Erst Mitarbeiter motivieren, dann Maschinen optimieren

Der Smart Factory Sinn geben

16.08.2016
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Franz E. Gruber, Jahrgang 1963, ist Gründer und Chef des Smart-Factory-Spezialisten FORCAM in Ravensburg. Der studierte Wirtschaftsingenieur war in den 1990er Jahren die rechte Hand von Dietmar Hopp bei SAP, bevor er im Jahr 2001 mit FORCAM als Pionier für Fabriksoftware startete, lange vor dem Begriff "Industrie 4.0".
Für die digitale Transformation in der Industrie 4.0 ist erfolgskritisch, erst die Mitarbeiter zu motivieren und danach Maschinen und Prozesse zu optimieren. Die Smart Factory gibt es nur, wenn Technologie 4.0 auf eine Transformationskultur 4.0 trifft.
Für die digitale Transformation in der Industrie 4.0 ist erfolgskritisch, erst die Mitarbeiter zu motivieren und danach Maschinen und Prozesse zu optimieren.
Für die digitale Transformation in der Industrie 4.0 ist erfolgskritisch, erst die Mitarbeiter zu motivieren und danach Maschinen und Prozesse zu optimieren.
Foto: Alexander Supertramp - shutterstock.com

Mitdenker oder Mitläufer? Mitarbeiter oder Mittel zum Zweck? Führungskräfte sollten stets klar vor Augen haben, mit welchem Anspruch sie mit ihren Kolleginnen und Kollegen umgehen. Fehlt es an adäquater Kommunikation, gar Respekt, sinkt die Motivation. Das ist besonders dramatisch bei notwendigen Change-Prozessen: ohne Motivation keine Veränderung.

Das gilt umso mehr bei der überlebenswichtigen digitale Transformation in Fabriken. Thomas Sattelberger, Ex-Vorstand der Deutschen Telekom, bringt das Thema Motivation und Sinnstiftung so auf den Punkt: "Ich habe nichts gegen Performance als Arbeitskriterium. Aber wenn der Sinn des Ganzen fehlt, dann bist Du nur ein Galeerensklave." Nach Sattelbergers Einschätzung sind wir in Deutschland "immer noch ein Land des Din-A4-Denkens, des technischen, starre, hierarchischen Managements" und der "nüchternen Ingenieurswelt".

Es gibt offenbar viel zu lernen im Land der Manager und Lenker. Tatsächlich hält eine Mehrheit der Arbeitnehmer in Deutschland und weiteren Ländern ihre Chefs nicht für kompetent, die digitale Transformation zu schaffen, so die Studie "Arbeitswelt der Zukunft" der Hochschule Furtwangen.

Sicher ist in der Ära Industrie 4.0: Jedes Projekt der digitalen Transformation wird nur "fliegen", wenn es zwei gleichstarke Flügel hat - Mensch und Maschine. Dabei hat der Mensch Vorrang: Es gilt, zunächst die Mitarbeiter zu motivieren und danach an die gemeinsame Aufgabe zu gehen, Maschinen und Prozesse zu optimieren.

Wie aber kann es gelingen, einen sozial anspruchsvollen Motivationsprozess zu starten, gegen den es nach aller Erfahrung viele Vorbehalte und Ängste gibt? Welchen Königsweg gibt es, eine Belegschaft für den technologischen Paradigmenwechsel in der Produktion zu gewinnen?

Goldene Regel: Change-Prozess mit moderner Management-Kultur

Manager von erfolgreichen digitalen Change-Projekten bestätigen gleichlautend als goldene Regel: Die Smart Factory gelingt nur mit einem umfassenden Change-Prozess mit einer modernen Management-Kultur. Daher ist die Smart Factory Chefsache - und nicht ein IT-Projekt unter vielen.

Inhaltlich geht es zu allererst - und fortlaufend - darum, den Sinn und Zwecke des Transformationsprozesses zu erklären. Das stärkste Argumente auf Management-Ebene heißt: Die Transformation erhöht die internationale Wettbewerbsfähigkeit und damit die eigene Standort- und Arbeitsplatzsicherheit. Die Belegschaft muss grundsätzlich davon überzeugt werden, dass eine neue Technologie sowie neue Prozesse und Lieferketten für den Standort zum Einsatz kommen, nicht gegen ihn. Auch in Deutschland konnten schon Standorte erhalten werden, weil sie ihre Produktivität durch Change-Prozesse mit digitaler Fabriksteuerung signifikant, zum Teil um mehr als 30 Prozent, erhöht haben.

Hinzukommen sollten konkrete operative und leicht nachvollziehbare Argumente - zum Beispiel leichtere Arbeitsbedingungen, welche zu besseren Ergebnissen führen. Heinz Adams von MANN+HUMMEL, dem weltweit tätigen Entwicklungspartner der Automobil- und Maschinenbauindustrie: "Sie müssen die Mitarbeiter laufend informieren und schulen. Sie verstehen dann sehr schnell, dass das Arbeiten leichter und besser wird." Die ersten messbaren Erfolge sollten entsprechend breit im Unternehmen kommuniziert werden.

Dem pflichtet Robert Stöhr bei, Geschäftsführer des Automobilzulieferers MSR Technologies in Laupheim bei Ulm: "Ein Vater des Erfolges war die frühe und intensive Einbeziehung der Mitarbeiter in das Projekt. So wurde das neue System schon in der Pilotphase sehr gut angenommen." (PDF)