Sustainability-Management

Das sind die besten Plattformen für mehr Nachhaltigkeit

02.02.2024
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Viele Unternehmen müssen Nachhaltigkeitsberichte abliefern. PAC hat verschiedene Plattformanbieter für das Sustainability-Management unter die Lupe genommen.
Die Unternehmen müssen nachhaltiger wirtschaften. Neue Regularien verlangen ein genaues Reproting darüber.
Die Unternehmen müssen nachhaltiger wirtschaften. Neue Regularien verlangen ein genaues Reproting darüber.
Foto: hidesy - shutterstock.com

Die regulatorischen Anforderungen an die Unternehmen hinsichtlich eines nachhaltigeren Wirtschaftens steigen. Regelwerke wie Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) in Deutschland sowie europäische Richtlinien wie CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) und CSDDD (Corporate Sustainability Due Diligence Directive), die bereits in Kraft sind oder derzeit diskutiert werden, verlangen von den Betrieben mehr Transparenz und regelmäßige Berichte.

Die Regularien setzen neue Standards, die von Unternehmen aller Branchen übernommen werden müssen. Das reicht von Umweltschutzaspekten wie Transparenz über Schadstoffemissionen und CO2-Fußabdruck bis hin zu Nachweisen, dass Menschen- und Arbeitsschutzrechte in den eigenen Lieferketten eingehalten werden.

Dreh- und Angelpunkt für die Berichterstattung in Sachen Nachhaltigkeit sind Daten. Diese müssen aus verschiedenen Systemen gesammelt, aggregiert und analysiert sowie für das Reporting aufbereitet werden. Dafür gibt es mittlerweile etliche IT-Lösungen auf dem Markt - von etablierten Softwareherstellern, die entsprechende Funktionen in ihre Suiten integrieren, aber auch von Spezialanbietern, die Sustainability-Lösungen entwickeln.

Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz: Was das LkSG fordert

Die Analysten von Pierre Audoin Consultants (PAC) haben verschiedene Sustainability-Plattformen für die Fertigungsindustrie unter die Lupe genommen. Für die Einordnung im Innovation Radar von PAC mussten die Anbieter mit ihren Lösungen die Anwenderunternehmen in mindestens einem der folgenden drei Anforderungsprofile unterstützen:

  • Messung der Schadstoffemissionen,

  • Sustainability-Management und

  • Support für Recycling-Prinzipien hinsichtlich der Kreislaufwirtschaft.

Insgesamt haben die Analysten 15 Anbieter anhand von mehr als 30 Kriterien bewertet. PAC sortiert die Anbieter in fünf Kategorien:

  1. Salesforce und SAP gehören zu den typischen Herstellern von Geschäftsanwendungen, zusammen mit Anbietern wie Microsoft, Oracle und ServiceNow. Ihre Lösungen decken verschiedene Prozessbereiche in den Anwenderunternehmen ab, wie ERP, CRM oder das Workflow-Management Prozesse. Diese Hersteller haben teilweise viel investiert, um ihre Feature-Tiefe im Bereich Nachhaltigkeit zu verbessern.

  2. Dann gibt es die Sustainability-Spezialisten, wie Plan A, SmartHead und WatchWire. Diese Unternehmen haben sich schon immer auf das Themenfeld Nachhaltigkeit beziehungsweise Environmental, Social, Governance (ESG) konzentriert und sich eine entsprechend tiefe Expertise angeeignet. Sie haben allerdings weniger Marktmacht als Anbieter wie Salesforce und SAP.

  3. Die nächste Kategorie sind Anbieter wie OneTrust und IntegrityNext. Die sind als Experten für Governance, Risiko und Compliance gestartet und haben den Bereich Nachhaltigkeit im Laufe der Zeit in ihrem Lösungsportfolio ergänzt.

  4. Darüber hinaus sind noch die CAD- und PLM-Spezialisten wie Siemens in diesem Bereich aktiv. Sie verfügen über ein ausgeprägtes Branchen-Know-how und konzentrieren sich oft auf den Product Carbon Footprint (PCF).

  5. Zur letzten Gruppe gehören Unternehmen wie IBM, Wolters Kluwer und Visma, die ihre Angebote für Nachhaltigkeitslösungen durch den Erwerb von Spezialisten wie Envizi, Enablon beziehungswiese SmartTrackers ausgebaut haben.

Sustainability-Lösungen - diese Anbieter liegen vorne

IBM, Salesforce und SAP haben in PACs Innovationsradar die höchste Punktzahl erreicht und sich im "Best in Class"-Sektor platziert. Die anderen Anbieter verteilen sich quer über den Bereich "Leading Edge". Vorne liegen in diesem Sektor die Spezialisten PlanA und Visma sowie der Softwaregigant Microsoft, der weniger Expertise aufweist aber mit seiner Marktstärke punktet.

IBM, Salesforce und SAP haben im PAC-Vergleich der Sustainability-Plattformen die Nase vorn.
IBM, Salesforce und SAP haben im PAC-Vergleich der Sustainability-Plattformen die Nase vorn.
Foto: PAC

Im Mittelfeld von Leading Edge tummeln sich Software-Schwergewichte wie Oracle und ServiceNow, PLM-Spezialist Siemens sowie kleinere Anbieter wie One Trust, Wolters Kluwer, IntegrityNext und SmartHead.

WatchWire weist in diesem Sektor zwar den höchste Kompetenzwert auf, fällt aber hinsichtlich der Marktstärke etwas zurück. VelocityEHS positioniert sich im Grenzbereich zwischen Leading Edge und dem nächstfolgenden Wertungsbereich "Strong".

Markt bleibt dynamisch und fragmentiert

Der Markt von Plattformen für das Nachhaltigkeitsmanagement entwickelt sich PAC zufolge sehr dynamisch. Insgesamt sei der Markt nach Einschätzung der Analysten derzeit zwar noch klein - in Deutschland etwa 590 Millionen Euro gegenüber 42 Milliarden Euro für den gesamten deutschen Markt für Software- und Cloud-Plattformen. Allerdings könne das Segment der Software- und Cloud-Plattformen für das Sustainability-Management mit hohen Wachstumsraten aufwarten. PAC schätzt, dass der Markt in Deutschland 2024 um 37,7 Prozent zulegen kann und auch in den kommenden Jahren weiter stark wachsen wird.

Angesichts dieses Potenzials verwundert es nicht, dass auch die Anbieterlandschaft in Bewegung ist. Einige Hersteller haben Geld in die Hand genommen und schnell investiert, um ein Stück vom Kuchen abzubekommen und sich eine gute Position zu sichern. Dafür haben einige Softwareanbieter ihr Nachhaltigkeits-Know-how organisch aufgebaut, während andere Spezialisten aufgekauft haben und so Expertise mit erheblicher Marktmacht verbinden.

Lesen Sie hier, wie Unternehmen mit dem Thema Nachhaltigkeit umgehen:

Grundsätzlich präsentiert sich der Markt derzeit noch stark fragmentiert. Nach wie vor tummeln sich hier verschiedene Spezialisten für das Sustainability-Management. PAC zufolge lassen sich in diesem Segment unterschiedliche Entwicklungslinien verfolgen. Einige Unternehmen scheinen auf einem guten Weg zu sein, sich als Benchmark-Player zu etablieren, beobachten die Analysten und nennen Plan A als ein gutes Beispiel: Das Unternehmen, das sich auf Software für die CO2-Bilanzierung von Scope 1 bis 3 spezialisiert hat, habe seit seiner Gründung im Jahr 2017 40 Millionen Dollar an Finanzmitteln einsammeln können. Auf der Kundenliste stünden prominente Namen wie BMW, Flixbus, Société Générale und die Europäische Union.

Einige Nachhaltigkeitsexperten verbünden sich PAC zufolge, um ihre Marktpräsenz zu erhöhen: VERSO, sustainably und die Silvester Group hätten sich beispielsweise zu einem Unternehmen unter dem Markennamen VERSO zusammengeschlossen. Andere Unternehmen mit interessanten Nachhaltigkeitslösungen würden von etablierteren Anbietern übernommen. So habe beispielsweise Schneider Electric mit der britischen Zeigo einen Anbieter einer Plattform zur Dekarbonisierung der Lieferkette übernommen. Aufgrund der hohen Dynamik und Fragmentierung des Marktes geht PAC davon aus, dass sich das Bild in den kommenden Monaten weiter verändern wird.

Nachhaltig wirtschaften - weil sie es müssen

Alles in allem betrachten die IT-Anwenderunternehmen Nachhaltigkeit immer noch als ein Konzept, das sie nur aufgreifen und integrieren, weil sie es müssen, konstatieren die PAC-Analysten. Allerdings könnten gerade Betriebe aus der Fertigungsindustrie das Thema Nachhaltigkeit nicht länger ignorieren, sagt Mopia Kamdoum, Analystin bei PAC. "Mit den (bevorstehenden) EU-Verordnungen haben sie nicht nur eine regulatorische Verpflichtung, sondern es wird auch leichter sein, Vergleiche mit Wettbewerbern zu ziehen, das heißt ihr Image, ihr Ruf und ihr Wettbewerbsvorteil könnten zunehmend gefährdet sein."

Dazu bräuchten die Unternehmen PAC zufolge die richtigen Instrumente, um Daten über ihre Umweltauswirkungen in allen Bereichen zu sammeln und zu analysieren. Mittlerweile sei verstanden, dass Nachhaltigkeit nicht nur von einer einzigen Abteilung behandelt werden könne, sondern als eine Art grundlegendes Prinzip flächendeckend in der gesamten Organisation integriert sei müsse.

PAC-Analystin Mopia Kamdoum warnt Unternehmen davor, die Nachhaltigkeitsverordnungen auf die leichte Schulter zu nehmen. Schließlich hängt auch der gute Ruf des eigenen Betriebs davon ab.
PAC-Analystin Mopia Kamdoum warnt Unternehmen davor, die Nachhaltigkeitsverordnungen auf die leichte Schulter zu nehmen. Schließlich hängt auch der gute Ruf des eigenen Betriebs davon ab.
Foto: PAC

Dies gelte vor allem auch für die oberste Führungsebene. Hier beobachtet PAC, dass Unternehmen Kandidaten mit dem nötigen Fachwissen suchen und einstellen sowie vermehrt Chief Sustainability Officers (CSO) ernennen, anstatt das Thema Nachhaltigkeit einer anderen Führungskraft auf C-Level, wie dem CFO oder CMO, zu übertragen. Das dürfte auch an dem zunehmenden regulatorischen Druck liegen. "Einige der größten Herausforderungen für Hersteller bestehen darin, die Lieferkette und Scope-3-Emissionen nachhaltig zu managen und die Kreislaufwirtschaft umzusetzen", sagt Kamdoum.

Hier müssten auch die Anbieter noch besser auf die Bedürfnisse ihrer Kunden eingehen, so das Fazit der PAC-Analystin. "Das erste Thema wird von vielen Softwareanbietern aufgegriffen, während das zweite Thema derzeit weniger im Vordergrund steht."