Seit OpenAI im November 2022 den KI-Chatbot ChatGPT der breiten Öffentlichkeit kostenlos zur Verfügung stellte, überschlagen sich die Medien (die Computerwoche eingeschlossen) mit Berichten über die Möglichkeiten, aber auch die Risiken generativer künstlicher Intelligenz (GenAI). Natürlich spekulieren auch zahlreiche Branchenexperten über die Auswirkungen auf Unternehmen. Trotz dieser Flut an Informationen zeigen sich aber insbesondere deutsche Führungskräfte beratungsresistent.
Das deuten zumindest die Ergebnisse der neuen Studie "State of Generative AI in the Enterprise" an, für die das Deloitte AI Institute weltweit mehr als 2.800 Business Leader, darunter 150 Führungskräfte in Deutschland, befragt hat.
Nicht so gut aufgestellt
Wie die Umfrage ergab, fühlt sich nur rund ein Viertel der hierzulande befragten Firmen- und Bereichsleiter hinsichtlich der Strategie gut oder sehr gut auf die Einführung generativer KI in ihren Unternehmen vorbereitet: Sehr gut präpariert fühlen sich in Deutschland gerade mal drei Prozent der Befragten (weltweit 8 Prozent), weitere 24 Prozent halten sich für gut vorbereitet (weltweit 26 Prozent).
Auch in Bezug auf Risiko- und Unternehmenssteuerung (Risk & Governance) hinsichtlich KI sehen sich deutsche Führungskräfte vergleichsweise weniger gut oder sehr gut vorbereitet. Hier ermittelte Deloitte eine Differenz von sieben Prozent gegenüber dem weltweiten Schnitt (25 Prozent).
Gleichzeitig ergab die Umfrage, dass die deutschen Teilnehmer die Bedrohung für ihr Geschäftsmodell so gering wie in keinem anderen der 16 Befragungsländer bewerten: Während in Deutschland 50 Prozent der Studienteilnehmer durch generative KI gar keine oder nur kleine Risiken auf ihr Geschäft zukommen sehen, sind ihre Peers weltweit deutlich umsichtiger - hier erwarten lediglich 35 Prozent keine oder geringe Herausforderungen.
Die größte Sorge bereitet den hierzulande Befragten, dass geeignete KI-Fachkräfte fehlen. Hier gibt es laut Umfrage in 41 Prozent der deutschen Unternehmen ein Defizit, global liegt der Wert bei 36 Prozent. Und auch was Schulung und Weiterentwicklung der Beschäftigten rund um generative KI betrifft, ein mögliches Mittel um den Fachkräftemangel zu entschärfen, hinken deutsche Unternehmen hinterher: Während weltweit 40 Prozent dem Training ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hohe Priorität beimessen, sind es hierzulande nur 30 Prozent.
"Riskante Fehleinschätzung"
"Die meisten Firmenlenker in Deutschland haben die Zeichen der Zeit erkannt und versuchen, sich auf das KI-Zeitalter vorzubereiten", bewertet Dr. Björn Bringmann, Leiter des Deloitte AI Institute, die Studienergebnisse. Dennoch unterschätzten viele noch immer die Auswirkungen durch GenAI auf ihr Business und stehen der Nachwuchsfrage rat- und tatenlos gegenüber.
"Diese Zurückhaltung könnte sich für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft als riskant erweisen", warnt Bringmann: "Denn ob man vorbereitet ist oder nicht: GenAI wird die Wirtschaft umwälzen, daran besteht kein Zweifel."