Kontinuität und Wandel

Die Beständigkeit der Monarchien

01.01.2015
Von 
Hansjörg Leichsenring befasst sich beruflich mit Banken und Finanzdienstleistern und verfügt über die Bankleiterqualifikation nach §33 KWG. Leichsenring arbeitet derzeit als (Interims-)Manager und Berater von Banken und Finanzdienstleistern. Ebenso ist er als Referent und Moderator im In- und Ausland sowie als Fachautor tätig.
Königshäuser weisen mitunter eine 1.000-jährige Geschichte auf – und wirken dennoch frischer als so manches Unternehmen. Denn sie wissen: Um zu bleiben, was man ist, muss man sich verändern.

Krone und Zepter waren als Insignien der Macht einst wichtige äußere Merkmale von Königen und Königinnen. Inzwischen haben sich Bild und Rolle stark gewandelt. Gerade deshalb können Unternehmen hiervon einiges lernen.

Echte konstitutionelle Monarchien gibt es nur noch in wenigen Ländern. In der westlichen Hemisphäre fällt mir eigentlich nur Liechtenstein mit seinem Fürstenhaus ein. Die anderen sind im Wesentlichen auf ihre repräsentative Funktion gestutzt worden.

Skandale und Entfremdung führten vor einigen Jahren zu einem Rückgang des Vertrauens in Königsfamilien. Mittlerweile sind sie in ihren Gesellschaften wieder weitgehend wohl gelitten, auch als Erfolg einer konsequenten Markenbildung. Ein Vorbild für Unternehmen?
Skandale und Entfremdung führten vor einigen Jahren zu einem Rückgang des Vertrauens in Königsfamilien. Mittlerweile sind sie in ihren Gesellschaften wieder weitgehend wohl gelitten, auch als Erfolg einer konsequenten Markenbildung. Ein Vorbild für Unternehmen?
Foto: fotolia.com/valdis torms

Königinnen und Könige kosten die Steuerzahler jedoch viel Geld. So werden die Etats des britischen oder des niederländischen Königshauses mit je rund 40 Millionen Euro benannt. Speziell in Zeiten von wirtschaftlichen Schwierigkeiten sind solche Beträge nicht jedem zu vermitteln. Zwar "kostet" auch der französische Präsident sein Land jedes Jahr über 100 Millionen Euro und der Etat des deutschen Bundespräsidenten liegt bei rund 30 Millionen Euro, in der öffentlichen Wahrnehmung macht es jedoch einen Unterschied, ob ein Amt demokratisch legitimiert oder schlicht vererbt ist.

Verhält sich der Monarch dann noch nicht angemessen und amtskonform, so wird dies in den jeweiligen Ländern immer wieder gerne zum Anlass genommen, über die Legitimation und die Notwendigkeit einer Monarchie zu streiten.

Das Königshaus als Marke

Viele europäische Königshäuser standen in den vergangenen Jahren vor derartigen Problemen. Skandale und Entfremdung führten zu einem Rückgang des Vertrauens und damit des Rückhalts in der Bevölkerung. In einigen Ländern stellte man sich die Frage, ob man die royale Führung noch bräuchte oder nicht lieber auf demokratisch legitimierte Staatsoberhäupter wechseln sollte. Mittlerweile sind Königinnen und Könige in ihren Gesellschaften wieder weitgehend wohl gelitten, auch als Erfolg einer konsequenten Markenbildung. Ein Vorbild für Unternehmen?

Königshäuser sind letztendlich auch mittelständische (oder sogar multinationale) Unternehmen mit einer Vielzahl von Mitarbeitern und dem jeweiligen Throninhaber als oberstem Führungsorgan und vor allem als Aushängeschild. Sie unterliegen mit ihrem Zwang zum wirtschaftlichen Handeln genauso dem Markt wie dem Wandel der Zeit. Vor kurzem fasste Mats Urde, schwedischer Wirtschaftsprofessor, in einer Fernsehsendung zusammen:
"Früher hatte man den König und sein Volk. Heute hat man das Volk und seinen König. Dazwischen liegen Welten."

Zwei Untersuchungen die sich vor kurzem mit diesem Thema befasst haben, die eine mit dem schwedischen Königshaus (vgl. palgrave-journals.com), die andere mit der britischen Monarchie (vgl. brunal.ac.uk), kommen zu demselben Ergebnis: Eine Monarchie muss als Institution wie die Marke eines Unternehmens betrachtet und entsprechend zielorientiert "gemanagt" werden.

Dabei stehen fünf Elemente im Mittelpunkt:

1. Markenversprechen
Es sagt aus, was die Menschen von der Krone zu erwarten haben. Der schwedische König hat dies zum Beispiel mit dem Satz "Für Schweden, mit der Zeit" umschrieben, um deutlich zu machen, dass er sich im Dienst seines Volkes sieht, diesem zu helfen, eine erfolgreiche Zukunft zu bewältigen.

2. Respekt
Für einen König ist es heutzutage wichtig, vom Volk akzeptiert zu werden. Auch wenn Nähe zum Volk gefragt ist, der Monarch ist nicht der Kumpel von Nebenan und darf dies auch gar nicht sein. Vielmehr muss Respekt aufgebaut und erhalten werden.

3. Erscheinungsbild und Empathie
Eine Marke ist im Kern das, was öffentlich von ihr wahrgenommen wird. Dazu gehört auch das entsprechende Verhalten der Markenrepräsentanten. Vom König wird bei bestimmten Anlässen "royaler Pomp" erwartet, während bei anderen Anlässen, die "Nähe zum Volk" gefragt ist.

4. Veränderungsfähigkeit
Was vom Bestehenden ist erhaltenswert und was muss man anpassen, um auf gesellschaftliche Veränderungen zu reagieren. Wie kann eine Monarchie den Anforderungen der Bürger noch besser entsprechen, um das eigene Überleben (als Institution) zu sichern?

5. Sensitivität
Die Fähigkeit, Krisen zu erkennen und angemessen zu reagieren ist ebenfalls sowohl für Monarchen als auch für Manager von eminenter Bedeutung.

Kontinuität im Wandel

Für Unternehmen gelten diese fünf Elemente gleichermaßen: Die Kunden haben eine sehr präzise Vorstellung von "ihrer" Marke und bestrafen ungeplante Abweichungen von diesem Bild.

Analog gilt dies auch für die Unternehmensrepräsentanten: Nähe ja, Anbiedern nein. Dies gilt gleichermaßen gegenüber Kunden als auch gegenüber Mitarbeitern. Und die Themen Veränderungsfähigkeit und Krisenfrüherkennung stehen ohnehin für Unternehmen auf der täglichen To-Do-Liste, wollen sie nicht vom Markt verdrängt werden.

Für Monarchien gilt das Motto: Um zu bleiben, was man ist, muss man sich verändern. Für Institutionen mit einer mehr als 1.000 Jahre dauernden Geschichte, die noch dazu von Generation zu Generation weitervererbt wird, sicherlich kein einfaches Unterfangen.

Viele scheinen sich damit jedoch leichter zu tun als manches Unternehmen, immerhin haben die europäischen Königshäuser ihre Krisen weitgehend erfolgreich hinter sich gelassen, ohne dass eines vom Markt verschwunden wäre. Wenn man sich dagegen die Unternehmenslandschaft betrachtet, ist dort einiges an "Schwund" zu verzeichnen. (tö)