gerade wenn die Kollegen an unterschiedlichen Projekten arbeiten, sollte in wöchentlichen Meetings jeder berichten, was er tut. "Ermöglichen Sie, dass Teammitglieder in solche Meetings Fragen einbringen, bei denen die anderen mit Ideen unterstützen können, auch wenn sie nicht komplett mit der Materie vertraut sind." - Tipp 7: Transparenz der Ziele
Neben übergeordneten Firmenzielen können sich für Mitarbeiter konkurrierende individuelle Ziele ergeben. So etwas ist Gift für ein kooperatives Klima, weiß Stahl. Die Gegenmaßnahme lautet Transparenz hinsichtlich der individuellen Ziele. "Diese ermöglicht es den Mitarbeitern, sich widersprechende Ziele selbst zu identifizieren, und der Führungskraft, diese nachzubessern." - Tipp 8: Teambildungsmaßnahme
Setzen sich Teams aus sehr unterschiedlichen Menschen zusammen, kann ein Teambuilding helfen. Dabei geht es Stahl nicht unbedingt um gemeinsame Trips in die freie Natur. Für IT-Teams bieten sich analytische Auseinandersetzungen nach wissenschaftlich fundierten Persönlichkeitsmodellen an. - Tipp 9: den eigenen Chef verstehen
"Auch Chefs sind eher gewillt, die zu unterstützen, von denen sie den Eindruck haben, dass sie ihn unterstützen", sagt Stahl. Das Beste sei also, selbst Kooperationsbereitschaft zu beweisen. "Letztlich weiß jeder Chef, dass sein Erfolg vom Erfolg seiner Mitarbeiter abhängt."