Der Trend ist kaum zu übersehen: Immer mehr Unternehmen beziehen ihre Mitarbeiter und Kunden direkt in die Produktentwicklung und -gestaltung ein. Im Fachjargon lassen sich die virtuellen "Mitmachgemeinschaften" auch als kollektive Schwarmintelligenz (Crowdsourcing) bezeichnen.
Die mit Hilfe von Web-2.0-Techniken vernetzte Arbeitswelt treiben vor allem Jungingenieure wie Björn Vetterlein voran. Der 31-Jährige arbeitet bei Roche Diagnostics im Global System Support und trainiert dort den Kundenservice, etwa bei der Weiterentwicklung eines Blutanalyse-Geräts, in dessen richtigen Gebrauch er seine Kollegen einweist.
Selbst als konservativ und diskret geltende Branchen wie die Finanzindustrie greifen auf Crowdsourcing zurück. So startete die Deutsche Bank im Bereich Transaction Banking für Geschäftskunden vor einem halben Jahr die Initiative "Drive DB!" In dem dreimonatigen Pilotprojekt kamen erstmals Social-Media-Techniken auf einer speziell dafür eingerichteten Web-Plattform zum Einsatz.
Begleitet wurde die Plattform durch gezielte Workshops und einen kontinuierlichen Dialog im Tagesgeschäft rund um Produkt- und Servicethemen. "Wir betrachten Social Media als einen zusätzlichen und nützlichen Kommunikationskanal, den wir über den Zeitraum des Drive-DB-Projekts unseren Kunden rund um die Uhr zur Verfügung stellen konnten", erläutert Helena Forest, Projekt-Managerin Drive DB in der Deutschen Bank.
Gleich eine ganze Designer-Community rief der europäische Halbleiterdistributor Silica, der zuletzt über eine Milliarde Dollar Jahresumsatz erzielte und 15.000 Kunden zählte, ins Leben. Technische Foren und ein Videoportal vernetzen nicht nur die Ingenieure untereinander. Auch die Partner und Kunden können sich direkt mit den Applikationsspezialisten austauschen. "Unsere Kunden erwarten individuelle Ansprache, authentische Interaktion und Designsupport - auch über das Internet", betont Firmenchef Miguel Fernandez.
In der Community von Silica tauschen sich derzeit rund 100 Spezialisten in zahlreichen Foren aus. Dort dreht sich alles um technische Themen wie programmierbare Logik, Mikrocontroller und -prozessoren, Analog- und Power Management und RFID bis hin zu Lighting und Metering.
Derartige Beispiele machen Schule. "Wir haben festgestellt, dass Entwickler immer mehr Zeit online verbringen und gleichzeitig die Informationsmenge immer unüberschaubarer wird", bestätigt Glenn Jarrett, Head of Electronics Marketing beim Spezialisten RS Components GmbH. Die Lösung: Statt sich umständlich durch Berge irrelevanter Informationen zu wühlen, klinken sich die Entwickler auch hier mit Hilfe einer Design-Community in den Wissensaustausch ein.
Die interaktive Plattform Design Spark PCB ist zwar erst seit einigen Monaten am Start. Sie verzeichnete jedoch rasanten Zulauf und wuchs rasch auf mehr als 12.000 Mitglieder an. "Es macht uns froh zu sehen, wie schnell die Plattform unter Technikern zu einer beliebten Website geworden ist", fasst Jarrett zusammen. Auch die Kunden reagierten positiv auf dieses Angebot.