"In fact, making cars is really hard." Dieser Satz von Uber-Chef Travis Kalanick anlässlich der Kooperation mit Daimler bringt den Kern der Autoindustrie auf den Punkt. Autos gehören heute zu den komplexesten – und gleichzeitig emotional aufgeladenen – Gebrauchsgegenständen unserer Zeit.
Ich selbst fahre mit Freude, wie wohl die meisten Autobesitzer. Der Satz sagt viel über das Verhältnis des Konsumenten zum Gegenstand aus: Ich selbst fahre. Und das: Mit Freude. Bedeutet: Ich will gar nicht, dass mein Wagen autonom durch die Gegend kurvt. Und ich habe eine starke emotionale Bindung zu meinem Vehikel, eine Identifikation mit Gefährt und auch seiner Marke.
Beides sind keine guten Vorzeichen für die vielbeschworene vielschichtige Disruption des Automobilmarkts. Dennoch: Die Fragen rund um die Zukunft des Autos sind mannigfaltig und spannend – die Vorbeben der Veränderung beinahe körperlich zu spüren. Meines Erachtens lassen sie sich auf drei große Punkte subsummieren, die ich anschließend kurz auf ihr Disruptions-Potenzial untersuchen möchte.
Wie sieht der Antrieb der Zukunft aus? Die Zeiten des Kohlenstoffs neigen sich spürbar dem Ende zu – doch die Transition wird intensiv, sowohl für Hersteller als auch für Kunden. Sind elektrischer Strom und Batterie der Weisheit letzter Schluss?
Welche Rolle spielt autonomes Fahren in der Zukunft? Hier stellt sich einerseits die Sicherheitsfrage, wobei diese eher eine gefühlte ist. Überhaupt scheint es mir: Gefühl dominiert hier die Debatte.
Dann der Blick auf den Verdichtungsraum Stadt: Ist individuelle Mobilität nicht sowieso ein unnötiger Luxus im Ballungsraum? Wie wird die Sharing bzw. Access Economy unseren Umgang mit dem Gut Auto verändern?
1. Antrieb: Bisher wie ein großes Kind in einer Schlammpfütze
Unzweifelhaft ist das Abwenden von mineralölgetriebenen Verbrennungsmotoren - so weh mir persönlich das in der Seele tut. In den vergangenen 120 Jahren sind wir mit der Kruste und der Atmosphäre der Erde umgegangen wie ein großes Kind in einer Pfütze mit viel Schlamm: Wir haben alles durcheinandergebracht und viel aufgewirbelt, bis die Suppe trüb wurde – und hatten zugegebenermaßen einen Menge Spaß dabei.
Anders gesagt: Ein Umstieg auf eine CO2-neutrale Mobilität – wahrscheinlich elektrisch – ist unvermeidbar.
Tesla hat das erkannt und rollt den Markt für Elektromobilität von hinten auf, indem es Elektroautos zuerst als Luxus-, dann High-Class-, ab diesem Jahr schließlich als Massenware verkauft: Tesla gibt sich als den klassischen Disruptor.
Die Herangehensweise der deutschen Industrie unterscheidet sich grundlegend. Man wartet ab, man forscht und entwickelt in verschiedene Richtungen - und wartet auf den richtigen Moment. Den, wenn die Zeit einer Technologie reif ist. Die etablierten Autobauer begleiten die Wandel mit, ohne bisher die Speerspitze zu bilden.
Fazit: Elektromobilität gestaltet sich derzeit nicht als Disruption, sondern als eine – zugegebenermaßen tiefgreifende – Evolution des Automobils. Das Fahrerlebnis an sich wird nicht neu erfunden, sondern nur die Speicher für die Energie zur Fortbewegung.
2. Autonomes Fahren: Wer hat Angst vorm Bordcomputer?
Schon deutlich tiefgreifender gestaltet sich das autonome Fahren. Vom Ende her gedacht ist es ein klares "Auf-den-Kopf-Stellen" des bisherigen Systems: vollautomatisierten Verkehr, weniger Unfälle, optimierte Auslastung der Straßen. Es entmündigt den Fahrer, verkehrt die Rollen: Der Mensch wird zum Beförderungsobjekt, das Auto zum Entscheider.
Ganz ehrlich: Selbst ich als Digitalisierer der ersten Stunde hadere mit der Idee. Nicht, weil sie nicht absolut dem Fortschrittsglauben entsprechen würde, den ich selbst stets predige. Hier wird der Autofahrer in mir widerborstig. Ich möchte Herr sein über Geschwindigkeit und sie spüren können. Und ich bin sicher, ich bin mit diesem Wunsch nicht alleine.
Diese letzten Sätze sind subjektive Ansichten. Doch beim autonomen Fahren geht es um genau das: Gefühl. Meine These: autonomes Fahren hat außerhalb stark verdichteter Ballungsräume – und damit meine ich nicht einmal München oder Berlin – keine kurzfristige Zukunft. Dazu ist die Liebe insbesondere der Deutschen zur Beherrschung der Geschwindigkeit zu groß. Und der Leidensdruck zu klein: Waren Sie schon einmal in Hanoi?