Herausforderung Endkunde

Das Internet der Dinge auf dem Prüfstand

14.09.2015
Von  und
Ralf Esser, Manager Technology, Media & Telecommunications bei Deloitte
Andreas Gentner, Partner EMEA TMT bei Deloitte

Komplexes IoT-Ökosystem

An der Beantwortung der vielen offenen Fragen arbeiten derzeit Akteure aus den unterschiedlichsten Bereichen. Dazu zählen Gerätehersteller, Softwareanbieter, Gesetzgeber sowie Regulierer, Verbände und Gremien, Netzbetreiber und Cloud-Service-Provider. Es existiert quasi ein in sich vernetztes IoT-Ökosystem. Nicht zuletzt die Vielzahl heterogener Stakeholder sorgt für hohe Komplexität, beispielsweise bei der Entwicklung spezifischer Geschäftsmodelle für das Internet der Dinge.

Die Technologie-Geschäftsmodelle verändern sich derzeit elementar: Stand in der Vergangenheit die Hardware im Mittelpunkt der Vermarktungsstrategien, so kommt mittlerweile ein steigender Stellenwert den begleitenden Dienstleistungen zu. Inzwischen verknüpfen die komplexeren IoT-Fälle gleich vier relevante Dimensionen miteinander: Hardware, Access, Service und Analytics.

Etablierte Marktteilnehmer sehen sich mit großen Herausforderungen konfrontiert. Der Übergang von transaktionsbasierenden Geschäftsmodellen zu dauerhaften Kundenbeziehungen erfordert völlig neue Kompetenzen, beispielsweise wo es um Abrechnungslösungen für Serviceabonnements geht.

Mit der Evolution der Geschäftsmodelle wird auch die Bedeutung von Kooperationen zunehmen. Dabei sind unterschiedliche Partnerschaften denkbar: Gerätehersteller können mit Netzbetreibern vorkonfigurierte Connectivity-Services vermarkten. Im Smart-Home-Bereich sind gemeinsame Angebote mit Installationsdienstleistern oder Sicherheitsdiensten denkbar. Das Einbeziehen von Analytics-Anbietern erlaubt die Entwicklung sinnvoller Anwendungen aus den anfallenden IoT-Daten.

Attraktive Use Cases erfordern also die Zusammenarbeit spezialisierter Anbieter. Damit wiederum steigt die Bedeutung offener Plattformen, denn möglichst unbeschränkte Kooperationsmöglichkeiten beschleunigen die Entwicklung der IoT-Angebote erheblich.

Datenschutz und -sicherheit

Neben sinnvollen Fallbeispielen sind Sicherheitsaspekte derzeit die kritischsten Faktoren für den Erfolg des IoT. Konsumenten und Unternehmen erwarten Schutz und Sicherheit ihrer Daten auf maximal möglichem Niveau. Darüber hinaus wünschen sie sich ein hohes Maß an Transparenz über die Verwendung der Daten. Die zunehmende Sensibilität der Verbraucher für dieses Thema zeigt sich am Beispiel der Smart Glasses: Entgegen allen Voraussagen haben sich die intelligenten Brillen bislang nicht richtig durchgesetzt. Einer der Gründe liegt darin, dass die Konsumenten ihre Privatsphäre gefährdet sehen.

Aus der Vernetzung von Objekten ergeben sich unterschiedlichste Bedrohungsszenarien: Angriffe auf das unzureichend geschützte Smart Home können Alarmsysteme deaktivieren oder sogar Einbrechern die Rollos öffnen. Denkbar ist auch der Missbrauch von Daten aus Enterprise-IoT-Lösungen zur Wirtschaftsspionage. Die größten Bedrohungsszenarien liegen gegenwärtig jedoch in Hacker-Angriffen auf die Steuerung kritischer Infrastrukturen wie Energie- oder Wassernetze.

Schon bei der Entwicklung berücksichtigen

Diese Beispiele zeigen: Das Internet der Dinge erfordert spezifische Sicherheitsvorkehrungen. Insbesondere bei umfangreicheren Vernetzungslösungen müssen die Anbieter ihre Cybersecurity-Strategie anpassen und entsprechende Richtlinien implementieren. Im Idealfall sollte das Thema Sicherheit bereits bei der Entwicklung von IoT-Angeboten berücksichtigt werden. Doch wie die innovativen IoT-Geschäftsmodelle selbst stecken die Security-Maßnahmen häufig noch im Entwicklungsstadium.

Unterschiedliche Reifegrade

Bei aller Euphorie um das Internet der Dinge sind derzeit noch viele Fragen unbeantwortet. Entwicklungen befinden sich häufig allenfalls im Anfangsstadium, neue Geschäftsmodelle müssen erst entwickelt werden. Auch hinsichtlich Datenschutz und Datensicherheit gibt es viele Fragezeichen. Dabei zeigen Enterprise- und Consumer-Segment unterschiedliche Reifegerade: Konsumenten sind derzeit von den neuen Diensten weit weniger überzeugt als Unternehmen.