Studium

"Der Master in Informatik ist der Regelabschluss"

18.02.2011
Von 
Ingrid Weidner arbeitet als freie Journalistin in München.
Die Technische Universität München (TUM) bietet im Fach Informatik inzwischen nur noch Bachelor- und Master-Abschlüsse an. Uwe Baumgarten, Professor für Betriebssysteme und Systemarchitektur erklärt, wie sich die Studienreform auf die Ausbildung von Informatikern auswirkt.

CW: Wie viele Studenten im Fach Informatik verlassen mit einem Bachelorabschluss die Technische Universität München?

UWE BAUMGARTEN: Etwa 90 Prozent der Bachelorabsolventen schließen gleich ein Masterstudium an. Wir empfehlen das auch den Studierenden. Für uns ist der Master der Regelabschluss.

CW: Gibt es denn für alle Studienwilligen auch einen Platz im Masterprogramm?

Uwe Baumgarten, TU München: "Jeder, der bei uns studieren möchte, muss an einem Auswahlverfahren teilnehmen."
Uwe Baumgarten, TU München: "Jeder, der bei uns studieren möchte, muss an einem Auswahlverfahren teilnehmen."
Foto: Uwe Baumgarten, TU München

BAUMGARTEN: Da wir den Master als gleichwertig mit dem Diplom in Informatik ansehen, gibt es keine Begrenzung bei den Master-Studienplätzen. Jeder, der bei uns studieren möchte, muss an einem Auswahlverfahren teilnehmen. Auch wer an der TUM seinen Bachelor in Informatik erworben hat, muss sich für einen Master-Studienplatz bewerben.

CW: Sind die Studienanfängerzahlen inzwischen wieder gestiegen?

BAUMGARTEN: Seit einigen Jahren steigen die Anfängerzahlen im Bachelor- und Masterstudium an. Für das Bachelorstudium wurden 2010 mehr als 350 Studierende zugelassen, für das Master-Studium sind es etwa genauso viele. Wir weisen niemanden ab, der die Aufnahmekriterien erfüllt.

CW: Bewerben sich nur Universitätsabsolventen für Ihr Master-Programm?

BAUMGARTEN: Es kommen auch Bewerber mit einem Diplom- oder Bachelorabschluss von den Fachhochschulen zu uns, von anderen Universitäten oder dem Ausland. Mit dem Auswahlverfahren stellen wir fest, ob alle die notwendigen Grundlagen mitbringen. Wenn nur einzelne Aspekte in der Ausbildung fehlen, gibt es die Möglichkeit - und teils auch die Pflicht - am Anfang des Studiums an unseren Brückenkursen teilzunehmen.

CW: Trauen Sie den Bachelor-Absolventen schon Führungsaufgaben zu?

BAUMGARTEN: Für die meisten ist es nach drei Jahren noch zu früh, schon Verantwortung zu übernehmen. Deshalb empfehlen wir, den Master direkt anzuschließen. Leider gibt es in Deutschland noch keine Tradition, nach dem Studium Berufserfahrung zu sammeln und anschließend wieder an die Hochschule zu gehen. Ich halte es aber für eine gute Idee und hoffe, dass es sich in den kommenden Jahren hierzulande etabliert.

CW: Arbeiten Sie mit Unternehmen zusammen, die sich eine möglichst unternehmensnahe und berufsbegleitende Master-Ausbildung wünschen?

BAUMGARTEN: Wir sehen hier neue Perspektiven für die TUM und diskutieren beispielsweise mit Unternehmen wie Nokia-Siemens-Networks über ein Teilzeitstudium. Hier wird sich in den kommenden Jahren sicher einiges tun.

CW: Verlief der Übergang vom Diplom zu den konsekutiven Studiengängen in Ihrer Fakultät reibungslos?

BAUMGARTEN: Das neue Studiensystem bietet Bachelor-Studenten in den ersten vier Semestern weniger Freiraum als beim Diplom. Wir fordern zwar von den Studenten Eigenverantwortung, doch die Möglichkeiten sind gering. Wir haben versucht, die 30 Credit Points, die jeder Student pro Semester erwerben muss, auf nicht zu viele Kurse und Prüfungen zu verteilen. Allerdings ist der Prüfungsstress größer geworden und fünf bis sechs Prüfungen pro Semester sind inzwischen normal.

CW: Bleibt noch Zeit für ein Auslandssemester?

BAUMGARTEN: In unserem Studienprogramm ist erst im Masterstudium ein Auslandssemester vorgesehen. Während des Bachelorstudiums ist das kaum zu schaffen. Die Fakultät unterstützt die Studierenden, wenn sie ins Ausland möchten.