Er galt als Vater des Mainframe-Betriebssystems OS/360: Am 17. November 2022 ist Frederick Phillips Brooks J. im Alter von 91 Jahren in Chapel Hill, North Carolina, gestorben. Brooks hatte vor rund zwei Jahren einen Schlaganfall erlitten, von dem er sich nicht mehr erholte, berichtete sein Sohn Roger Brooks.
Der am 19. April 1931 im US-amerikanischen Durham geborene Computerwissenschaftler war Anfang der 60er Jahre maßgeblich an der Mainframe-Entwicklung bei IBM beteiligt. Nach seinem Physikstudium an der Duke University in North Carolina und seiner Promotion in angewandter Mathematik bei der Computerkoryphäe Howard Aiken an der Harvard University ging Brooks zu IBM.
Dort übernahm er die Entwicklung der System/360-Familie und des dazugehörigen Betriebssystems OS/360. Bahnbrechend war dabei seine Idee einheitlicher Rechnerarchitekturen. Zuvor hatte noch jedes der damals gebauten Systeme ein eigenes Hardwaredesign. Entsprechend musste auch die Software für jedes System angepasst und neu geschrieben werden.
Mehr Projektmitarbeiter - mehr Verzögerungen
1964 stellte IBM dank Brooks mit dem Modell 360 eine Reihe von sechs kompatiblen Maschinen vor. Softwareprogramme, die für diese Systeme geschrieben wurden, waren erstmals auf allen Boliden dieser Rechnerreihe einsetzbar. Brooks beschrieb diesen Durchbruch in der Computerarchitektur gemeinsam mit seinen Kollegen Gene Amdahl und Gerrit Blaauw in dem Werk "Architecture oft he IBM System/360".
So sehen IBMs Mainframes heute aus
Die Entwicklung des ersten Mainframe-Systems unter dem Dach von IBM war ein gigantisches Projekt. Ungefähr 5.000 Personenjahre investierte der Konzern zwischen 1963 und 1966 in das Vorhaben. Brooks sammelte dabei viele Erfahrungen in Sachen Projektsteuerung. Daraus resultierte auch das viel beachtete "Brooks's Law": "Mitarbeiter zu einem verspäteten Softwareprojekt hinzuzufügen, verzögert das Vorhaben nur noch weiter."
Mythos Mann-Monat
Trotz des immensen Aufwands war die OS/360-Software fehlerbehaftet und wollte nicht richtig funktionieren. Brooks hatte eigentlich vor, an die Universität nach North Carolina zurückzukehren. Doch der damalige IBM-Chef Thomas Watson Jr. bekniete den jungen Computerwissenschaftler, zu bleiben und die Arbeiten am Mainframe fertigzustellen. Brooks ließ sich überreden - der Rest ist Geschichte. Die /360er Mainframes läuteten für IBM in den darauffolgenden Jahrzehnten goldene Zeiten ein.
Brooks kehrte später in seinen Heimatstaat zurück und begründete dort an der University of North Carolina den Fachbereich Computer Science, den er über 20 Jahre lang leitete. Was er bei IBM gelernt hatte, fasste er 1975 in dem Computerklassiker "The Mythical Man-Month: Essays on Software Engineering" zusammen, der 1975 herauskam. Das Werk gilt als Bibel unter den Informatikern. Launig und selbstironisch, untermalt mit Zitaten von Shakespeare und Sophokles, beschreibt Brooks darin seine Erfahrungen in der Softwareentwicklung und Projektarbeit.
1999 wurde Brooks mit dem Turing-Award ausgezeichnet, der den Status eines Nobel-Preises für Computerwissenschaften hat. "Fred Brooks war ein brillanter Wissenschaftler, der das Computing verändert hat", würdigte der heutige IBM-Chef und Informatiker Arvind Krishna den Verstorbenen. "Wir sind ihm für seine bahnbrechenden Beiträge zu Dank verpflichtet." Brooks war überzeugter und praktizierender Christ, der selbst streng religiös erzogen wurde. Er hinterlässt eine Frau, drei Kinder, neun Enkel und zwei Urenkel.