Über 30 Jahre ist Fadila Mumbašic schon in der IT-Welt unterwegs. Nach ihrem Informatik-Studium in Sarajevo kam sie 1991 mit ihrem Mann nach Deutschland. Ihre Offenheit für die neue Kultur und Intensivsprachkurse halfen ihr, sich schnell zu integrieren und Fuß zu fassen. 1998 begann sie in Pforzheim als Softwareentwicklerin bei Uniserv, einem Softwareanbieter für Customer Data Management.
Nach der Geburt ihrer Kinder hat sie wieder früh zu arbeiten begonnen, aber bewusst in Teilzeit. "Die Nachmittage gehörten den Kindern", erinnert sich die Informatikerin. Mit einer Führungsaufgabe hat sich das damals für sie nicht verbinden lassen: "Als Führungskraft habe ich den Anspruch an mich, voll für meine Teams da zu sein. Heute, mit der Möglichkeit zu Home-Office und flexiblen Arbeitszeiten, ist es leichter, eine ausgewogene Work-Life-Balance zu erreichen und auch im Gleichgewicht zu halten."
Teamleitung und Product Owner
Mittlerweile leitet Mumbašic zwei Entwicklungsteams, eines ist mit der Neuentwicklung eines Location-Services befasst, das andere entwickelt ein Kundenportal. Zusätzlich ist Mumbašic als Product Owner in agilen Projekten im Einsatz. Eines der Prinzipien von Scrum ist ein crossfunktionales Team, das aus Product Owner, Scrum Master und einem Entwicklungsteam besteht, in dem vom Designer über den Softwareentwickler und Tester bis zum Business Analyst alle vertreten sind, die für die Entwicklung eines Produkts nötig sind.
Als Product Owner muss Mumbašic die Anforderungen der unterschiedlichen Stakeholder verstehen, sie gegebenenfalls generalisieren und abstrahieren, einplanen und sie den Teams erläutern. Bei der Backlog-Pflege und -Priorisierung muss sie drei Größen im Auge haben:
Inhalte,
Termine und
Kosten.
Eine dieser Größen sollte variabel gehalten werden. Ein Beispiel: Gibt es einen fixen Abgabetermin, muss der Inhalt flexibel gehalten werden können. In den Entwicklungsprozess selbst mischt sie sich als Product Owner aber nicht ein, unterstreicht Mumbašic: "Als Product Owner sage ich zwar, welches Feature entwickelt wird, aber nicht wie."
Führung erlebt schnellen Wandel
Herausfordernd ist auch die Teamleitung, da das Thema Führung einen schnellen Wandel erlebt. Anfangs war Mumbašic in erster Linie Vorgesetzte im klassischen Verständnis einer Führungskraft, die ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter förderte. Heute liegt ihr Fokus als "Servant Leader" darauf, die Teams so weit zu unterstützen, dass die sie gar nicht brauchen.
Ein wichtiger Bestandteil einer agilen Entwicklungsorganisation ist in ihren Augen die Selbstorganisation der Teams. Ihre Aufgabe als Teamleiterin begreift Fadila Mumbašic in dem Sinne, das Team so zusammenzustellen, dass unterschiedliche Skills vertreten sind, die Leute sich ergänzen, aber sich auch nicht scheuen, sich gegenseitig um Hilfe zu bitten.
- Retrospektive und Feedback in Scrum-Projekten
Scrum Manager haben die Möglichkeit, den Projekterfolg durch die Analyse des Sprints zu verbessern. Zielführend sind dabei die Retrospektive und das Feedback der Teammitglieder - ein Vorgang, den der Scrum Manager mit Diplomatie moderieren muss. Folgende Methodik mit Arbeitsblättern hat sich bewährt. - Feedback - Schritt 1
Für die Retrospektive erhält jedes Teammitglied ein vorbereitetes Blatt mit seinem Namen und zwei Fragen: "Was kann man von mir erwarten?" und "Was erwarte ich vom Team?" - Feedback - Schritt 2
Der Feedback-Bogen wird um zwei Bereiche ergänzt: "Was ich an Deiner Arbeit schätze ..." und "Was ich Dir wünsche, das Dir besser gelingt ..." - Feedback -Schritt 3
Der Feedback-Bogen wird an den Tischnachbarn weitergegeben, von diesem ausgefüllt und so lange weitergegeben, bis jeder Teilnehmer wieder sein persönliches Blatt vor sich liegen hat – jetzt mit dem schriftlichen Feedback aller beteiligten Teammitglieder. - Selbstreflexion
Zwei weitere Bereiche kommen hinzu – sie dienen der eigenen Reflexion des erhaltenen Feedbacks: "Darauf bin ich stolz ..." und "Das nehme ich mit ..." - Vorgehensmuster
Nach diesem Grundmuster lassen sich Retrospektiven zu einem späteren Zeitpunkt erneut wiederholen.
Retrospektive im Team
Ein wichtiges Instrument zur Förderung der Teamentwicklung in der Scrum-Welt ist auch die Retrospektive, erklärt die Informatikerin: "In der Retrospektive blicken wir auf den Sprint zurück, fragen konkret nach den Schwachstellen und erarbeiten Ansätze zur Verbesserung."
Kollegialität, Miteinander und Füreinander prägen Mumbašics Führungsstil. Sie ist dankbar, diesen in der "vertrauensvollen New-Work-Unternehmenskultur" bei Uniserv verwirklichen zu können. Natürlich unterliege diese einer ständigen Justierung, man müsse da auch mal neue Wege suchen. In ihren Augen gehören Aspekte wie Resilienz und Achtsamkeit genauso dazu wie die fachlichen und technologiebezogenen Themen.
Digital sind wir alle nah
Gerade in Zeiten von Corona und Remote Work müsse man die Arbeitsbedingungen immer wieder anpassen. Fadila Mumbašic organisiert die Zusammenarbeit in ihren Teams nach dem Motto "Digital sind wir alle nah". Ist einer im Home-Office, finden die Meetings der Teams remote statt. Künftig haben die Führungskräfte die Aufgabe, die Präsenztage im Büro zu gestalten und neue Formate auszuarbeiten. Sie geht davon aus, dass in Zukunft deutlich mehr Menschen im Home-Office arbeiten werden, auch wenn das Coronavirus besiegt ist.
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