Long-Term-Evolution in München

CW testet LTE in der Stadt

23.05.2012
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 
Nachdem die Telekom ländliche Gebiete mit dem UMTS-Nachfolger versorgt hat, geht der Carrier nun den LTE-Ausbau in den Städten an. Wir konnten in München erste praktische Erfahrungen im Regelbetrieb sammeln.
In München erreichten wir Transferraten von bis zu 25 Mbit/s.
In München erreichten wir Transferraten von bis zu 25 Mbit/s.

Nachdem die Telekom ihren schnellen Mobilfunkstandard LTE zur Datenübertragung bereits in Frankfurt am Main und Köln in Betrieb genommen hatte, folgten jetzt München, Bonn, Hamburg und Leipzig. Im Lauf des Jahres sollen noch hundert weitere Städte an das Funknetz angebunden werden. LTE kommt in den Ballungsräumen jeweils mit der 1800-Megahertz-Technik zum Einsatz, während in den ländlichen Regionen in der Regel der 800-Megahertz-Frequenzbereich (digitale Dividende) verwendet wird.

"In den 800-Megahertz-Netzen deckt eine Funkzelle einen Radius von rund zehn Kilometern ab, während LTE 1800 etwa fünf Kilometer erreicht", unterscheidet Bruno Jacobfeuerborn, Technikchef der Telekom Deutschland GmbH.

LTE 1800 in der Stadt

"in ausgelasteten LTE-Zellen dürfen 10 bis 14 Mbit/s realistisch sein." Bruno Jacobfeuerborn, Geschäftsführer Technik Telekom Deutschland GmbH
"in ausgelasteten LTE-Zellen dürfen 10 bis 14 Mbit/s realistisch sein." Bruno Jacobfeuerborn, Geschäftsführer Technik Telekom Deutschland GmbH
Foto: Telekom Deutschland

Um den Münchner City-Bereich zu versorgen, hat die Telekom bislang rund 70 Sendemasten in Betrieb genommen. Ein weiterer Unterschied zwischen LTE 800 und LTE 1800 ist die erzielbare Datenrate: Im ersten Fall sind das bis zu 50 Mbit/s, im zweiten Fall um die 100 Mbit/s - was allerdings nur für relativ leere Funkzellen und bei optimalem Empfang gilt. "Wenn sich in einer Zelle zwischen 200 und 300 Leute befinden, dann dürfte eine Transferrate von 10 bis 14 Mbit/s noch realistisch sein", dämpft Jacobfeuerborn allzu hohe Erwartungen. Damit die Empfangsleistung bei starker Nutzung nicht zu sehr einbricht, will die Telekom zudem in Hotspots, also Gegenden mit vielen Nutzern wie etwa Messen oder Flughäfen, noch LTE-2600-Netze aufbauen.

Bei unseren Messungen an verschiedenen Standorten in München erreichten wir Transferraten von bis zu 25 Mbit/s. Im schlechtesten Fall, einem Bürokomplex mit viel Stahlbeton und bedampften Fensterscheiben, gingen die Übertragungsraten auf bis zu 10 Mbit/s im Download und 1 Mbit/s im Upload zurück. Verglichen mit früheren Mobilfunkerfahrungen sind dagegen die Ping-Zeiten im LTE-Netz eine Offenbarung: Sie lagen in der Regel zwischen 35 und 85 Millisekunden. Mit anderen Mobilfunktechniken hatten wir hier oft Werte um die 300 Millisekunden gemessen. Insgesamt kann sich die LTE-Netzabdeckung der Telekom in München durchaus sehen lassen. Mit dem "Speedstick LTE" der Telekom kamen wir selbst an Stellen, wo das Mobilfunknetz eines anderen Carriers noch nicht einmal einen UMTS-Empfang erlaubte, problemlos ins LTE-Netz.

So gut auch die Surf- und Arbeitserfahrungen mit dem 4G-Mobilfunk waren, die Installation des Surfsticks, der von Huawei hergestellt wird, war eine Zumutung. Auf unserem Test-Notebook verlangte die Software vor der Installation erst einmal, dass wir die Software von zwei USB-Sticks anderer Mobilfunkbetreiber deinstallierten. Gerade im Unternehmenseinsatz, wenn eventuell Sticks mehrerer Betreiber verwendet werden, weil sie eine unterschiedliche Netzabdeckung bieten, ist das nicht akzeptabel. Zudem nervte die Huawei-Software mit der ständigen Neuinstallation von Treibern, wenn der Stick am Notebook an einen anderen USB-Port angeschlossen wurde. Hier sollten Telekom und Huawei dringend nachbessern.

Die Software zählt

Foto: watcharakun, Shutterstock.com

Grundsätzlich sollten die Anwender derzeit, so der Tipp von Telekom-Technikchef Jacobfeuerborn, noch auf das Equipment der Netzbetreiber zurückgreifen, "denn die Sticks und Smartphones sind kleine Computer, bei denen es in der LTE-Einführungsphase noch zu Verbindungsproblemen kommen kann, wenn die Gerätesoftware nicht entsprechend mit dem Netz abgestimmt wird". Bis hier ein echter Käufermarkt entsteht, wird es wohl noch dauern. Und der Import ausländischer LTE-Geräte ist auch nicht ratsam, denn diese unterstützen nicht unbedingt die deutschen beziehungsweise europäischen LTE-Frequenzen. Eine Erfahrung, die kürzlich die hiesigen Benutzer des aktuellen iPads machen mussten. (mhr)